Für Die Bibellektionen Vom August 1994
Jede Lektionspredigt, die im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft — Bibellektionen veröffentlicht wird, bildet eine Einheit. Die Bibelzitate (nach der Lutherbibel, revidierte Ausgabe 1984) werden durch Stellen aus dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, bestätigt und erklärt. Der Herold der Christlichen Wissenschaft veröffentlicht verschiedene Anmerkungen und Kommentare, um den Lesern die vielseitigen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie selbst weiterforschen können.
7. August
Geist
Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, daß wir Gottes Kinder sind. (Röm 8:14,16)
Paulus wählte hier eine Metapher, um die neue Beziehung des Menschen zu Gott zu erläutern: Durch Christi Lehre erkennen die Christen die Gotteskindschaft und „werden“ zu Gottes Kindern. Barclay sagt: „Nur wenn wir uns klarmachen, wie schwierig die Adoption bei den Römern war, werden wir den Sinn dieses Abschnitts in seiner ganzen Tiefe erfassen.“ In Rom galt damals die patria potestas, die väterliche Gewalt, die sich auf die ganze Familie erstreckte und sogar Gewalt über Leben und Tod bedeutete. Barclay berichtet darüber, daß jemand, der adoptiert werden wollte, aus dem Besitz und der Gewalt seines leiblichen in den Besitz seines Adoptivvaters übergehen mußte. Während einer mancipatio (einem symbolishen Verkauf) verkaufte der Vater seinen Sohn zweimal und kaufte ihn zweimal zurück. Nach diesem symbolischen Akt wurde der Sohn ein drittes Mal verkauft, und bei diesem Verkauf blieb es dann. Damit galt die patria potestas als unterbrochen. In einer vindicatio genannten Zeremonie ging der Adoptivvater zum praetor, einem römischen Beamten, und beantragte offiziell, daß die zu adoptierende Person seiner patria potestas unterstellt werde. Erst wenn das alles erfolgt war, galt die Adoption als abgeschlossen.
Paulus dachte bei der Wahl des Bildes der Gotteskindschaft an die tiefgreifenden Konsequenzen einer damaligen Adoption: Die adoptierte Person verlor nicht nur alle Rechte der alten Familie, sondern auch alle Schulden. Das Leben vor der Adoption galt als völlig ausgelöscht. Der Adoptierte war vor dem Gesetz ein neuer Mensch, buchstäblich ein neuer Sohn seines Adoptivaters, der damit alle Rechte an seiner neuen Familie erworben hatte.
Mit Bezug auf Vers 14 des Römerbriefes weist Barclay darauf hin, daß für die Adoption sieben Zeugen erforderlich waren, die bei evtl. Streitigkeiten die Adoption beschwören mußten. Barclay kommt zu dem Schluß: „Paulus sagt also, der Heilige Geist selbst bezeuge, daß wir Kinder Gottes seien. Wir ersehen daraus, für wie wichtig Paulus jede Einzelheit der römischen Adoption im Hinblick auf die Übertragung dieses Bildes auf unsere Adoption durch Gott hält. ... Das alte Leben hat kein Anrecht mehr auf uns, sondern nur noch Gott. ... Wir beginnen ein neues Leben, ein Leben mit Gott. Wir werden zu Erben aller Reichtümer Gottes.“
Herr, erhöre mein Gebet, vernimm mein Flehen um deiner Treue willen, erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen. (Ps 143:1)
Eine nicht wörtliche Übersetzung der Bibel erleuchtet uns den Sinn des Gesagten. Hfa schreibt: „Herr, erhöre mein Gebet! Achte auf mein Flehen und antworte mir! Auf dich kann ich mich verlassen, denn du hältst Wort.“
14. August
Seele
Meine Seele soll sich rühmen des Herrn, daß es die Elenden hören und sich freuen. (Ps 34:3)
