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Raketen abschaffen

Aus der August 1992-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In Den Abendlichen Fernsehnachrichten wurde ein Bericht über eine umstrittene militärisch genutzte Rakete ausgestrahlt. Man sah, wie sie sich in die klare Atmosphäre erhob und ihr schimmernder weißer Schweif den tiefblauen Himmel zerschnitt. Es verging ein Augenblick, bevor meine Begeisterung der nüchternen Erkenntnis wich, daß diese Rakete nicht dazu da war, die Schönheit des Weltraumflugs zu demonstrieren! Wie alle anderen Raketen ihres Typs war auch sie dazu bestimmt, ein Ziel anzusteuern und es zu verwüsten — irgendein Objekt oder eine Person, die als „Feind” bezeichnet wurde.

In einer Welt, die nach echtem Frieden dürstet, drücken Jakobus’ Worte in der Bibel etwas aus, was so viele empfinden: „Das soll nicht so sein, liebe Brüder.”

Wie sehr sehnen wir uns danach, die Erde von Kriegsgerät zu befreien. Aber wie können wir denn wirklich — wirklich — zu den grundlegenden Ursachen der Konflikte und der Kriegswaffenproduktion vorstoßen und die Furcht und Feindschaft beseitigen, die die Konflikte speist?

Die Existenz der Raketen gibt uns vielleicht eine Einsicht in die Grundursache für Kriege, durch die uns klar wird, wie wir konkret daran mitarbeiten können, alle Raketen vom Angesicht der Erde zu verbannen — etwas, was wir im Grunde alle tun wollen!

Es ist nicht überraschend, daß eine solche höchst praktische, einzigartige Einsicht im Leben Christi demonstriert wird. Das Studium der Christlichen Wissenschaft führt zu einer unumgänglichen Erkenntnis: Wo sonst werden wir je universell anwendbare, gerechte Lösungen — fundamental einfach, sehr wirklichkeitsnah, herzerwärmend richtig — finden als in seiner Demonstration, wie Gottes allerhabenes Gesetz der Liebe auf das menschliche Leben angewandt werden kann? Die Christliche Wissenschaft holt die Lehren Jesu aus dem Bereich weltferner Philosophie heraus und zeigt, daß sie die heilenden, friedenstiftenden Wahrheiten beinhalten, nach denen die Menschheit hungert.

Es war mitten im Alltagsleben, genauer, als Fußgänger im Stadtverkehr, daß ich mir der oft nicht erkannten Verantwortung bewußt wurde, die jeder von uns für die Abschaffung — oder Beibehaltung — von Raketen trägt.

Auf rücksichtsloses und gefährliches egoistisches Fahrverhalten in meiner Stadt reagierte ich immer schärfer, bis ich schließlich feindselige, haßerfüllte Gedanken auf diese Fahrer „abschoß”. Sie ahnen vielleicht schon, wie es weiterging. Als ich eines Tages beinahe angefahren wurde, hielt ich nach einem Stein oder einer Flasche oder irgend etwas Ausschau, um es dem sich entfernenden Fahrzeug hinterherzuschleudern. Ich besann mich eines Besseren. Solches Verhalten war für mich ganz und gar untypisch. Es war auch nicht der Sinn eines Spaziergangs durch die Nachbarschaft. Ich betete. Und durch Gebet wurde mir überraschenderweise folgendes klar. Genau hier — ich brauchte gar nicht mehr weiter zu suchen — wurde mir ganz kraß vor Augen geführt, wo eigentlich der Ausgangspunkt und die Grundlage für Raketengeschosse lag. Ich wurde mir bewußt, daß jedes „Geschoß”, ob Fäuste, Steine, Kugeln, Interkontinentalraketen, weltraumgestützte Laserwaffen oder eine Kaffeekanne (wir neigen dazu, mit allem zu werfen, was die Situation, die Finanzen oder die technischen Mittel hergeben!), nur die Fortsetzung rachsüchtiger, gehässiger, strafender Gedanken mit anderen Mitteln ist, daß es untrennbar mit dem „Abschießen” solcher Gedanken verbunden ist. So einfach und so schwerwiegend ist das. Solange wir an dem einen festhalten, zieht es unweigerlich das andere nach sich.

