Eine Lehrreiche Begebenheit, die im Johannesevangelium wiedergegeben wird, ist Christi Jesu Heilung eines Mannes, der 38 Jahre lang krank gewesen war. Der Mann lag am Teich Betesda und hoffte, einmal zur rechten Zeit in den Teich steigen zu können, um geheilt zu werden. Ehe Jesus den Mann heilte, stellte er ihm eine recht überraschende Frage: „Willst du gesund werden?“ Joh 5:6. Bevor ich die Christliche Wissenschaft kennenlernte, konnte ich nicht verstehen, warum Jesus ihn das fragte. Wie konnte Jesus Zweifel haben an dem Wunsch des Mannes, geheilt zu werden?
Erst durch die Christliche Wissenschaft erkannte ich, daß seine Frage eine tiefere Bedeutung hatte. So wie ich die Stelle las, konnte sie bedeuten: „Bist du bereit, ein anderer Mensch zu werden? Bist du bereit, die alte Denk- und Handelsweise aufzugeben, um geheilt zu werden?“
Auch uns sollte bei unserer Suche nach Heilung klar sein, daß die physische Wiederherstellung nicht alles ist, was benötigt wird. Wir sollten erkennen, daß unser Denken, unsere Anschauungen und unser moralisches Verhalten ebenfalls in Betracht gezogen werden müssen.
Ich möchte dies an einer eigenen Erfahrung erläutern. Als mein Schwiegersohn sich von meiner Tochter trennte und sie mir das telefonisch mitteilte, ging ich sofort zu ihr. Sie hatte sich durch Lesen im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy, einigermaßen gefaßt. Etwas später am Tag sagte ihre Schwiegermutter zu mir: „Das hat deine Tochter niemals verdient.“ Und obgleich mir klar war, daß weder mein Schwiegersohn noch meine Tochter die alleinige Schuld trug, blieben in meinem Denken die Worte haften: „Das hat deine Tochter niemals verdient.“ Mitleid, Selbstbedauern und Verdammung ergriffen immer mehr Besitz von mir.
Einige Tage darauf lag ich mit einem stark entzündeten Bein und hohem Fieber darnieder. Die Gebete der hinzugezogenen Ausüberin der Christlichen Wissenschaft heilten das Fieber sofort, aber das Problem mit dem Bein erforderte mehr Gebet. Am fünften Tag schlug mir die Ausüberin vor, Lieder aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft zu singen. Die Worte der Lieder und das Singen selbst erhoben mein Denken, und ich erkannte, daß meine Gedanken über die Situation meiner Tochter in die falsche Richtung gegangen waren. Sowie mir dies klar wurde, waren die verletzten Gefühle, die ich gehegt hatte, geheilt. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte, stellte ich fest, daß mein Bein vollkommen geheilt war.
Mir machte diese Erfahrung deutlich, wie wichtig die Bereitschaft ist, unser Denken und Handeln zu prüfen, um zu sehen, inwieweit es mit der göttlichen Wahrheit übereinstimmt. Mrs. Eddy sagt in Wissenschaft und Gesundheit: „Steh Wache an der Tür des Denkens. Wenn du nur solche Schlüsse zugibst, wie du sie in körperlichen Resultaten verwirklicht zu sehen wünschst, dann wirst du dich harmonisch regieren.“ Und sie fügt hinzu: „Ist die Bedingung vorhanden, die deiner Meinung nach Krankheit herbeiführt, sei es Luft, Anstrengung, Erblichkeit, Ansteckung oder Unfall, so walte deines Amtes als Wächter und schließe diese ungesunden Gedanken und Befürchtungen aus.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 392. Das fordert von uns, daß wir Gott als den einzigen Gesetzgeber und die einzige Macht anerkennen — und zwar die des Guten. Die Erkenntnis, daß Gott das unendliche Gute ist, sollte in uns unerschütterliches Vertrauen auf Seine heilende Macht erwecken.
Machen wir uns doch die geistigen Tatsachen bewußt, die ihre Grundlage in der Bibel haben — nämlich daß Gott Alles-in-allem ist, daß Er Geist ist, der einzige Schöpfer, das einzige Gemüt, die einzige Wahrheit und Liebe, und daß Er den Menschen zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat. Dieser Mensch — die Idee Gottes — kann nur geistig sein, weil Geist nicht sein Gegenteil, Materie, schaffen kann. Wenn also der Körper — das heißt der äußerlich sichtbare Bewußtseinszustand — nicht in Ordnung ist, dann sollten wir nicht lediglich versuchen, einen materiellen Zustand zu verändern. Um vollständig geheilt zu werden, müssen wir unsere Denkweise ändern; wir müssen unser geistiges, vollkommenes Sein als Gottes Gleichnis anerkennen und uns energisch dem widersetzen, was die materiellen Sinne uns als den Zustand des Menschen darstellen.
Ein Vortragender der Christlichen Wissenschaft erklärte dies einmal sehr klar. Er sagte ungefähr folgendes: Wenn die Bilder eines Fernsehapparates nicht deutlich sind, so nützt es nichts, am Bildschirm etwas ändern zu wollen. Wir müssen den Fehler in der Apparatur suchen, die die Bilder produziert.
Wie können wir aber die Fehler, die wir begangen haben, aus unserem Leben auslöschen? Indem wir demütig anerkennen, daß sie nie Teil unseres wahren Seins waren. Natürlich reicht es nicht, Fehler oberflächlich zu leugnen. Wahre Umwandlung verlangt, daß wir über unsere Gedanken wachen, um darauf zu achten, daß sie gottähnlich sind, und daß wir unser Verhalten ändern, indem wir Eigenschaften wie Sanftmut, Ehrlichkeit, Dankbarkeit und Mitgefühl zum Ausdruck bringen.
Wir alle wollen gesund sein. Wir sollten nicht zögern, auf die Frage „Willst du gesund werden?“ zuversichtlich zu antworten: „Ja, ich will mich bemühen, ein besserer Mensch zu werden, von Gott neu geboren zu werden und mein wahres Sein als Gottes geistiges Gleichnis zum Ausdruck zu bringen.“ Eine positive Antwort auf diese Frage ist entscheidend für die Heilung.
 
    
