Eine Bekannte von mir merkte, daß ihre Ehe in Gefahr war. Sie und ihr Mann waren seit über zwanzig Jahren verheiratet. Sie hatten zwei erwachsene Kinder. Anfangs waren sie sehr glücklich gewesen. Aber mit der Zeit begann ihr Mann immer größere Ansprüche an sie zu stellen, und, wie es ihr schien, in unzumutbarer Weise.
Er war äußerst eifersüchtig und verlangte, daß sie über jede Minute des Tages Rechenschaft ablegte. Sie fühlte sich unterdrückt, ausgenützt und in ihrem eigenen Heim eingesperrt. Es schien unmöglich zu sein, vernünftig mit ihm zu reden. Jeder Versuch, über die Probleme zu sprechen, endete nur in noch größerer Verärgerung und Unterdrückung. Sie fand, daß sie diesen Zustand lange genug ertragen hatte. Eine Scheidung schien der einzige Ausweg zu sein.
Aber — als Christin bedeutete ihr die Institution der Ehe sehr viel. Sie wußte, für wie wichtig Christus Jesus sie gehalten hat. Er sagte: „Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!“ Mt 19:6.
Sie erinnerte sich daran, daß Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiens), in ihrem Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift schrieb: „Niemals sollte eine Ehe ohne eine beiderseitige volle Anerkennung ihrer dauernden Verpflichtungen eingegangen werden.“ Einige Absätze weiter sagt sie: „Das Ehegelübde sollte nicht aufgehoben werden, solange seine moralischen Verpflichtungen unverletzt erhalten bleiben; aber die Häufigkeit der Scheidungen weist darauf hin, daß die Heiligkeit dieses Verhältnisses an Einfluß verliert und daß verhängnisvolle Irrtümer seine Grundlagen untergraben.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 59.
Als meine Bekannte tief und demütig darum betete, eine Lösung zu finden, fiel ihr etwas ein, was ihr ein erfahrener Christlicher Wissenschafter einmal gesagt hatte. Er hatte es im Laufe der Jahre immer hilfreich gefunden, an die ständige Gegenwart Christi in seinem Hause zu denken. Er sah, daß sein Heim auf den Felsen, Christus, gebaut war. Für ihn war der Christus eine zeitlose, kraftvolle, aktive Macht in seinem Leben.
Das Wort Christus leitet sich von dem griechischen christos ab, was „der Gesalbte“ bedeutet; es entspricht dem alttestamentlichen hebräischen Wort Messias. Wenn wir von Christus Jesus sprechen, reden wir in Wirklichkeit von Jesus dem Gesalbten. Er wurde von Gott gesalbt, um uns allen den Christus zu offenbaren. Es ist wichtig, zu verstehen, daß dieser Christus heute geradeso gegenwärtig ist wie in den Tagen Jesu von Nazareth. Christus gibt uns die Inspiration, die wir für unsere Gebete benötigen und hilft uns, jenes Denken zurückzuweisen, das einem Ungehorsam gegenüber Gott gleichkommt — ein Denken, das zum Beispiel unsere Ehe untergraben könnte.
In Wissenschaft und Gesundheit heißt es: „Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht.“ Ebd., S. 332. Christus spricht zum Bewußtsein eines jeden. Und schließt das nicht die Mitglieder unserer Familie ein? Die Worte des Christus haben eine weit größere Wirkung auf unsere Lieben, als unsere Worte es gewöhnlich haben.
Wie oft sind wir enttäuscht von der Erfolglosigkeit unserer Versuche, den anderen zu erreichen. Warum nicht auf Christus vertrauen? Das bedeutet keineswegs, daß wir nie etwas sagen sollten. Aber ist es nicht besser, auf das Stichwort des Christus, der Wahrheit, zu warten?
In unseren Gebeten können wir daran festhalten, daß der Christus diejenigen erreicht, die wir lieben. Das ist weit wirksamer als dauerndes „Wenn doch nur“: „Wenn er doch nur mehr Rücksicht nehmen würde.“ „Wenn sie mich doch nur endlich in Ruhe lassen würde.“ „Wenn er doch nur ab und zu mit mir zur Kirche ginge.“ Solche Gedanken sind nur ein armseliger Ersatz für aufrichtiges Gebet.