Haß und Rachsucht befinden sich unfraglich außerhalb von Gottes liebevollem Gesetz des Guten; sie sind dem Frieden der göttlichen Wirklichkeit völlig entgegengesetzt. Ich bin dankbar, daß ich durch beharrliches Gebet von diesem Groll und Haß geheilt wurde. Schnelles und rücksichtsloses Fahren ist falsch. Aber selbstgerecht mit rachsüchtigen Gedanken und einem entsprechenden Verhalten darauf zu reagieren ist mindestens ebenso falsch. Andere zu kritisieren und ihnen strafende Gedanken-Geschosse zu schicken, das verschlimmert eine aufgeheizte Situation nur, anstatt sie zu heilen.

Das Gebet in der Christlichen Wissenschaft hat mir erst bewußtgemacht, wie ich heilend reagieren kann und daß es mein Vorrecht und meine Pflicht ist, zur mentalen Atmosphäre in meiner Umgebung beizutragen — durch die Anerkennung, daß die göttliche Liebe immer gegenwärtig ist und alle umschließt, daß weder Gesetzlosigkeit, Selbstsucht noch Rachsucht zu Gottes Menschen gehört, dem Menschen, der uns in der Bibel als Gottes eigenes Bild und Gleichnis offenbart wird. Meine innere Haltung und meine Reaktion anderen gegenüber wandelte sich erst richtig, als ich beständig die göttliche Wahrheit, die regierende Gegenwart Gottes, anerkannte und verstand, daß alle Menschen ihrer wahren Natur nach das reine, beständige Ebenbild der Liebe sind. Die Christliche Wissenschaft half mir, die gottgegebene Güte des Menschen so tief zu empfinden, daß die unchristliche Reaktion und Neigung, anderen etwas an den Kopf zu werfen — erst Gedanken, dann Gegenstände —, auf die Dauer beseitigt wurden.

Muß nicht jeder von uns die der Gewalt zugrundeliegende Einstellung berichtigen, ja, sich von der Liebe davon heilen lassen, wenn wir jemals den sichtbaren Ausdruck von Gewalt auslöschen wollen?

Das ist ein edles und idealistisches Ziel, mögen einige sagen, aber unerreichbar. Nun, ich habe es direkt an mir selber erfahren. Ich habe erlebt, wie ein gewisses Maß an Haß und Groll in meinem Leben durch Gebet entschärft wurde. Mir hat das gezeigt, wie wir alle anfangen können, die friedenschaffende Kraft der göttlichen Liebe zu beweisen.

Folgendes Ereignis aus Jesu Leben ist ein bemerkenswertes und aussagekräftiges Beispiel für eine auf geistigem Wege erzielte „Abrüstung”. Das „Ziel” war schon ausgemacht und verdammt worden. Es gab genug Rechtfertigung für einen tödlichen Schlag, aber diejenigen, die zum Angriff bereit waren, wandten sich an eine andere „Autorität” — mit dem Hintergedanken, deren Urteil zu verspotten und umzustoßen.

Dieser Bericht steht im Johannesevangelium. Eine Frau war beim Ehebruch ertappt worden. Das traditionelle Gesetz gebot die Steinigung von Ehebrechern. Vor der Urteilsvollstreckung brachten die Schriftgelehrten und Pharisäer die Ehebrecherin zu Jesus, zitierten das Gesetz und forderten ihn heraus: „Aber was sagst du?” Viele boshafte, zerstörerische Gedanken waren in Stellung gebracht worden — die potentielle Kraft hinter vielfachen Steingeschossen.

Jesus reagierte nicht mit einem defensiven Sperrfeuer aus Verhandlungsangeboten, Vernünfteleien oder Appellen. Noch leitete er mit persönlicher Weisheit oder vernichtender Kritik eine Gegenoffensive ein.

Zuerst war er still. Als er dann antwortete, sprach aus ihm göttliche Weisheit und Autorität, die in dieser häßlichen, aussichtslosen Situation entwaffnend wirkten. „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.” Aus der feindseligen Menge schlich einer nach dem anderen davon; man überließ die Frau Jesus. „Hat dich niemand verdammt?” fragte er. Dann richtete er sich auf, er, der sündlos war und vermutlich daher das Recht gehabt hätte, einen Stein zu werfen, und mit der heilenden Macht des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe hob er ihr Leben höher. Er ließ sie gehen mit den Worten: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.”

