Wohl zu keiner anderen Jahreszeit wenden sich so viele Menschen der Bibel zu — um von Geschehnissen zu lesen, die die geistigen Hoffnungen des Alten Testaments erfüllen und das Neue Testament einführen. Geschichten, die wir so gut kennen und die wir dennoch immer gern noch einmal hören. Geschichten, die sich auf einer Bühne abspielen, die die rohgezimmerte Krippe und die kosmische Erhabenheit lichterfüllter Firmamente mit einschließt.
Bethlehem... Hirten... Windeln. Frohe Botschaft... große Freude. Uns ist ein Kind geboren... Ehre sei Gott in der Höhe... Friede und Wohlgefallen. Worte, die in unsere Herzen eingegraben sind. Worte, die mehr als Wörter sind. Worte aus einem Buch, dem keines gleicht.
„Die Bibel“, schreibt Mary Baker Eddy‚ „ist unser meerumtoster Fels... Sie hält dem Sturm stand“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 295). Und sie schreibt ferner (Wissenschaft und Gesundheit, S. 497): „Als Anhänger der Wahrheit haben wir das inspirierte Wort der Bibel zu unserem geeigneten Führer zum ewigen Leben erwählt.“
Die Bibel führt, warnt, inspiriert, heilt. Sie hält die vom Himmel kommende Offenbarung fest, zeigt, wer wir sind und wem wir sind und wir angehören. Und in der Weihnachtszeit scheint ein Workshop angebracht, der uns die Bibel näherbringt und uns das „inspirierte Wort“ als unseren Führer zum Leben aus einer neuen Perspektive erschließt.
Ein Besucher zur Weihnachtszeit
Denken Sie einmal über die folgende Allegorie nach. Ein Besucher erscheint mit einem Weihnachtsgeschenk: der Besucher — die Christliche Wissenschaft; das Geschenk — eine Bibel. Der Besucher schlägt Ihnen vor, das Geschenk sofort zu öffnen und nicht erst bis Weihnachten zu warten. Das Geschenk wird ausgepackt. Der Überbringer empfängt viel freundliches Lächeln und Dank für dieses Geschenk, das so viele wertschätzen.
Die Bibel wird gut sichtbar auf einen Lesetisch im Studierzimmer gelegt. Schon ihr Anblick vermittelt Wärme und liebe Erinnerungen an vielgeliebte Textstellen. Am folgenden Tag kehrt der Besucher, die Christliche Wissenschaft, zurück. Und als er die Bibel sieht, fragt er, warum das Geschenk nicht geöffnet wurde. Sie sind durch die Frage verwirrt, aber bei näherem Betrachten erkennen Sie, daß es tatsächlich mehr zu enthüllen gibt.
Jetzt ist die Bibel geöffnet. Sie ist nicht länger die „gute alte Bibel“, über deren Besitz Sie sich so freuen. Jetzt lesen Sie darin und finden dabei literarische und historische Gesichtspunkte in dem Buch, über die Sie zuvor nie nachgedacht haben. Einzelne Abschnitte fügen sich in Zusammenhänge. Was für ein wundervolles Geschenk!
Am nächsten Tag kehrt die Christliche Wissenschaft wieder, und die Frage ist jetzt eher eine Ermahnung: „Bitte, öffnen Sie das Geschenk. Es ist für Sie! Nur zu. Öffnen Sie es jetzt!“ Während Sie sich umwenden und nach dem Buch greifen, bereit zu beweisen, daß Sie es bereits geöffnet haben, erkennen Sie, wie wenig Sie tatsächlich gelesen haben. Sie behaupten, daß Sie nicht das Verständnis besäßen oder die Zeit hätten, um weiter zu lesen. Aber der Besucher drängt Sie, dabeizubleiben, und erklärt jeden Schritt, den Sie tun müssen.
Während Sie weiterlesen, entdecken Sie eine Bibel, die sie nie gekannt haben. Sie handelt von lauter inspirierten Menschen — Menschen, die in ihrem Leben so sprechen, als hätten Sie Gottes Angesicht gesehen. Es sind Menschen, die mit dem Bösen gekämpft und Rechtschaffenheit erlangt haben. Was sie schreiben, scheint unmittelbar an Sie gerichtet zu sein. Sie schreiben mit einer Dringlichkeit, wie Sie sie noch nie in einem Buch gefunden haben. Die Worte, die Sie lesen, sind nicht länger die Worte eines geschätzten Buches: die Worte sind Führer — sie zeigen und erhellen das Leben und erklären, wie man es lebt.