Unter den „Elenden“ stellen wir uns u. a. Leidende vor oder Menschen, die sich mit Mangel auseinandersetzen müssen. Doch die ScB spricht hier von einer ganz anderen Gruppierung, nämlich den Sanftmütigen: „In dem Herrn soll sich rühmen meine Seele; hören werden es die Sanftmütigen und sich freuen.“
Liebe Brüder, ich ermahne euch als Fremdlinge und Pilger: Enthaltet euch von fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten. (1. Petr 2:11)
Die WStB schreibt, daß die Apostel den Gemeinden Lebensanweisungen in Form von Mahnungen gaben, wobei das griechische Wort für „ermahnen“ (parakalein) auch „zusprechen, ermutigen, trösten“ bedeutet. Weiter heißt es im WStB: „Die fleischlichen Begierden (oder:, fleischlichen Lüste‘) sind daher die natürlichen Triebe, etwa der Selbsterhaltungstrieb mit seinem Verlangen nach Essen, Trinken und Schlafen, der Geschlechtstrieb mit seinem Verlangen nach dem anderen Geschlecht, der Mitteilungstrieb, der sich im Reden ausdrückt, wie auch der Sammeltrieb, der besitzen will.... In allem Begehren des Fleisches [liegt] das Verlangen, sich gegen Gott zu behaupten, unabhängig von Gott zu sein und in der Befriedigung des natürlichen Begehrens Inhalt und Ziel des Lebens zu finden. Zudem liegt es im Wesen des fleischlichen Begehrens, daß es unersättlich ist. Bekommt es die Freiheit sich zu entfalten (Gal 5,16), so endet das in den, Werken des Fleisches‘, die Paulus mit großem Ernst in Gal 5,19-21 aufzählt. Daher hat der Begriff, Begierde‘ im NT meist einen negativen Klang.“
Die GN faßt das zusammen: „Meine Freunde, denkt daran, daß ihr Gäste und Fremde in dieser Welt seid! Darum gebt den Leidenschaften nicht nach, die ständig mit eurem guten Willen im Streit liegen und euch zerstören wollen.“
21. August
Gemüt
So sollst du nun heute wissen und zu Herzen nehmen, daß der Herr Gott ist oben im Himmel und unten auf Erden und sonst keiner. (5. Mose 4:39)
Der BKB vermerkt zu dieser Stelle: „Heute: Da sich Moses Leben dem Ende nähert, werden seine Ermahnungen noch eindringlicher. Vgl. 6,6; 7,11; 8,1.11.“ Im weiteren bezieht sich der BKB hier auf 5. Mose 4, Vers 40, der zwar nicht in der Bibellektion dieser Woche enthalten ist, aber die Ergebnisse des Gehorsams gegen Gottes Gebote beschreibt. „So wird‘s dir... wohlgehen: Dieses Thema taucht in 5,16.33; 6,3.18; 12,25.28; 22,7 wieder auf. Wohlergehen ist eine Folge des Gehorsams und hat seine Ursache — wie andere irdische Segnungen — in der Liebe, die Gott mit seinem Volke verbindet.“
Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben. (Mt 9:36)
In vielen Bereichen des Lebens brauchen wir intelligente Führung. Das HdE kommentiert diesen Bibelvers folgendermaßen: „Wenn in Vers 36 die Menschenmengen mit, Schafen, die keinen Hirten haben,‘ verglichen werden, so haben wir an 1. Könige 22,17 zu denken. Sie sind wie eine Armee ohne General, führerlos, eine Gefahr für sich und andere. Jesus wußte wohl, wie schnell eine Katastrophe herbeigeführt werden könnte, wenn die falsche Art von Führer aufstünde. Zu jener Zeit waren die Arbeitslosigkeit und die schwierigen wirtschaftlichen Probleme des Landes eine Ursache politischer Unruhe. Allerdings erkannten die meisten Jesus nicht als Führer an, denn er bot nicht das, was sie suchten: politische Unabhängigkeit und wirtschaftliche Erneuerung. Später ging das Volk tatsächlich an solchen Führern zugrunde, die diese Dinge versprachen, ihre Versprechen jedoch nicht einhalten konnten.“
