Was ist überhaupt ein Augenblick? Er gehört zu den Dingen, die vorbeisausen und einem durch die Finger gleiten, bevor man sie greifen kann. Vielleicht ärgert es uns, daß ein Augenblick so schnell vergeht, weil wir doch in diesem Augenblick und ein paar drangehängten noch alles mögliche Konstruktive tun wollten.
Ertappen Sie sich manchmal bei der Frage: „Warum habe ich in der Zeit, die ich hatte, nicht das und das getan? Wie konnte ich nur so dumm sein?" Um mit solcher Enttäuschung fertigzuwerden, denke ich manchmal darüber nach, was Mrs. Eddy im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, über den Tag sagt. Sie schreibt: „Der Strahlenglanz des Lebens; Licht, die geistige Idee der Wahrheit und Liebe." Einige Zeilen weiter erklärt sie: „Die Dinge der Zeit und des Sinnes verschwinden in der Erleuchtung des geistigen Verständnisses, und Gemüt bemißt die Zeit nach dem Guten, das sich entfaltet. Dieses Entfalten ist Gottes Tag„ und wird keine Nacht mehr sein'." Wissenschaft und Gesundheit, S. 584.
Dieser Tag ist mein Tag und Ihr Tag! Er gehört uns, der Widerspiegelung Gottes. Sein Strahlenglanz und seine Harmonie gehören uns — in diesem Augenblick. Das Verständnis, daß unser Tag in Wirklichkeit kein materieller Kampf, sondern ein Entfalten des geistig Guten ist, macht uns frei, so daß wir alles tun können, was wir erledigen müssen, und dabei Freude empfinden. Wir erkennen, daß der Mensch kein Sklave der Zeit ist, der wie verrückt hierhin und dorthin hetzt, um den Anforderungen und dem Druck der Zeit gerecht zu werden. Des Menschen geistige Individualität ist das Ebenbild, die Idee, des zeitlosen, ewigen Lebens, dessen Tag ewig währt.
Das Licht dieses „Tages" erinnert mich an die Sonne, die offensichtlich ohne Mühe ihr Licht ergießt über Gute und Böse, Reiche und Arme. Christus Jesus sprach von der unparteiischen Natur der göttlichen Liebe, als er die Leute aufforderte, ihre Feinde zu lieben. Er erklärte, daß unser liebevoller Vater „seine Sonne aufgehen [läßt] über Böse und Gute und. .. regnen [läßt] über Gerechte und Ungerechte" Mt 5:45..
Wir müssen ungeheuer wachsam sein und darauf achten, daß unsere Augenblicke uns nicht genommen werden — verdeckt werden —, weil unsere Gedanken um materielle Sorgen, um Ärger und Enttäuschung anstatt um den „Strahlenglanz des Lebens" kreisen. Solche negativen Gedanken kommen den meisten von uns. Wenn wir aber wie die breite Masse denken und darin beharren, geraten wir gewöhnlich in die Klemme.
Wollen wir doch anders sein! Wollen wir mal originell sein! Machen wir uns doch auf und erfassen wir unsere wahre Individualität; lassen wir die vergangenen Fehler samt unserem Bedauern hinter uns — verankern wir doch unser Leben in der geistigen Erneuerung, zu der Christus, Wahrheit, uns anspornt. Die negativen Gedanken, die uns das Gute entziehen, kommen niemals von Gott, Gemüt, und sie können uns nicht zurückhalten, es sei denn, wir lassen es zu. Mrs. Eddy sagt: „Es ist nicht Wissenschaft, wenn die Gottlosen schwelgen oder die Guten weinen." Botschaft an Die Mutterkirche für 1900, S. 8.
Und in einem Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft lesen wir:
Frag' nicht nach dem, was einst wird sein,
Noch wende deinen Blick zurück
In Sehnsucht nach dem Paradies:
Nein — hier und jetzt erfaß' dein Glück! Liederbuch, Nr. 391.
„Jetzt" ist die Gelegenheit da, genau in diesem Augenblick. Erfassen wir doch das „ Glück", das unser ist!
Jedesmal, wenn die Christen das Gebet des Herrn sprechen, erkennen sie wie selbstverständlich an, daß Gottes Wille und Sein Reich die größte aller Wirklichkeiten sind; d. h., wenn sie auch tatsächlich die ungeheure Bedeutung dessen erfassen, was sie sagen, und es auch wirklich meinen. Aber so viele Christen gleichen. .. Konzertbesuchern. . ., die das Programmheft sorgfältig durchlesen, allen Erklärungen darin Glauben schenken, ehrfurchtsvoll über die Qualität der Musik sprechen, aber nur gelegentlich eine Phrase auch wirklich hören. Daher haben sie nicht die blasseste Ahnung von der mächtigen, das All erfüllenden Symphonie, zu der unser Leben einen winzigen Beitrag beisteuern soll und die der Ausdruck des ureigenen Wesens des Ewigen Gottes ist.
Auszug aus The Spiritual Life, Copyright © 1937, 1938, 1955 von Hodder and Stoughton. Nachdruck mit Genehmigung von Morehouse Barlow Co., Inc.
