Zu Beginn Meiner Schwangerschaft machte mich eine Freundin auf folgenden Psalmenvers aufmerksam: „Deine Söhne werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte" (Ps 110:3). Dieser Vers wurde mir zu einem immergegenwärtigen Freudengedanken, denn er versicherte mir Gottes Fürsorge. Das Kind würde mir geboren werden, und nicht ich wäre verantwortlich dafür. Weitere Freudengedanken teilte ich mit dem Ausüber, mit dem wir Eltern bald anfingen zusammenzuarbeiten. Und das war bei dem Übermaß an Theorien, die uns von einer Begrenzung zur anderen überzeugen sollten, eine wichtige Hilfe.
Im Zusammenhang mit den ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen, die zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, doch für das Geburtshilfe-Team eine Notwendigkeit darstellten, stellte ich mir immer tiefere Fragen in bezug auf das Prinzip der Schöpfung: Wer ist hier der Schöpfung: Wer ist hier der Schöpfer? Wer läßt wachsen? Wer versorgt das Kind und mich während der Schwangerschaft?
Immer wieder wurden die Antworten zu Gott, dem allweisen, umfassend fürsorglichen und erhaltenden Vater-Mutter Prinzip gelenkt, das der Urheber aller Versorgung ist. Wie konnte ich darin noch sicherer werden, so daß mich kein sterblicher Gedanke mehr erschüttern konnte?
Mary Baker Eddy beschreibt in Wissenschaft und Gesundheit auf Seite 115/116 drei Grade der wissenschaftlichen Übertragung vom sterblichen Gemüt, bei der im dritten Grad Verständnis als das Kriterium des Erkennungs prozesses zu folgenden geistigen Qualitäten genannt wird: „Weisheit, Reinheit, geistiges Verständnis, geistige Kraft, Liebe, Gesundheit, Heiligkeit. " Hierzu erläutert sie weiter: „Im dritten Grad verschwindet das sterbliche Gemüt, und der Mensch als Gottes Bild erscheint. Die Wissenschaft kehrt den Augenschein vor den körperlichen, menschlichen Sinnen dergestalt um, daß das folgende Zeugnis der Heiligen Schrift in unserem Herzen wahr wird:, Die Letzten werden die Ersten und die Ersten die Letzten sein', so daß Gott und Seine Idee für uns das wird, was die Gottheit wirklich ist und notwendigerweise sein muß, nämlich allumfassend."
Meine tägliche Hausaufgabe war, mich dieses geistigen Verständnisses zu bedienen, um alle begrenzenden oder besorgniserregenden Gegenteil umzukehren. Einer von ihnen besagte, daß ein gewisser Wert meines Blutes zu niedrig sei, um das Kind ausreichend zu versorgen. Es wurden Dragées verschrieben, die ich mir jedoch nie besorgte. Ich fand es sinnvoller, mit dem Ausüber über die geistige Substanz nachzudenken, die die wahre Stärkung beinhaltet. In Wissenschaft und Gesundheit definiert Mary Baker Eddy auf Seite 63 den Menschen als Gottes geistigen Sprößling und nennt für ihn folgendes Baumaterial: „Das Schöne, das Gute und das Reine sind seine Ahnen. ... Geist ist seine ursprüngliche und endgültige Quelle des Seins; Gott ist sein Vater, und Leben ist das Gesetz seines Seins. "Diese Quelle des Seins ist unveränderlich, und somit erfreute ich mich an dem unbegrenzten potential von Qualitäten, das eine Mangelsituation von vornherein ausschließt. Für jedes Kind Gottes ist diese wahre Substanz in reichem Maße verfügbar.
Da ich das Geburtshilfe-Team in diese Gedanken mit einschloß, gab ich dem arzt eine Ausgabe von Wissenschaft und Gesundheit. Ich erklärte ihm, daß ich aus Glaubensüberzeugung, begründet in „Christian Science" (Christliche Wissenschaft), keine Medizin nähme — und auch noch nie genommen hätte. Gebet sei für mich das Mittel, den Wert zu korrigieren. Wenn es ihn interessiere, könne er sich in diesem Buch weiter darüber informieren.