Es stellt sich eine sehr bedenkenswerte Frage: Haben diejenigen, die durch Jesu Beispiel berührt wurden, wohl je wieder an einer Steinigung teilgenommen? Sicherlich werden einige von ihnen etwas von diesem neuen Empfinden, dieser lebensverändernden Erkenntnis, daß es neben dem grausamen hergebrachten Weg noch einen ganz anderen gab, mit ihren demütiger gewordenen Gedanken und ihrem sanfteren Leben bekundet haben. Etwas Verblüffendes war geschehen — allein durch geistig erleuchtetes Denken, nicht aber durch wohlbegründete, gut gezielte Wort- oder Steingeschosse. Eine angespannte Konfrontation, die offensichtlich in Blutvergießen geendet hätte, wurde durch die göttliche Liebe entschärft, und jedes empfängliche Herz gewann eine bessere Auffassung vom Leben.

Zugegeben, das ist ein idealer, ja, der beste Weg. Aber das göttliche Ideal ist nicht nur eine unbestimmte, in weiter Ferne liegende Möglichkeit. Aus den Lehren und Werken unseres Meisters geht klar hervor, daß es schon jetzt verstärkt in den Vordergrund treten und unser tägliches Leben unmittelbar berühren soll. Wenn wir also versucht sind, jemanden mit punktgenauen, bitteren, strafenden Gedanken, gleich welcher Intensität und wie schädigend die Absicht, anzuvisieren und sie auf ihn abzufeuern — wo immer wir auch sein mögen, ob als Fußgänger auf der Straße, ob in der Schule, daheim, auf dem Sportplatz, im Büro, im Wagen auf der Autobahn —, können wir durch Gebet das Feuer einstellen. Wir können uns davor in acht nehmen, daß wir nicht unabsichtlich an dieser irregeleiteten Mentalität teilhaben, die zu allen möglichen „Geschossen” greift und sie auch entwickelt. Solches Gebet, solche Wachsamkeit und Abrüstung tragen nicht zu einem Zerfall von Gesetz und Ordnung bei, sondern geben uns Sicherheit, Stärke und die Tatkraft, die erforderlich ist, um jene Atmosphäre der Liebe aufrechtzuerhalten, in der Selbstgerechtigkeit, Gedankenlosigkeit und Rachsucht zerstört werden, die unausweichlich Konflikte schaffen und zu Aufrüstung führen.

Wenn wir Christi Lehren lieben und befolgen — den ernstlichen Wunsch haben, aus Liebe zu Gott und zur Menschheit Jesu Beispiel zu folgen —, dann können wir die ganze Bandbreite feindlicher Gedanken nach und nach ausmerzen: von bloß kalter Teilnahmslosigkeit über leichte Stichelei bis hin zu purer Gehässigkeit. So entwickeln wir die Fähigkeit, wahrhaft zu lieben und auf Gottes inspirierte Weisheit zu reagieren, die in das menschliche Leben kommen muß, um nicht nur Haß und Furcht zu heilen, sondern auch die das öffentliche und private Wohl gefährdende Gesetzlosigkeit.

Wenn wir immer mehr mit selbstloser Liebe „bewaffnet” sind, die Gott widerspiegelt, und sie unser Handeln bestimmt, wird unserem Herzen und unseren Gedanken die Fähigkeit genommen, Feindschaft auszutragen. Weder das leicht aggressive „Eh, du Strolch” noch schrecklich explosives und böswilliges Denken oder Handeln kann dann von uns ausgehen, und wir werden als einzelne einen spürbaren Beitrag zur Abschaffung sämtlicher physischer Raketensysteme leisten.

In den Vermischten Schriften bietet Mrs. Eddy allen, die die Erde auf Christi Weise von Geschossen aller Art befreien wollen, folgende Einsicht: „Wir sollten unsere Liebe zu Gott an unserer Liebe zum Menschen messen; und unser Verständnis von der Wissenschaft wird gemessen an unserem Gehorsam Gott gegenüber, indem wir das Gesetz der Liebe erfüllen, allen Gutes tun, allen innerhalb unseres Gedankenbereichs Wahrheit, Leben und Liebe mitteilen, soweit wir selbst sie widerspiegeln.”

Jesus aber antwortete ihm:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
von ganzem Herzen, von ganzer Seele
und von ganzem Gemüt.” Dies ist das höchste
und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich:
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.”

Matthäus 22:37–39

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