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Freundschaft und Partnerschaft

Aus der Juli 1993-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Anmerkung Der Redaktion: Wir erhalten oft Anfragen zum Thema Freundschaft, Partnerschaft und Ehe — ein nicht gerade einfaches Thema in den neunziger Jahren. Das folgende Gespräch geht auf einige Fragen ein, die von unseren Lesern aufgeworfen wurden. Der geschäftsführende Redakteur unterhielt sich mit dem Ehepaar und .

Mit welchen Aspekten von Freundschaft und Partnerschaft haben Sie sich näher auseinandergesetzt, bevor Sie beide sich kennenlernten?

Michael: Ich habe mir viel Gedanken über meine Motive gemacht. Ich hatte nicht so viele Freundschaften wie Julie, aber ich suchte auf jeden Fall eine Partnerin. Und ich glaube, der Hauptpunkt für mich war: Will ich etwas bekommen, oder will ich etwas geben?

Aber die gängige Auffassung ist doch: Man muß den passenden Partner finden, und beide werden eins. Sind die Menschen auf der Suche nach den Eigenschaften, die sie in ihrem Leben erfahren möchten?

Julie: Ich bin nicht sicher, wie viele Leute dabei an Eigenschaften denken. Manche tun es, aber ich glaube, andere fühlen sich einfach unvollständig und möchten etwas bekommen, weil sie einen Mangel spüren. Sie suchen nicht unbedingt einen Ehepartner, aber mit Sicherheit etwas außerhalb ihrer selbst, was sie gern hätten: Glück, das weitgehend mit einem Partner verbunden wird.

Michael: Stimmt. Die Redensart „meine bessere Hälfte“ ist unter Verheirateten weit verbreitet, aber es ist hilfreich, sich selbst als vollständig zu sehen, nicht als eine Person, die jemand — oder etwas — anderes braucht, um vollständig zu sein.

Julie: Ein Sterblicher fühlt sich nie vollständig, aber der Mensch als die geistige Widerspiegelung Gottes immer, und je klarer wir erkennen, daß wir dieser Mensch sind, um so mehr spüren wir die geistige Fülle. Ich sprach einmal mit jemandem über vollständigkeit, und der Betreffende sagte: „Aber wenn ich bete, um meine geistige Vollständigkeit zu verstehen, werde ich ganz allein bleiben, denn dann brauche ich ja niemanden mehr!“ Vollständigkeit heißt nicht, daß man sich in sich selbst zurückzieht und von allem abkapselt oder sich auf eine Wolke setzt und sagt: „Ich bin vollständig, ich brauche überhaupt nichts.“ Das ist der sterbliche Begriff von Vollständigkeit — mit Grenzen und Zäunen —, nicht die Unendlichkeit des Geistes. Wahre Vollständigkeit heißt, von diesem Reichtum an Gutem, das von Gott kommt, abgeben zu können — das Gefühl zu haben, daß man etwas von Ihm hat, das zu anderen hinausströmt. Christus Jesus hatte so viel zu geben; und die Leute folgten ihm scharenweise nach.

Glauben Sie, daß Jesus auch deswegen Zeit mit den Leuten verbracht hat, weil er Gesellschaft brauchte? Suchte er auch etwas bei ihnen, was ihm in seinem eigenen Leben fehlte?

Julie: Nein, er sprach immer von seinem Einssein mit dem Vater. Er sprach davon, daß der Vater ihm so viel näher war, als irgendein menschliches Wesen es je sein konnte, und aus diesem Gefühl der Einheit mit Gott heraus konnte er der ganzen Menschheit eine immense Liebe geben.

Michael: Er brauchte auch gelegentlich Zeit für sich selbst. Er zog sich zurück. Alleinsein ist also nicht unbedingt etwas Schlechtes. Wir brauchen das manchmal auch.

Julie: Es ist interessant nachzuschlagen, was Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Begründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’stjen s’aiens), über die Begriffe allein, Einsamkeit und einsam sagt. Ich entdeckte erstaunt, wie positiv diese Worte sein können, ja sogar das Wort einsam, so zum Beispiel, wenn Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift schreibt: „Der einsame Bereich der Gruft gewährte Jesus eine Zuflucht vor seinen Feinden, eine Stätte, wo er das große Problem des Seins lösen konnte.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 44. Diese drei Tage Einsamkeit waren eine unbezahlbare Gelegenheit.

Welche Rolle spielen dann Freundschaft und Partnerschaft?

Julie: Kurz bevor wir uns zum erstenmal begegneten, machte Michael eine Erfahrung, die eigentlich dazu führte, daß wir uns näher kennenlernten. Sie zeigt unter anderem, daß eine noch so geringe Erkenntnis unserer Vollständigkeit Erfüllung bringt, ob wir nun allein bleiben oder heiraten.