Meine Bekannte beschloß, dem Christus zu vertrauen. Sie betete darum, daß der Christus ihr einen besseren geistigen Begriff von ihrem Mann geben möge, daß sie ihn als Gottes geistigen Ausdruck sehen möge. Aus der Bibel wußte sie, daß Gott den Menschen zu Seinem geistigen Bild geschaffen hat, und nur als Sein Ebenbild kennt Gott den Menschen. Wenn Gott ihr aber einen besseren Begriff von ihrem Mann geben konnte, so hatte sie auch das Recht, zu wissen, daß Er ihrem Mann einen besseren Begriff von ihr geben würde. Das leuchtete ihr ein. Über einen längeren Zeitraum betete sie beharrlich auf diese einfache Weise. Schließlich schmolz das Eis. Sie erkannten wieder, was sie aneinander hatten, und das war das Ende von Mißtrauen und Tyrannei. Eine Ehe war gerettet.
Es ist traurig zu sehen, wie wenige Menschen willens sind, an ihrer Ehe zu arbeiten. Es ist ebenso traurig zu sehen, wie viele Menschen in führenden Positionen — Personen, die als Vorbilder angesehen werden — eine eher nachlässige Haltung in bezug auf ihr Zuhause, ihre Ehe und Familie zeigen. In Filmen wird ein hoher moralischer Standard oft als altmodisch dargestellt. Andererseits bewundern die meisten Leute zum Beispiel immer noch einen Hollywoodstar, der eine lange und gute Ehe geführt hat. Der Komödiant Jack Benny pflegte zu sagen, daß er und seine Frau Mary niemals eine Auseinandersetzung hatten, die ernst genug gewesen wäre, von Scheidung zu sprechen — von „Umbringen“ vielleicht, aber nicht von Scheidung! Siehe Irving A. Fein, Jack Benny: An Intimate Biography (New York: G. P. Putnam’s Sons, 1976), S. 56.
Die Ehe gehört heutzutage zu den „gefährdeten Arten”. Die Familie hat in den letzten dreißig Jahren in sehr schneller Folge viele Veränderungen durchgemacht. Diese Veränderungen haben Herausforderungen mit sich gebracht, die die Institution der Ehe untergraben. Steil ansteigende Scheidungsraten belegen das. Das Zusammenleben ohne Trauschein findet zunehmend die Billigung der Gesellschaft. Die Zahl der unehelichen Geburten ist in den Vereinigten Staaten ständig gestiegen, von etwa vier Prozent im Jahr 1940 auf über zwanzig Prozent heute. In einigen Ländern liegt der Prozentsatz sogar noch höher. In Dänemark beträgt er 42 Prozent. Siehe Rushworth M. Kidder, „Crosscurrents of Change“, The Christian Science Monitor, 25. November 1985.
Wenn Menschen heiraten, so geschieht das allzuoft ohne eine ehrliche lebenslange Bindungsverpflichtung. Es ist Mode geworden, sich eigene Hochzeitsgelübde zu schreiben. Sie sind oft wunderschön und geben der Trauung eine ausgeprägt individuelle Note; aber manchmal lassen solche Gelübde einen Mangel an Bereitschaft, lebenslang füreinander da zu sein, erkennen. Wenn zum Beispiel das traditionelle Versprechen, einander zu lieben, solange beide leben, weggelassen wird, kann das anzeigen, daß eine Ehe nur mit dem Ziel der Selbstverwirklichung und persönlichen Erfüllung eingegangen wird.
Eine wirklich verpflichtende Bindung aneinander und an das Eheversprechen muß mit gegenseitiger Liebe, Fürsorge und Achtung beginnen. Möglicherweise ist dazu ein höherer Begriff von Gottes Schöpfung — Seinem geistigen Menschen — nötig.
Ist es nicht möglich, daß der Mensch mehr ist als eine körperliche Erscheinung? Denken Sie an das Bild vom Menschen, das im ersten Kapitel der Genesis gezeichnet wird, wo der Mensch als Bild Gottes, Sein Gleichnis, gezeigt wird. Wenn wir das geistige Wesen des Menschen zu schätzen beginnen und uns nicht lediglich als ein mit sozialen Fähigkeiten ausgerüstetes Lebewesen betrachten, werden wir ganz natürlich alles zurückweisen, was einen anderen Menschen erniedrigen oder ausnutzen könnte.
