Als Ich Die Christliche Wissenschaft kennenlernte, waren meine drei Söhne sieben, vier und ein halbes Jahr alt. In den gut zehn Jahren, die seitdem vergangen sind, haben wir Heilungen von Krankheit, Fieber, Knochenbrüchen, Schnittwunden, Verbrennungen und den Folgen eines Sturzes erlebt. Ein Sohn wurde mit solcher Wucht von einem LKW angefahren, daß er auf den Kühler eines entgegenkommenden Wagens geschleudert wurde, von dort herunterfiel und auf der Straße landete. Eine Woche später war er wieder in der Schule — er war durch Gebet im Sinne der Christlichen Wissenschaft völlig geheilt worden. Die Tatsache, daß wir diese Situationen durch Gebet meisterten, hat uns immer wieder Kraft gegeben und unsere Familie näher zu Gott gebracht.
Ich möchte von einem bestimmten Ereignis berichten, bei dem ich alles, was ich bis dahin über Christus Jesus und seine Lehren über Gott und das Heilen gelernt hatte, durch eine noch tiefere Christlichkeit anwenden und beweisen mußte.
Mein Sohn Lucas war damals dreizehn Jahre alt. Als er mit Freunden zur Schule ging, die etwa vier Häuserblocks von unserem Haus entfernt lag, wurde er vor dem Schulgelände von einer Gruppe Jungen verprügelt. Der Angriff war willkürlich und schien auf Rassenhaß zu beruhen. Eine Mutter, die gerade mit dem Auto vorbeikam, fuhr auf den Bürgersteig und hupte, um die Jungen dazu zu bringen, von Lucas abzulassen.
Als ich von der Schule angerufen wurde, setzte ich mich mit einer Ausüberin der Christlichen Wissenschaft in Verbindung und bat sie um Hilfe durch Gebet. Ich kann ehrlich sagen, daß ich nicht daran zweifelte, daß Lucas allein durch Gebet geheilt werden würde. Während ich die kurze Strecke zur Schule fuhr, erfüllte ich mein Herz mit Liebe zu Gott und Seiner zärtlichen Fürsorge für alle Seine Kinder. Ich brachte alle anderen Gedanken zum Schweigen, damit ich ausschließlich die Weisungen der göttlichen Liebe vernehmen konnte.
Als ich in der Schule ankam, war die Situation viel schlimmer, als ich es mir hätte vorstellen können, und ich begann fürchterlich zu zittern. Lucas war nicht ganz beisammen. Ich brauchte Hilfe, um ihn ins Auto zu setzen. Ich sagte ihm immer wieder, daß alles gut sei, daß er ganz in Ordnung sei. Ich sagte dies in dem Bewußtsein, daß der Mensch Gottes geliebtes Kind ist, immer in Seiner Fürsorge geborgen. Als Lucas im Wagen saß, sagte er: „Mama, ich weiß, daß Gott Liebe ist und daß Er alle meine Schritte lenkt.“ Dann wurde er bewußtlos. Mit jedem seiner Worte hatte er Liebe und Frieden zum Ausdruck gebracht. Ich wußte, daß er die Gegenwart Gottes gespürt hatte und daß auch ich sie fühlen konnte. Ich wurde sofort ruhig und hörte auf zu zittern.
Zu Hause rief ich eine christlich-wissenschaftliche Pflegerin an und bat sie zu kommen. Als sie bei uns eintraf, hatte Lucas bereits beachtliche Fortschritte gemacht. Sie blieb eine Weile bei uns, versorgte Lucas und sprach mit uns; sie verbreitete viel Ruhe und Frieden. Meinen Angehörigen, von denen keiner Christlicher Wissenschafter ist, bedeutete es sehr viel, daß unsere Kirche so liebevoll für alle ihre Mitglieder sorgt.
Lucas machte weiterhin schnelle Fortschritte. Noch am selben Abend nahm er eine ausgiebige Mahlzeit zu sich. Am folgenden Montag (der Vorfall hatte sich an einem Donnerstag ereignet) ging er wieder zur Schule; er hatte lediglich ein blaues Auge. Auch dies heilte schnell, und es zeigten sich keine Nachwirkungen.
