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Vorurteile überwinden

Aus der Oktober 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In Dem 1949 herausgekommenen Musical South Pacific von Rodgers und Hammerstein singt Lautnant Cable im Zorn: „Gut erzogen werden muß man.“ Es ist ein Lied darüber, wie man von Kindheit an zu Vorurteilen, Haß und Furcht jenen gegenüber erzogen wird, die anders sind als wir. Die Liebe des Leutnants zu Liat, einem polynesischen Mädchen, ist groß; doch trotz seiner Liebe ist er ein Gefangener seiner Erziehung. Er wurde so „gut“ erzogen, daß er Angst hat, Liat seiner Familie vorzustellen.

Man braucht nur kleine Kinder beim Spielen zu beobachten, um die Empfindungen zu verstehen, von denen dieses Lied spricht. Soziale, kulturelle, rassische und ökonomische Unterschiede bedeuten Kindern nichts, bis sie das Gift der Vorurteile in sich aufnehmen.

Können voreingenommene und intolerante Erwachsene sich jemals ändern? Natürlich können sie das! Und diejenigen, die hassen — können sie jemals lernen, vorbehaltlos zu lieben? Absolut! Die Lehren des Neuen Testaments machen deutlich, daß dies möglich ist.

Die erlösende Macht des Christus — des göttlichen heilenden Einflusses, den Jesus in seinem Leben und Werk veranschaulichte — ist unparteiisch. Zur Zeit des Neuen Testaments machte Christus, Wahrheit, aus Sündern Jünger. Er verhalf einer verworfenen Frau zu einem moralischen Lebenswandel und einem ungerechten Zöllner zu einem Leben als redlicher gerechter Bürger. Siehe Lk 7:36–50; Lk 19:1–10.

Christi Jesu Liebe schloß alle ein. Er verstand, daß Gott — die göttliche Liebe — uneingeschränkt für jedes Seiner Kinder sorgt und daß das wahre Selbst des Menschen das unbegrenzte geistige Ebenbild Gottes ist. Gottes Kind definiert sich also nicht durch soziale Stellung, Rasse oder Nationalität. Jesus bewies das während seines ganzen öffentlichen Wirkens. Er zeigte uns, daß sich niemand außerhalb der uneingeschränkten, für alle gleichermaßen verfügbaren Segnungen der Liebe Gottes befindet.

Wie können wir es unserem Wegweiser nachtun und ebenso unvoreingenommen lieben und heilend wirken? Wichtig ist zunächst einmal, daß wir unsere kindliche Unschuld kultivieren. Jesus sagte: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“ Mt 18:3. Um wie ein kleines Kind zu werden, müssen wir bereit sein, Vorurteile über andere aufzugeben und wieder die Unschuld und das bedingungslose Vertrauen für uns in Anspruch zu nehmen, die wir einst hatten. Stereotype müssen aufgegeben und Eigensinn muß durch Demut und selbstlose Liebe ersetzt werden.

Das Ebenbild Gottes ist nicht materiell, nicht in Kategorien wie schwarz, rot, weiß, gelb oder braun, reich oder arm, gebildet oder ungebildet eingeteilt. Wir müssen erkennen, daß der Ursprung des Menschen in Gott, Geist, liegt. Wir begrenzen einander, wenn wir nicht tiefer schauen als auf eine nationale oder kulturelle Zugehörigkeit. Gott schuf nur einen Menschen: Sein geistiges Bild, das universale Liebe ausdrückt. Daher haben rassische und kulturelle Vorurteile keinen Raum in Seinem Reich.

Die Worte des Paulus an die Kolosser geben uns einen Hinweis auf die geistige Wirklichkeit des Menschen, die wir in unserem Leben immer mehr zum Ausdruck bringen müssen. Er fordert sie auf, als Nachfolger Christi Charakterzüge wie Zorn und Unlauterkeit abzulegen, da sie ja „den alten Menschen mit seinen Werken ausgezogen“ hätten „und den neuen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat“. In diesem neuen Menschen „ist nicht mehr Grieche oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Sklave, Freier, sondern alles und in allen Christus“. Darüber hinaus sollen sie als Repräsentanten Gottes barmherzig, freundlich, demütig und tolerant sein. Sie sollen „das Wort Christi“ in sich wohnen lassen. Alles, was sie tun, sollen sie „im Namen des Herrn Jesus [tun] und. .. Gott, dem Vater, durch ihn“ danken. Siehe Kol 3:9–17.

Rassismus und Intoleranz haben ein zähes Leben, aber sie sind zum Untergang verurteilt, weil ihnen eine geistige Grundlage fehlt; und was sich nicht auf Christus oder Wahrheit gründet, kann nicht bestehen. Vorurteile vergehen vor der Erkenntnis der Wahrheit über den Menschen — den von Gott geschaffenen Menschen, der untrennbar ist von seinem Schöpfer.