Was für eine Freude, einander als geistig vollkommen und befriedigt zu sehen. Wenn Männer und Frauen sich erst gegenseitig so sehen, wie Gott sie geschaffen hat, werden sie nicht versucht sein, einander auszunutzen in dem Bemühen, „Erfüllung“ zu finden. Liebe, die auf wahrer gegenseitiger Wertschätzung beruht, bildet eine bleibendere Grundlage für eine Ehe und ein dauerhafteres Gefühl der Erfüllung.
Was zieht uns denn tief im Innern zueinander hin? Sind es nicht Qualitäten? Und sind es nicht genau diese Qualitäten, die die Grundlage eines Heims bilden? Wenn jeder Ehepartner ein geistiges Verständnis von Heim in die Partnerschaft einbringt, kann dieses Heim niemals durch die Verirrung der Sinne oder irgend etwas anderes, was die Würde und Heiligkeit von Gottes Menschen herabsetzen möchte, angegriffen werden.
Die Liebe, die zwei Menschen zueinanderfinden läßt, ist ein Geschenk Gottes, und das gilt auch für das Heim, das sich die beiden aufbauen. Wenn sie klug sind, werden sie Christus zu einem ständigen Mitglied ihres Hausstandes machen. Ihr Heim wird unter Gottes Regierung stehen. Der Gehorsam gegen Gottes Gesetz wird diesen Bund stärken. Dieser Gehorsam schließt das Befolgen der Zehn Gebote und der anderen moralischen und geistigen Lehren der Bibel ein. Gehorsam gegen Gottes Gesetz schützt sowohl die Integrität des einzelnen wie den Zusammenhalt des Heims. Er bringt Frieden und wirkliche Freiheit. Diese Freiheit ist nicht die Erlaubnis, zu tun, was uns beliebt. Sie macht uns innerlich frei, so daß wir das sein können, wozu Gott uns gemacht hat, und sie befreit uns von dem herabziehenden Einfluß des Materialismus.
Das, was ironischerweise die sexuelle Befreiung genannt worden ist, ist nicht Freiheit. Es ist vielmehr das unheilvolle Vertuschen einer tragischen Versklavung durch Sinnlichkeit und Amoralität, die Abweichungen von Gottes Gesetz sind. Die sofortige Befriedigung sinnlicher Bedürfnisse hält uns davon ab, bleibende Befriedigung und Erfüllung zu finden.
Jesus sagte an Jakobs Brunnen zu einer Frau aus Samarien, die sich auf eine unmoralische Lebensweise eingelassen hatte, daß diejenigen, die aus jenem Brunnen trinken, wieder dürsten werde, doch das Wasser, das er anzubieten habe, das werde „eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt“ Joh 4:14.. Sagte er ihr damit nicht, sie solle sich von der falschen Anziehung des Materialismus und der Sinnlichkeit abwenden, um ein erfülltes Leben und bleibende Liebe in Gott, Geist, zu finden?
Mrs. Eddy hat viel zum Thema Ehe gesagt. Sie schreibt in Wissenschaft und Gesundheit in dem Kapitel „Ehe“: „Untreue gegen den Ehebund ist die soziale Geißel aller Rassen, sie ist die, Pest, die im Finstern schleicht, ... die Seuche, die am Mittag Verderben bringt‘. Das Gebot, Du sollst nicht ehebrechen‘ ist nicht weniger gebieterisch als das Gebot, Du sollst nicht töten‘.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 56.
Durch Gebet, wie es die Christliche Wissenschaft lehrt, ist schon manch eine Ehe gerettet worden. Sowohl die Schriften ihrer Begründerin als auch die Artikel in den christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften — wie der, den Sie gerade lesen — enthalten viele hilfreiche Gedanken, wie dieses Gebet noch spezifischer und wirksamer gemacht werden kann.
Es lohnt sich, an der Ehe zu arbeiten. Sie ist es wert, gerettet zu werden. Systematisches Gebet kann Ehe und Familie retten. Es kann uns helfen, die geistigen Grundlagen, die eine Ehe stützen und bewahren, klarer zu erkennen.