An dem Montag, an dem Lucas wieder zur Schule ging, rief die Polizei an und sagte, daß sie ziemlich genau wüßten, wer meinen Sohn angegriffen hatte. Der Polizist fügte jedoch hinzu, sie könnten nichts in der Sache unternehmen, weil niemand die Angreifer eindeutig identifizieren wollte. Ich bedankte mich höflich, doch innerlich kochte ich. Ich war wütend auf ihn, die Zeugen, die Schule, einfach auf jeden. Und was noch schlimmer war, ich glaubte, daß meine Wut gerechtfertigt war.
Menschlich gesehen, war es eine verständliche Reaktion. Aber tief im Innern, als Christin, wußte ich es besser. Ich war mir sehr wohl bewußt, daß Jesus uns in der Bergpredigt (Matthäus) nahelegt, unsere Feinde zu lieben. Die Wissenschaft des Christentums war zur Hand. Es lag an mir, sie anzuwenden, zu leben. Es lag auf der Hand, daß der einzige richtige Weg der christliche war.
Ich bat eine Ausüberin der Christlichen Wissenschaft um gebetvolle Unterstützung. Ich erzählte ihr kurz, was passiert war und wie wütend ich war. Im Laufe des Gesprächs zitierte sie folgende Stelle aus dem Römerbrief: „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“
Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, ging ich wie auf Wolken — etwa zehn Minuten lang. Ich dachte: „ ,Die Rache ist mein.' Das bedeutet, daß Gott die Jungen für mich strafen wird! Allen Ärger, den ich ihnen machen könnte, verblaßt, verglichen mit dem, was Gott ihnen antun könnte.“ Doch bald kam mir ganz deutlich folgender Gedanke: „Aber Gott ist nur Liebe. Er würde niemals jemandem aus irgendeinem Grund etwas Schlechtes schicken.“ Ich wußte, daß die Ausüberin mir half, genau das zu erkennen.
Gleich danach kam mir ein weiterer Gedanke, und zwar aus Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy: „Zu allen Zeiten und unter allen Umständen überwinde Böses mit Gutem.“ Nicht „zu allen Zeiten“ außer, sondern „zu allen Zeiten“. Ich überlegte: „Bedeutet das, daß ich diese Kerle lieben muß? Das ist nicht menschenmöglich!“ Und da ging mir ein Licht auf. Natürlich war es nicht menschenmöglich — aber durch Gott, die Macht des Guten, war es möglich. Allein die göttliche Liebe konnte volle Erlösung von dieser schrecklichen Wut bringen.
Ich betete, daß Gott jeden meiner Gedanken läutern möge. Ich schwor, alles loszulassen, was nicht von Gott kam. Wenn ich Wut, Haß oder Selbstgerechtigkeit in mir aufsteigen fühlte, hielt ich einfach inne und war ganz ruhig. Tief im Herzen fühlte ich das ehrliche Verlangen, Gott, das Gute, zum Ausdruck zu bringen.
Innerhalb weniger Tage war ich völlig frei. Wenn ich jetzt auf den Vorfall zurückschaue, denke ich an all das geistige Wachstum, das sich vollzog. Ich bin auf niemanden böse. Ich verstehe jetzt, wieviel Disziplin es erfordert, ein wahrer Christ zu sein; aber unsere Bemühungen werden reich belohnt. Ich bin Gott für Christus Jesus und seine treue Nachfolgerin, Mrs. Eddy, unendlich dankbar.
Flint, Michigan, USA
Nachdem ich verprügelt worden war, kam ich ins Sekretariat der Schule, wo ich das Blut abwusch. Ich schaute in den Spiegel und sah, daß meine Augen stark geschwollen waren. Dann dachte ich: „In Wirklichkeit bin ich das Bild und Gleichnis Gottes. Ich bin Seine geistige Widerspiegelung. Da Er vollkommen ist, bin ich als Sein Gleichnis vollkommen.“ Meine Mutter kam und holte mich ab.
In der Woche darauf ging ich wieder zur Schule; ich hatte nur noch ein blaues Auge. Niemand kannte die Burschen, die mich geschlagen hatten. Aber ich hasse sie nicht. Als Jesus am Kreuz hing, sagte er: „Bitte vergib ihnen, sie wissen ja nicht, was sie tun“ — oder so ähnlich. Genau das dachte ich, und das denke ich immer noch.