Vier Wochen später gab der Arzt mir das Buch zurück, in dem er sich ausführlich mit dem Kapitel „Medizin" auseinandergesetzt hatte. Es wurden mir keinerlei weitere Medikamente verschrieben. Der Wert hörte auf zu sinken, und ich war dankbar, daß Gottes Wirken als Segen für alle Beteiligten erkennbar war.
Als nun der Geburtstermin immer näher rückte, beschäftigte ich den Qualitäten, die ich für den Geburtsvorgang als prägnant empfand: Licht und Freude. Freude erwächst aus der Erkenntnis, daß das ganze Universum Vollkommenheit und Stärke ausdrückt. Licht leitet bei der Geburt, denn diese ist eine lichterfüllte Situation. Nicht umsonst spricht man davon, daß das Kind das Licht (der Welt) erblickt. Wir sind in diesem Moment Zeuge für die Schönheit, für den Schutz des Unberührten.
Der Ausüber machte mich darauf aufmerksam, daß der „Geburtstag" ein Tag in der Kette von Gottes Tagen sei, in der jeder Tag gleichberechtigt sei. Er solle daher keine falsche Wichtigkeit bekommen. Für mich folgte daraus die Gewißheit, daß der Geburtstag ein liebevoller, normaler Tag ist, der Gutes verheißt und Segen verbreitet. Seele gibt die Balance zwischen allen Elementen des Tages, auch den der Wehen. Diese bedeuten Aktivität, auf die Ruhe folgt, Inspiration, die in Entfaltung mündet, geprägt durch Seele, die all ihre Ideen segnet.
Inzwischen war der Geburtstermin überschritten. Das Geburtshilfe-Team wurde immer besorgter und legte mir nahe, die Wehen künstlich in Gang zu setzen, auch um dabei zu beobachten, ob die Herztöne des Kindes noch normal reagieren. Doch die drei Versuche brachten allesamt nicht die erwünschte Wirkung. Bei der Beobachtung der Herztöne des Kindes stellte sich heraus, daß diese bei den anfangs einsetzenden Wehen ruhiger waren denn je, entgegen der medizinischen Erwartung. Dieser Moment zeigte mir, daß wir von dem Unbeeindrucktsein des Kindes noch lernen konnten!
Dies erinnerte mich daran, wie unbeeindruckt Jesus von äußeren Umständen blieb. Den Sturm, der seine Jünger so erschreckt hatte, hätte er beinahe verschlafen. Seine Reaktion blieb so gelassen und Äußerungen von Furcht und Unruhe gegenüber doch autoritär: „Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer. Da wurde es ganz stille" (Mt 8:26).
Auch ich konnte stiller werden und mich an dem Guten erfreuen, das Gott für Seine Kinder in großer Fülle bereithält. Er vergißt doch keines seiner „Schafe"! Und die Schafe bleiben auf der Weide, bei Seiner wunderbaren Fürsorge, die Seinen Plan entfalten läßt. Gott beherrscht jeglichen Vorgang und kennt dabei keinen Zeitdruck.
Der Arzt führte keine weiteren „Beschleunigungsversuche" durch, obwohl der Termin bereits um Wochen überschritten war.
An dieser Stelle verhalf mir der Ausüber zu einem weiteren öffnenden Gedanken, nämlich das Kind, das Licht Gottes, willkommen zu heißen, mit all der Freude und frohen Erwartung, die wir schon zu Beginn der Schwangerschaft erlebten. Zwei Tage Später setzten die Wehen auf ganz normale Art und Weise ein. Es wurde uns ein wunderbarer Sohn geboren, der nach ärztlicher Ansicht keine Minute zu lang im Bauch war — und der mich völlig unverletzt ließ.
Das Mühelose, Frische, Natürliche, Wunderbare und Verheißungsvolle, das aus dem oben erwähnten Psalmenvers spricht, erlebten wir Beteiligten voll und ganz. Und nicht zuletzt war diese Erfahrung ein Beweis dafür, daß „Wahrheit gegenwärtig ist und ihr vollkommenes Werk erfüllt" (Wissenschaft und Gesundheit, S. 463).
Bamberg, Deutschland
