Kürzlich las ich einen Zeitungsartikel, in dem berichtet wurde, Forscher seien zu dem Ergebnis gekommen, daß die Klimaverhältnisse im Frühjahr und im Sommer manchen Leuten zu diesen Jahreszeiten seelisch zu schaffen machen können — eine Wirkung, die den Depressionen nicht unähnlich sei, die man manchmal dem Herbst und dem Winter zuordnet.
„Moment mal!“ protestierte ich laut. „Das ist ja das ganze Jahr!“ Was nun — dasitzen und abwarten, bis wir an der Reihe sind?
Haben wir nicht die gottgegebene Vollmacht, uns gegen solch schreckliche Aussichten aufzulehnen? Die Bibel weist darauf hin, daß wir genau diese Vollmacht besitzen. Der Psalmist drückt es so aus: „Alles hast du [Gott] unter seine [des Menschen] Füße getan.“ Ps 8:7.
Diese Herrschaft entsteht nicht durch Selbsthypnose oder durch psychologische, im Vermögen des Menschen liegende Techniken. Auch wird sie nicht durch menschlichen Willen oder bloßes positives Denken bewirkt. Sie weist auf ein großes geistiges Vorrecht hin, auf dieselbe Macht des Geistes über das Fleisch, die Christus Jesus ausübte und seine Jünger gebrauchen lehrte, um Krankheit und Sünde zu heilen.
Nicht Gemüt über die Materie (die Anwendung menschlichen Willens), sondern göttliches Gemüt über die Materie, wobei die sterbliche Annahme dem einen, allmächtigen Gott weicht. Nicht lediglich der Einfluß des menschlichen Gemüts, sondern die über alles herrschende Macht des Gemüts, im menschlichen Bereich unter Beweis gestellt — darum handelt es sich bei der Herrschaft des Christus.
Demütig und gewissenhaft behauptete Jesus sein Einssein mit Gott; er erkannte niemals ein Gemüt neben Gott an, gehorchte keinem anderen und schrieb Ihm alle Macht zu. Diese Macht war der Christus, der ihn beseelte, und sie kann auch unsere Kraft sein. Eine aufrüttelnde Stelle in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy bestärkt uns darin: „Erhebe dich in der Stärke des Geistes, um allem zu widerstehen, was dem Guten unähnlich ist. Gott hat den Menschen dazu fähig gemacht, und nichts kann die dem Menschen göttlich verliehene Fähigkeit und Kraft aufheben.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 393.
Wir besitzen diese göttlich verliehene Fähigkeit und Kraft und können uns ihrer bedienen, um Niedergeschlagenheit genau wie jedes andere Leiden zu bekämpfen. Die Bibel veranschaulicht das. Trübsinn oder sogenannte Depression ist schließlich keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. In der Bibel wird zum Beispiel berichtet, daß könig Saul und andere unter tiefen Verzweiflungszuständen litten. In Sauls Fall nannten es die Leute den Einfluß eines bösen Geistes. Und ein späterer könig, Hiskia, spricht in einem ihm zugeschriebenen Gedicht im Buch Jesaja von seiner Qual als der „Betrübnis meiner Seele“ Jes 38:15..
Lesen Sie dieses 38. Kapitel im Buch Jesaja. Es ist ein wunderbares Beispiel für kraftvolles, göttlich mentales Sich-Erheben. Sie werden sehen, wie Gott als Hiskias Erlöser beschrieben wird, der seine Gedanken über Selbstmitleid und Vorwürfe hinaushob, so daß er Gottes Liebe zu ihm erkennen konnte — Gottes Bereitschaft und Absicht, ihn zu heilen.
In den Psalmen finden wir viele tröstende und erhebende Botschaften. Der 42. Psalm gehört zu denen, die ich besonders liebe. Zweimal (in den Versen 6 und 12) fragt da der Psalmist: „Was betrübst du dich, meine Seele?“ Und zweimal lautet die Antwort auf die eigene Frage: „Harre auf Gott.“ Und beidemal fährt er fort: „Denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“ Erkennt der Psalmist hier nicht etwas, was die Christliche Wissenschaft lehrt — die Einheit des Menschen mit dem göttlichen Gemüt und die Wirklichkeit und Immergegenwart von Gottes Güte und Liebe?
Vor mehreren Jahren stieß ich auf eine Publikation, auf deren Titelseite die kühne Voraussage stand, daß Depression die Krankheit Nummer eins in meinem Land werden würde. Auch wurde darin ganz allgemein die Behauptung aufgestellt, daß jeder in gewissem Grade dafür anfällig sei. Leichthin ging ich über diese Voraussage hinweg. Anstatt die Gelegenheit zu nutzen, die geistigen Wahrheiten wirklich zu verstehen, die ich in der Christlichen Wissenschaft gelernt hatte und die eine solche Disharmonie heilen konnten, machte ich keinerlei anstrengung, die Rechtmäßigkeit einer solchen Bürde für die Menschheit in Frage zu stellen und zu verneinen.