Meine erste Belehrung über das Übel rassischer Intoleranz erhielt ich durch den Herausgeber einer Zeitschrift mit dem Titel Negro Traveler (Der schwarze Reisende). Der einzige Zweck dieser Zeitschrift war es, Amerikaner afrikanischer Abstammung (oder Neger, wie sie damals genannt wurden) über Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants zu informieren, in denen sie bedient wurden. Da ich aus so ganz anderen Verhältnissen kam, konnte ich kaum nachfühlen, was der Herausgeber empfunden haben mußte, wenn er über die Schwierigkeiten berichtete, denen die Menschen infolge der Rassendiskriminierung auf Reisen begegneten. Aufgrund meiner Erziehung stand ich den Ursachen solcher Intoleranz völlig unvorbereitet gegenüber.

Als ich das Studium der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjen s’aiens) aufnahm, lernte ich, daß der starke Einfluß des Rassismus auf das menschliche Denken im Grunde auf eine falsche Vorstellung vom Ursprung und Wesen des Menschen zurückzuführen war. Niemand würde bestreiten, daß wir körperliche Sterbliche zu sein scheinen, die in die Materie hineingeboren werden, in ihr reifen und aus ihr heraussterben — Sterbliche, die fast ausschließlich physisch definiert sind. Doch unser wahres Selbst ist sehr viel mehr als das. Nur durch die wachsende Erkenntnis, daß der Mensch tatsächlich geistig ist, das Ebenbild Gottes, kann der Rassismus zerstört werden.

Kurz nachdem ich eine eigene Maklerfirma gegründet hatte, wurde meine Festigkeit dem Rassismus gegenüber unerwartet auf die Probe gestellt. Eine Hauseigentümerin reagierte besorgt, als ich ihr telefonisch mitteilte, daß ich jemandem ihr Haus zeigen wollte. Sie glaubte, der potentielle Käufer könne ein Schwarzer sein, den sie hatte vorbeifahren sehen. Da ich mit dem Kunden nur am Telefon gesprochen hatte, kannte ich seine Rasse nicht und hatte mich einfach mit ihm an dem Haus verabredet, das zum Verkauf stand.

Dieser Dame hatte man „beigebracht“, keine schwarze Person in ihr Wohnviertel einzulassen. Sie war in einem Vorort einer großen Stadt aufgewachsen, wo die Rassenintegration nicht hatte Fuß fassen können. Als Kind war sie Zeugin heftiger Rassenunruhen geworden, die sich an dieser Frage entzündet hatten. So bestand sie jetzt hartnäckig darauf, ihre Nachbarn „zu schützen“.

Damals gab es noch keine Gesetze oder Gerichtsentscheidungen, die Diskriminierung verboten, und ich war gesetzlich verpflichtet, die Hauseigentümerin zu vertreten. Auch war ein oder zwei Jahre vorher ein Maklerkollege zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in einer Gegend die „Rassenschranken“ durchbrochen hatte. Und kurze Zeit vorher hatte sich ein anderer Makler öffentlich entschuldigt, weil er in einem weißen Wohnviertel den Verkauf eines Hauses an einen Schwarzen vermittelt hatte. Trotzdem wußte ich, daß ich keinen Beitrag zur Rassendiskriminierung leisten konnte. Auch konnte ich mich nicht dafür entschuldigen, daß ich etwas tat, von dem ich wußte, daß es vor Gott richtig war.

Ich schaute über das äußere Bild hinaus und erkannte, daß die Kunden, die möglicherweise eine schwarze Familie waren, die Hauseigentümerin, die zur Diskriminierung entschlossen schien, und meine Maklerkollegen alle in Wirklichkeit Gottes Kinder waren. Wenn auch alle Kinder Gottes individuell verschieden sind, so hat Gott doch nicht verschiedene Arten von Kindern. Es gibt nicht „Sklaven“ oder „Freie“ in Seiner Familie. Alle haben einen Ursprung, den göttlichen Geist, und alle bringen die unvoreingenommene Liebe Gottes zum Ausdruck.

Mir kam in den Sinn, die Dame zu bitten, dabei zu sein, wenn ich mich mit dem Käufer an ihrem Haus traf, so daß sie ihre Einwände direkt vorbringen könnte. Es stellte sich heraus, daß der Käufer schwarz war, und sie sagte ihm ohne Umschweife, warum er ihr Haus nicht besichtigen könne.

An diesem Punkt begann die Umerziehung dieser Frau. Der Mann antwortete ihr ruhig und liebevoll. Bald ließ sie ihn ihr Haus besichtigen — lediglich, um ihm „Vergleichsmöglichkeiten“ zu geben. Sie war noch immer fest entschlossen, ihre Nachbarn zu „schützen“. Es zeigte sich, daß das Haus genau das war, was die Familie dieses Mannes brauchte.