Als der Morgen naht, begrüßen Sie den Besucher mit Tränen der Dankbarkeit. Das Geschenk, das zuvor warme Gefühle der Wertschätzung erzeugt hat, bewirkt jetzt eine Umwandlung in Ihrem Denken und Erfahren, in Ihrem Verhalten gegenüber anderen und in Ihrer Einstellung zum Leben. Die Christliche Wissenschaft akzeptiert Ihr überströmendes Herz, lächelt aber dann und sagt zu Ihrem Erstaunen: „Es gibt immer noch mehr zu enthüllen.“
Fast zitternd vor Erwartung greifen Sie wieder zur Bibel, und während Sie suchen, entdecken Sie, daß es wahr ist — es gibt tatsächlich noch mehr von dem Geschenk zu enthüllen. Sie wenden sich um und erkundigen sich: „Wieviel mehr gibt es zu entdecken, bis das Geschenk ganz mir gehört?“ Die Antwort ist deutlich: „Bis Sie nicht länger ein Buch in Händen halten, sondern den Christus, die Wahrheit, selbst.“
An welcher Stelle finden wir uns in der vorangegangenen Allegorie wieder? Schätzen wir die Bibel zwar, aber aus einer gewissen Ferne? Möchten wir sie gern besser verstehen, aber meinen, daß uns die Voraussetzungen dazu fehlen? Oder glauben wir, die Bibel bereits weit genug geöffnet zu haben? Immerhin lesen wir sie vielleicht schon seit Jahren. Aber die Allegorie hebt einen entscheidenden Punkt hervor, nämlich daß es eine tiefere, geistige Bedeutung der Bibel gibt und daß, unabhängig davon, wieweit wir glauben, das Geschenk — die Bibel — zu einem Bestandteil unseres Lebens gemacht zu haben, wir alle noch weiter gehen müssen und mehr tun können. Unsere Führerin, Mary Baker Eddy, schreibt: „Kaum die Hälfte, gemessen am Ganzen der Heiligen Schrift und des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, ist bisher von den ernstesten Suchern geistig verarbeitet worden, und doch ist diese Verarbeitung unerläßlich für den Fortschritt eines jeden Christlichen Wissenschafters.“ Miscellaneous Writings (Vermischte Schriften), S. 317: “Scarcely a moiety, compared with the whole of the Scriptures and the Christian Science textbook, is yet assimilated spiritually by the most faithful seekers; yet this assimilation is indispensable to the progress of every Christian Scientist.“
Unsere Einstellung zur Bibel berichtigen
Wir haben oft vor, uns wegen Heilung an die Bibel zu wenden, aber vielleicht bedarf es des Gebets, um die Einstellung zu ändern, mit der wir uns an die Bibel wenden. Welcher Christliche Wissenschafter würde nicht, wenn er gefragt wird, sagen, er schätze die Bibel? Wenn wir uns aber in der Stille unseres eigenen Herzens überlegen, wie wir mit der Bibel tatsächlich umgehen, können wir dann aufrichtig sagen, daß wir konsequent nach der Bibel leben und auf sie vertrauen? Oder ertappen wir uns dabei, daß wir spitzfindigen Gedanken lauschen, die uns von der Macht der Bibel fernhalten wollen?
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, sagt uns unumwunden: „Unsere Gedanken über die Bibel drücken sich in unserem Leben aus.“ Message to The Mother Church for 1902 (Botschaft an Die Mutterkirche für 1902), S. 4: “Our thoughts of the Bible utter our livers.“ Wie also heilen wir falsches Denken, und wie beginnen wir, ein geistigeres Leben auszudrücken?
In wirklich jeder Bibelgeschichte leuchtet eine Tatsache hervor: Gott ist der Höchste. Oder wie es in der Bibel heißt: „Niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du?“ Dan 4:32. Gottes Fähigkeit, uns die geistige Wahrheit der Heiligen Schrift zu geben, ist größer als irgendeine sogenannte Macht, die versucht, sie von uns fernzuhalten. Mit Gott als unserem einzigen Führer zur Bibel können wir uns unmöglich unter das Joch von Furcht, Einschüchterung, Unglauben, Langeweile oder Arroganz beugen. Demut, Inspiration, Liebe, Beharrlichkeit, Erleuchtung, geistige Intuition sind gottverliehene Fähigkeiten, die zu uns gehören. Wir entdecken, daß unsere Fähigkeit, die geistige Macht der Bibel zu leben, im Verhältnis zu unserem Streben steht, geistige Reinheit in unser Bibelstudium einzubringen.