Michael: Ja. Ich war sehr in ein Mädchen verliebt, aber sie liebte mich nicht, und das machte das Leben ein bißchen schwierig! Der Wendepunkt kam, als ich eine Arbeit zu tun hatte, die mir viel Zeit zum Beten ließ. Mir fiel eine Stelle aus dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft ein, wo Mrs. Eddy sagt: „Geist, Gott, sammelt ungeformte Gedanken in ihre geeigneten Kanäle und entfaltet diese Gedanken, so wie Er die Blütenblätter eines heiligen Vorsatzes öffnet, damit der Vorsatz erscheine.“ Ebd., S. 506. Ich sah ein, daß alle wahrhaft selbstlose Zuneigung von Gott kommt und daß jede sogenannte Zuneigung, die lediglich sterblich oder ichbezogen ist, von vornherein keine Substanz hat. So konnte ich erkennen, daß echte Zuneigung ihren Ursprung nicht in mir persönlich hat. Ich konnte sie als Teil der göttlichen Zuneigung sehen, indem ich sie in einen größeren Zusammenhang stellte und verstand, daß solch eine geistig angeregte Zuneigung wahre Liebe, wahre Befriedigung ist. Ich konnte Gott all meine Zuneigung — jede gute Zuneigung — anvertrauen, und Er würde sie in ihre geeigneten Kanäle sammeln. Und das befreite mich wirklich ungemein. Wahre Liebe ist nicht an ein bestimmtes Objekt gebunden. Jede Liebe, die ein körperliches Objekt braucht, ist begrenzt. Sie ist nicht wirklich selbstlos.

Also erkannten Sie Gott als die Quelle selbstloser Zuneigung und verließen sich dann darauf, daß diese Quelle den Ausdruck der Liebe in einer Weise lenkte, die nicht nur Sie, sondern alle Menschen segnen würde?

Michael: Genau. Ich vertraute darauf, daß Gott sich um alles kümmerte, was rein und gut war — uns was nicht rein und gut war, würde Er von mir nehmen. Ichbezogenheit, Unreinheit — diese Gedanken gehören sowieso nicht zu mir. Und in diesem Moment geistigen Erwachens wurde es so licht! Alles Unglücklichsein war verflogen.

Julie: Und ungefähr einen Monat später lernten wir uns kennen. Ich erkannte bestimmte Eigenschaften an ihm. Irgendwie war es die am meisten auf geistige Werte gegründete Zuneigung, die ich je empfunden hatte, denn ich sah dieses geistige Glück, das er ausstrahlte, die Gute und Liebe.

Ich hatte mich mit dem Kapitel „Ehe“ in Wissenschaft und Gesundheit beschäftigt — nicht weil ich einen Ehepartner suchte, denn das tat ich nicht. Mir war meine Karriere Wichtiger, aber ich sehnte mich doch nach bestimmten Eigenschaften in meinem Leben (und ich hatte eine Reihe höchst lehrreicher Fehler in meinen Freundschaften gemacht. Ich hatte feste Freunde gehabt, seit ich dreizehn war). Obwohl sich andere über mich lustig machten, sah ich mehr und mehr, wie wunderschön bestimmte Eigenschaften sind, wie zum Beispiel Unschuld und Aufrichtigkeit. Ich wollte jemanden, der mich verstand, und auf einmal erkannte ich: „Gemüt, Gott, versteht mich.“ Auf Seite 57 erwähnt Mrs. Eddy in bezug auf Beziehungen zwischen den Geschlechtern vier Adjektive und drei Substantive: „liebevoll, rein, gütig und stark“ und „Verstand, Güte und Tugend“. Sie gefielen mir sehr, und ich machte sie in meinem Denken zu meinem ständigen Begleiter. Doch wenn man zu dem Schluß gekommen ist, daß Geistigkeit natürlicher ist als Materialität oder Körperlichkeit, steht man häufig noch vor einem anderen Problem, nämlich daß es anscheinend nur so wenige andere Menschen gibt, die ähnlich empfinden.

Michael: „Und wie soll ich die bloß finden?“

Julie: Ja, man meint: „Statistisch gesehen gibt es praktisch niemanden, der die Dinge so sieht wie ich.“ Aber Güte und Reinheit sind Eigenschaften Gottes; sie haben nichts mit Statistiken zu tun. Wir beschäftigen uns mit geistigen Eigenschaften, die immer gegenwärtig sind, und Gott bringt diese Eigenschaften immer genau dort hervor, wo wir uns gerade befinden. Wir mögen umziehen, Veränderungen in einer Beziehung erleben, jemand Neues treffen — doch diese Eigenschaften kommen immer von Gott, und sie sind immer vorhanden; sie sind nicht von der Materie begrenzt und hängen nicht von Sterblichen ab.

In dem bereits erwähnten Kapitel über die Ehe sagt Mrs. Eddy: „Die Vereinigung der männlichen und weiblichen Eigenschaften bildet Vollständigkeit.“ Ebd., S. 57. Sie sagt nicht: die Vereinigung männlicher und weiblicher Sterblicher, sondern „Eigenschaften“. Diese Eigenschaften sind genauso gegenwärtig wie Gott — in unbegrenzter Fülle.

Julie: Aber es gibt noch etwas anderes, was bei Beziehungen eine Rolle spielt, nämlich die Sorge, wie man sich der anderen Person verständlich machen kann — ob es nun um das Erklären von Gefühlen, um Geschmacksfragen, Religion, Moralvorstellungen oder was auch immer geht. Man hört: „Also, ich habe folgende Einstellung zu — sagen wir in diesem Fall: Religion. Doch mein Freund bzw. meine Freundin sieht es anders, und ich kann ihm oder ihr offenbar meine Gefühle nicht gut genug verständlich machen.“ Aber jades bißchen, das man bereits vom Guten versteht, ist groß genug, um die göttliche Macht hinter sich zu haben. Und das, was man nicht sagt, kann man immer Gott anvertrauen, damit Er es entfaltet. Damit kommen wir zurück auf die Tatsache, daß Gott sich uns allen mitteilt — nicht nur einigen von uns, die einer bestimmten Religion angehören.

Der zweite Teil dieses Interviews erscheint im September-Herold.

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