Ein Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft bildete die Grundlage meines Gebets, das zur Heilung der Situation beitragen sollte. Die Worte dieses Liedes sind aus dem Gedicht „Zufriedenheit“ von Mary Baker Eddy, der Entdeckerin und Begründerin der Christlichen Wissenschaft und Verfasserin des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Die Eingangsstrophe bestätigte meine Überzeugung, daß es allein wichtig ist, Gott zu dienen:

Ganz einerlei, welch Los dir sei,
So Liebe lenkt;
Ob Sonnenschein, ob Sturm — allein
Gott Frieden schenkt.

Wenn ich Gott diente, konnten die Folgen meines Handelns alle Beteiligten nur segnen.

Als Kind Gottes, so erkannte ich, hatte ich keine andere Wahl, als die göttliche Liebe auszudrücken. Und das bedeutete, daß ich nicht nur selbst der Diskriminierung und Intoleranz eine Absage erteilen mußte, sondern daß ich auch anderen helfen mußte, die Richtigkeit und Freude eines solchen Handelns zu erleben. Ich konnte nicht akzeptieren, daß der Rassismus für andere natürlich war, für mich jedoch nicht. Ich konnte nicht zweigleisig argumentieren. Da in Gottes Schöpfung kein Rassismus existiert, herrscht er in Wirklichkeit in keinem Seiner Kinder. Das Eintreten für diese Wahrheit konnte auch nicht bestraft werden.

Der dritte Vers enthielt eine Verheißung. Es heißt dort:

Weich, dunkler Sinn, und fahr dahin —
Nicht gottgesandt!
Furcht unterliegt, und Wahrheit siegt,
Wenn voll erkannt.

Dies gab mir Zuversicht. Ich war überzeugt, daß Gott, Wahrheit, die unbegründeten Ängste zunichte machen würde. Der Lauf der Ereignisse in der folgenden Woche bestätigte das. Der potentielle Käufer sprach mehrere Male mit der Hauseigentümerin, und ein gegenseitiges Verständnis entwickelte sich. Zusätzlich bestätigten ein anerkannter Schätzer und ein in Grundstücksfragen erfahrener Anwalt meine eigene Beobachtung, daß ein Verkauf an eine schwarze Familie den Marktwert der Nachbarhäuser nicht senkt. Überdies wiesen zwei Freunde der Hauseigentümerin sie zurecht, als sie ihnen erzählte, welch gute Tat sie vollbringe, indem sie eine schwarze Familie aus ihrem Viertel heraushalte. Auch glaubte sie meinen Zusicherungen bezüglich der Grundstückswerte, weil ich ihr erläuterte, daß ich selber in diesem Viertel wohnte und auch erheblichen Schaden erlitte, wenn ich unrecht hätte.

Am Ende der Woche erklärte sich die Eigentümerin bereit, an die Familie zu verkaufen, und unterzeichnete einen Vertrag. Das Geschäft kam im normalen zeitlichen Rahmen zum Abschluß. Die Familie wurde von den Nachbarn akzeptiert, und natürlich gab es keine negativen Auswirkungen auf die Grundstückswerte.

Die vierte Strophe des Liedes „Zufriedenheit“ gab mir Rückhalt bei meinen Gebeten während und nach der Abwicklung des Verkaufs. Sie lautet:

Lieb’ löset dich und hebet mich
Aus Haß und Fall
Ins Lebenslicht, wo Weisheit spricht
Von Gott, dem All.

Wie sich herausstellte, hatte der Haß uns oder unsere Tätigkeit nicht in seinem Bann halten können.

In den folgenden Jahren half unsere Firma vielen Familien, Häuser in Wohnvierteln zu finden, die ihnen vorher nicht offenstanden. Obwohl ich nicht sagen kann, daß der Rassismus verschwunden wäre, so gab es doch Fortschritte, Langgehegte Vorurteile wurden abgebaut. In dieser Zeit bewies sich die Wahrheit der Worte: „In Ihm stets find, o Gotteskind, / Zufriedenheit“ Liederbuch, Nr. 160., wie es im Schlußvers des Liedes heißt.

Gott ist unser Vater-Mutter, unser Alles-in-allem. Wenn wir zuallererst Ihm dienen und immer mehr danach streben, die geistige Wirklichkeit der Schöpfung zu erkennen, werden wir Frieden finden und größeren Erfolg haben. Dabei wird auch unsere Liebe zu anderen größer, ungeachtet offenkundiger rassischer oder kultureller Unterschiede.

Die Umwandlung des menschlichen Denkens mag langsam vor sich gehen, aber sie kommt mit Sicherheit, denn die Macht Gottes, der Wahrheit, ist absolut.

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