Herzensnot“, „Herzensangst“, „Herzeleid“ — allgemeine Ausdrücke, die nicht nur schmerzliche Gefühle beschreiben, sondern auch körperliche Verwundbarkeit andeuten. Wenn die Welt uns Leid zufügt, verstehen wir vielleicht den aus tiefstem Herzen kommenden Hilferuf des Psalmisten an Gott: „Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!“
Diese Ausdrucksweise ist vielleicht nicht zeitgemäß, aber das menschliche Sehnen nach Hilfe klingt sehr vertraut. Manchmal glauben die Menschen jedoch, daß Gott, Geist, etwas Vages, weit Entferntes ist, das nicht viel mit dem zu tun hat, womit wir konfrontiert werden. Wenn wir Gott den Rücken kehren, ist es leicht möglich, daß unsere Sicht von uns selbst unklar und begrenzt wird. Wir sehen uns aus Materie bestehend, mit einem bestimmten Körper, der nicht dem entspricht, was er unserer Vorstellung nach sein sollte. Alles scheint sich aus Materie zusammenzusetzen, und die Materie behauptet, daß unser Leben in verschiedener Form von ihr abhänge.
Diese allgemein vertretene Ansicht mag den Gedanken nahelegen, daß unsere Hilfe in irgendeiner materiellen Form kommen müsse, etwa in Form eines Medikaments. Oder sie redet uns ein, daß wir uns ohne die körperliche Gegenwart einer Person nicht sicher fühlen können. Wenn wir Gott außer acht lassen, fragen wir uns, ob das, was wir benötigen, verbraucht ist, weggenommen werden wird oder einfach überhaupt nie vorhanden war.
Wie unbeständig und zerbrechlich kann das Gute scheinen! Das Leben sollte uns Sicherheit und Geborgenheit geben. Doch ein materielles „Selbst“ und materielle Dinge können einfach nicht die wahre Liebe, nach der wir suchen, zum Ausdruck bringen oder sie erhalten.
Was aber, wenn unsere wahre Identität überhaupt nichts mit unzuverlässiger Materie zu tun hat? Wenn unser wahres Sein das vollkommene Ebenbild Gottes, des Geistes, ist, wie die Bibel erklärt? Wenn das wahr wäre, würde es alles verändern. Die Christliche Wissenschaft hilft uns erkennen, daß es wahr ist. Wir sind das Bild oder die Widerspiegelung Gottes, der Liebe ist. Und die göttliche Liebe hat uns ewig, geistig und gut geschaffen. Christus Jesus lehrte seine Nachfolger, auf dieser Grundlage zu heilen. Auch wir können Heilung erfahren, die durch Christus — die erlösende Wahrheit, die Jesus verkörperte — kommt, wenn wir im Leben auf dieser Grundlage aufbauen.
Eine Frau, die mit etlichen persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt hatte, fühlte sich bedrückt und einsam. Symptome eines Herzleidens traten auf, die sogar routinemäßige Arbeiten zu einer Mühsal machten. Da sie aber bedeutsame Heilungen durch Gebet erlebt hatte, war sie zu der Überzeugung gelangt, daß ihr eigentliches Bedürfnis im Grunde niemals körperlicher Natur war, sondern tatsächlich darin bestand, Gott besser zu verstehen. Sie deutete das Sehnen, das sie empfand, als ein geistiges Verlangen — als ein Hungern nach einem tieferen Verständnis davon, was göttliche Liebe bedeute. Inwiefern war Gott immer bei ihr, fragte sie sich. Wie liebte und versorgte Er sie, wollte sie wissen.
Die Frau wandte sich im Geiste des ersten Gebots betend an Gott — mit dem Verlangen, Gott von ganzem Herzen zu lieben und zu gehorchen. Sie betete, oft mehrmals am Tag, um für die Eingebungen der göttlichen Liebe empfänglich zu sein. Sie überlegte: Wenn Gott unbegrenzt ist, dann mußte alles, was Gott schafft — einschließlich ihrer wirklichen Identität —, ebenfalls rein und geistig und unbegrenzt sein.
Ihr Ziel, so sagte sie, war es, sich nicht nur gewohnheitsmäßig und aus Pflichtgefühl mit Gott zu befassen, sondern in allem, was sie tat, selbst wenn es nach außen hin etwas ganz Banales zu sein schien, auf die Inspiration der göttlichen Liebe anzusprechen. Sie bemühte sich, als Ausdruck der göttlichen Liebe zu leben. Es wurde leichter — ja sogar ein Abenteuer —, ihre Bemühungen und Motive von Liebe regieren zu lassen. Sie konnte ihren täglichen Pflichten mit immer größerer Freiheit nachgehen. Sie fuhr fort, ihr Gebet zu leben, und wurde dann vollständig und für immer von den Herzbeschwerden geheilt.
In dieser Zeit machte sie eine Entdeckung, nämlich daß geliebt zu werden nicht ein „Ereignis“ war, das eines Tages für sie „eintreten“ könnte oder eben auch nicht. Sie erkannte, daß die Allgegenwart der ewigen Liebe mehr ist als ein schöner Gedanke. Sie ist eine geistige Tatsache über die wirkliche Existenz des Menschen.
Wenn wir uns an Gott um Hilfe wenden, gehen wir in die richtige Richtung. Um jedoch eine Stabilität zu finden, die von Dauer ist, müssen wir eine wesentliche geistige Voraussetzung anerkennen, nämlich daß die göttliche Liebe nicht begrenzt ist. Daher kann auch das Ebenbild der Liebe nicht begrenzt sein. In Wissenschaft und Gesundheit weist Mrs. Eddy uns folgendes hin: „Wenn wir zu Gott als zu einer körperlichen Person beten, so wird uns dies hindern, die menschlichen Zweifel und Befürchtungen fahrenzulassen, die eine solche Annahme begleiten, und so können wir die Wunder nicht fassen, die die unendliche, unkörperliche Liebe wirkt, bei der aller Dinge möglich sind. Infolge der menschlichen Unwissenheit über das göttliche Prinzip, Liebe, wird der All-Vater als ein körperlicher Schöpfer dargestellt, daher betrachten sich die Menschen als rein physisch und wissen nichts vom Menschen als Gottes Bild oder Widerspiegelung und nichts vom ewigen, unköperlichen Dasein des Menschen.“
Gott, das Prinzip von allem, regiert den Menschen durch das geistige Gesetz, das niemals zu wirken aufhört. Wir können die Macht dessen fühlen, was es bedeutet, Gottes Kind zu sein, von Ihm regiert zu werden. Im tiefsten Sinne heilt Liebe unser Herz.
Wir fühlen uns wie neu, weil wir neu sind —„neu geboren ... aus dem Geist“. Geistige Unwissenheit engt unsere Fähigkeit, zu lieben und geliebt zu werden, nicht mehr ein. Wir wenden uns ganz natürlich an Gott, um zu wissen, wer wir sind und was wir tun und sein können.