Zwei Menschen, die Heilung nötig haben, wenden sich an die Bibel. Einer findet wirksamen Trost und Genesung. Der andere empfindet das Lesen als eintönig; er liest nur Wörter und sucht anderweitig nach Hilfe. Dennoch sind die Worte dieselben. Diese Kluft ist der Unterschied zwischen dem fleischlichen Gemüt, das die Bibel liest, und der gottverliehenen Fähigkeit, das inspirierte Wort der Bibel in sich aufzunehmen. Diese ursprüngliche, wahre Bedeutung der Bibel läßt „unser Herz in uns“ in geistiger Lebendigkeit „brennen“ Siehe LK 24:13-32.. Die geistige Bedeutung kann nicht wahrhaft verstanden werden, ohne daß sich nicht auch zugleich einige Aspekte der menschlichen Erfahrung ändern. Das inspirierte Wort hebt uns über eine sterbliche Einstellung hinaus, damit wir mehr von der Liebe, die die Niederschrift der Bibel veranlaßte, erkennen und uns zu eigen machen.
Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift
Denken Sie nur, wie sich unsere Auffassung von der Bibel ändert, wenn wir die Bibel nicht mehr bloß bewundern, sondern wirklich erwarten, sie zu leben. Dies ist der Fortschritt im Denken, den das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, dem Bibelstudium bringt. Wenn wir die Bibel zusammen mit Wissenschaft und Gesundheit lesen, eröffnet sich uns plötzlich die Aussicht, die gleiche heilende Kraft beweisen zu können, wie sie andere in der Bibel bewiesen haben, und zugleich werden uns die geistigen Mittel an die Hand gegeben, die uns dazu befähigen.
Einer von Tausenden, die erlebten, daß Wissenschaft und Gesundheit ihnen die Bibel zum ersten Mal gab, schrieb an Mrs. Eddy: „Die Bibel, von der ich nur wenig verstanden hatte, wurde mir nun klarer. Das Licht wurde von Tag zu Tag heller. Schließlich begann ich mich gegen Krankheiten zu behandeln, die mich 28 Jahre gefesselt hatten. Nach sechs Wochen war ich zum großen Erstaunen aller, die mich kannten, geheilt.“ Zitiert in Vermischte Schriften, S. 431.
Was klar aus diesem Bericht hervorgeht, ist, daß Wissenschaft und Gesundheit kein Ersatz oder Zusatz für die Bibel ist, sondern ein anwendbares Lehrbuch für einen Christen, der bestrebt ist, die Macht der tieferen Bedeutung der Bibel zu verstehen.
Wie kommt es, daß Wissenschaft und Gesundheit wie nichts anderes unserem Lesen in der Bibel Macht verleiht? Wir mögen unterschiedliche Antworten darauf aber ein wesentlicher Punkt ist, daß Wissenschaft und Gesundheit die Kontinuität der Macht des Guten zeigt, das in der ganzen Bibel als unverrückbares Prinzip, Gott, gesehen wird. Andere sprechen von dem „Gott der Bibel“, aber in Wissenschaft und Gesundheit wird erklärt: Dieser Gott ist Prinzip und ist beweisbar.
Als Aufgabe dieses Workshops versuchen Sie einmal beim Lesen der Bibel dieses Verständnis von Gott als lebendigem Prinzip im Auge zu behalten. Wenn wir das schaffen, wird die Heilige Schrift lebendig. Wir werden sehen, daß die Bibel nicht nur Geschichte ist oder gute Literatur oder interessante Berichte enthält, sondern sie ist ein geistiger Digest, der zeigt, wie die Menschen — Gottes Kinder — durch geistiges Wachstum dem Prinzip alles Guten gehorchen lernten und dadurch unwiderlegbare Harmonie in ihrem Leben bewiesen. Mit anderen Worten, wir erkennen, daß Gutsein Christliche Wissenschaft ist. Jesu Leben und Gleichnisse werden zu Forderungen und Möglichkeiten. Wir sehen, daß wir seine Worte, wir sollten die Werke tun, die er tat, ernst nehmen können. Und wir lieben ihn mehr, als Worte es jemals ausdrücken könnten, weil er uns zeigte, daß der Christus — die wahre Gotteskindschaft — unser Streben nach dem Guten beflügelt.
Eine abschließende Bemerkung: Alles in diesem Workshop ist völligwertlos, solange wir nicht eins tun — die Bibel tatsächlich lesen. Die Christliche Wissenschaft spricht zu uns aus unserer Allegorie: „Bitte, öffnen Sie das Geschenk. Es ist für Sie! Nur zu. Öffnen Sie es jetzt!“
Der zweite Teil dieses Workshops wird in der Herold-Ausgabe für Januar 1990 erscheinen.