Einige Zeit später — kurz nachdem unsere Familie nach Übersee gezogen war — fühlte ich dann plötzlich, wie mich mitten in der Freude an unserem neuen und aufregenden Abenteuer eine dunkle Wolke der Verzweiflung überrollte. Äußerlich hatte sich seit dem Vortag nichts geändert. Aber innerlich fühlte ich mich von Gottes Liebe völlig abgeschnitten. Und obwohl ich wußte, daß ich nicht davon abgeschnitten war, schien ich nicht fähig, dieses Gefühl abzuschütteln. Mehr noch, ich fühlte mich nutzlos und unerwünscht. Bald war ich auch körperlich krank.
Ich weiß noch, daß ich versuchte, ein bestimmtes Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft zu singen. Es beginnt mit den Worten: „Dies ist der Tag, den Gott gemacht.“ Liederbuch, Nr.342. Ich versuchte gewissenhaft zu verstehen, daß das auch so war, und ich machte mir eine Liste von allem, wofür ich dankbar sein konnte. Es half nicht. Dann fiel mir auf, daß ich diese Liste nur als Selbsthilfetechnik gebrauchte. Natürlich ist es richtig, alles Gute anzuerkennen und dafür dankbar zu sein, aber ich versuchte, mich auf diese Weise so zu programmieren, daß ich mich geliebt fühlte, und ich versuchte, mich davon zu überzeugen, daß dem so war, statt auf Gottes Offenbarung Seiner Liebe zu mir zu lauschen.
„Moment! Ich bin eine christliche Metaphysikerin, keine Psychoanalytikerin“, hörte ich mich sagen. An jenem Tag sah ich auf dem Nachhauseweg, als ich ernsthaft auf Gottes Führung lauschte, den Lastwagen einer Schädlingsbekämpfungsfirma. Komischerweise erinnerte mich der Wagen an eine Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit, in der von der Ausrottung des Irrtums die Rede ist. Da ich mich nicht an den genauen Wortlaut erinnern konnte, schlug ich die Stelle nach, sobald ich zu Hause war. Sie lautet: „Irrtum wird durch die große Wahrheit ausgerottet, daß Gott, das Gute, das einzige Gemüt ist und daß das angebliche Gegenteil des unendlichen Gemüts — Teufel oder Böses genannt — nicht Gemüt, nicht Wahrheit ist, sondern Irrtum, ohne Intelligenz oder Wirklichkeit.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 469.
Ich las diesen Satz viele Male und dachte über jeden Teil des Satzes nach. Ich erwachte zu der Wahrheit, daß ich keine Sterbliche mit einem eigenen, deprimierten oder sonstwie gearteten Gemüt war. Gott ist mein Gemüt und das Gemüt aller. Wäre es denn denkbar, daß der Gott, der „Wohlgefallen an seinem Volk“ Ps 149:4. hat, deprimiert ist oder Seine Kinder unter Depressionen leiden läßt? Es ist also unser göttliches Recht, Sein Wohlgefallen und Seine Freude in uns zu spüren. Mein Selbstmitleid verflog. Die Tränen und das Trübsalblasen hörten auf, und ich fühlte mich nicht mehr von der Liebe übergangen oder ausgeschlossen.
Oh seit damals war ich noch manches Mal versucht, sehr unglücklich — sogar deprimiert — zu sein. Aber ich bin jetzt sehr viel mehr auf der Hut. Ich weiß, ich brauche nicht, wie hypnotisiert, einfach hinzunehmen, daß ich oder sonst jemand in trübsinniger Stimmung ist. Es vergeht kein Tag, ohne daß ich mich nachdrücklich an Mrs. Eddys Rat erinnere: „Wisset denn, daß ihr unumschränkte Macht besitzt, recht zu denken und zu handeln, und daß nichts euch dieses Erbes berauben und gegen die Liebe verstoßen kann.“ Kanzel und Presse, S. 3.
Ob man es nun Angst, Depression, Melancholie oder sonstwie nennt, wir brauchen dem Gefühl nicht nachzugeben, ganz gleich, wie aggressiv es sich gebärdet oder was für Ausmaße es angenommen zu haben scheint. Wenn die Depression darauf besteht, daß wir nicht wert sind, geliebt zu werden, oder daß man uns um Liebe betrogen hat, daß wir unfähig sind, Liebe zu empfinden oder Liebe zu finden, dann können wir unsere gottgegebene Herrschaft ausüben. Weisen Sie die Depression zurück, und widerlegen Sie sie! Es gibt kein Gesetz Gottes, das sie unterstützt. Liebe ist das einzige Gemüt. Und jeder von uns wird von der Liebe innig geliebt.