Wer ist weise und klug unter euch? Der zeige mit seinem guten Wandel seine Werke in Sanftmut und Weisheit. Habt ihr aber bittern Neid und Streit in eurem Herzen, so rühmt euch nicht und lügt nicht der Wahrheit zuwider. Das ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern sie ist irdisch, niedrig und teuflisch. Denn wo Neid und Streit ist, da sind Unordnung und lauter böse Dinge. Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, läßt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei. (Jak 3:13-17)
In der Lutherbibel sind diese Verse mit „Die Weisheit von oben“ überschrieben, während Hfa sie „Wirkliche Weisheit“ nennt: „Wer von euch meint, klug und weise zu sein, der soll das durch sein ganzes Leben zu erkennen geben, durch seine Freundlichkeit und Güte. Sie sind Kennzeichen der wahren Weisheit. Seid ihr aber voller Neid und Haß, dann braucht ihr euch auf eure angebliche Weisheit nichts einzubilden. In Wirklichkeit seid ihr dann Lügner und Betrüger. Eine solche Weisheit kann niemals von Gott kommen. Sie ist irdisch, ungeistlich, ja teuflisch. Wo Mißgunst und Streit herrschen, da gerät alles in Unordnung; da wird jeder Gemeinheit Tür und Tor geöffnet. Die Weisheit aber, die von Gott kommt, ist lauter und rein. Sie sucht den Frieden. Sie ist freundlich, bereit nachzugeben und läßt sich etwas sagen. Sie hat Mitleid mit anderen und bewirkt immer und überall Gutes; sie ist unparteiisch, ohne Vorurteile und ohne alle Heuchelei.“
28. August
Christus Jesus
.. . auf daß seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, daß er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth. (Jes 9:6)
Im CB wird beschrieben, daß mit dem Begriff „Eifer“ einerseits eine menschliche Schwäche gemeint ist im Sinne einer leidenschaftlichen, leicht parteiischen und fanatischen Einsatzbereitschaft. Ganz anders ist dieser Begriff jedoch in bezug auf Gott zu verstehen. Das CB schreibt: Es „muß davon alle menschliche Analogie ferngehalten werden, die in das Wesen Gottes launische Züge einträgt. 2Mose 20,5; Jos 24,19 u. a. m. reden nicht von gelegentlich hervorbrechendem Affekt, sondern von der unantastbaren, Eiferheiligkeit’ dessen, der die Welt lenkt und ordnet. Das muß sein Volk wissen 5Mose 32,16; Hes 16,38. Das erfährt die Welt im kommenden Reich in der Geburt des Sohnes Jes 9,6.“
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. (Phil 4:7)
Wahrig vermerkt, daß Vernunft aus dem ahd. firnunft abgeleitet ist, was „Erfassung, das Vernehmen, sinnliche Wahrnehmung, Verständnis, Einsicht“ bedeutet. Die GN übersetzt „Vernunft“ mit „Begreifen“: „Der Frieden Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, wird euer Denken und Wollen im Guten bewahren, weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid.“
Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, daß ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes. (Röm 15:13)
Eine tief innere Freude stellt sich immer dann ein, wenn wir, wie Paulus es hier nennt, „Frieden im Glauben“ haben. Während im Luthertext darum gebetet wird, daß die Hoffnung immer „reicher“ wird, betont die GN eine „unerschütterliche“ Hoffnung. In Hfa wird eine „starke“ Hoffnung gewünscht: „Deshalb bete ich für euch alle, daß Gott, der diese Hoffnung schenkt, euch in eurem Glauben mit großer Freude und vollkommenem Frieden erfüllt, damit eure Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes immer stärker wird.“
Abkürzungen
Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
BKB = Brockhaus, kommentar zur Bibel
CB = Calwer Bibellexikon
GN = Gute Nachricht
HdE = Handbuch der Evangelien
Hfa = Hoffnung für alle
ScB = Scofield-Bibel
Wahrig = Wahrig, Deutsches Wörterbuch
WStB = Wuppertaler Studienbibel