Kürzlich wurde mir bewusst, wie viel leichter es ist, irgendeinem Menschen, einer Wohltätigkeitsorganisation oder einer Aktion Geld zukommen zu lassen, über die wir gar nichts Nähres wissen, als denen gegenüber „geistig großzügig“ zu sein, die wir gut kennen, die aber bei uns aus irgendeinem Grund nicht gut angeschrieben sind.
Wie können wir Christi Jesu Gebot „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ Mt 22:39. besser nachkommen — besonders wenn wir uns verletzt fühlen, wenn wir ärgerlich oder beleidigt sind?
In solchen Augenblicken sind wir oft in Versuchung, es dem anderen heimzuzahlen oder ihm den Kopf zurechtzusetzen. Oder noch schlimmer: Wir beschließen, diesen Menschen einfach zu ignorieren, also die Beziehung zu ihm abzubrechen! Aber wenn verletzte Gefühle in uns aufsteigen, können wir uns weigern, sie zum Auslöser von Zorn oder Groll werden zu lassen, und uns stattdessen bemühen, Verurteilung durch Barmherzigkeit zu ersetzen, durch Mitgefühl und, ja, durch geistige Großzügigkeit.
Beziehungen, die gottregiertes Denken und Handeln widerspiegeln, müssen göttlich sein! Es war ein christlicher Sieg für die Familie! Wir hatten den Geist wahrer Weihnacht gefunden!
Aber wie beginnen? Wann immer wir in einer Situation Heilung bewirken möchten, müssen wir als Erstes die Allgegenwart Gottes, des Guten, anerkennen. Dann wird uns klar, dass die Gegenwart von irgendetwas oder irgendjemandem, der Gott ungleich — dem Guten ungleich — ist, eine geistige Unmöglichkeit darstellt. Und da Gott allwissende, unendliche Liebe ist, kann Er Hass, Missverständnis oder selbstgerechte Beurteilung und Verurteilung nicht kennen. Er kann sich ihrer nicht bewusst sein. Wenn Gott allwirkend ist — und das ist Er —, dann ist in Wirklichkeit nie eine herzlose, lieblose, verantwortungslose, ärgerliche oder hasserfüllte Tat geschehen noch kann sie je geschehen. Für den Menschen als Bild Gottes ist es völlig natürlich, Seine allumfassende sanfte Liebe widerzuspiegeln. Christus Jesus war geistig großmütig. Er bestand mental darauf, nur den vollkommenen, guten und reinen Menschen, den Gott geschaffen hat, zu sehen und anzuerkennen; und weil er sich weigerte, einen negativen, sterblichen Begriff als die wahre Identität irgendeines Menschen zu akzeptieren, konnte er andere heilen. Wenn wir von der gleichen Grundlage aus beten, können wir „göttlichere“ Beziehungen aufbauen. Beziehungen, die gottregiertes Denken und Handeln widerspiegeln, müssen göttlich sein! Und dadurch, dass wir an dieser christusgleichen Tätigkeit teilnehmen, werden wir gesegnet. Nicht nur, dass wir unweigerlich Harmonie in unseren menschlichen Beziehungen erleben. Wir sind auch bereit, geistig zu reifen; und diese Reife ermöglicht es uns, die heilende Mission mehr voranzutragen — an der alle Christen ganz natürlich teilhaben möchten.
Ich muss lachen, wenn ich heute an ein Erlebnis denke, das unsere Familie an einem Weihnachtsabend vor vielen Jahren hatte. Wir hatten alle ernstlich um harmonischere Beziehungen der Familienmitglieder untereinander gebetet; und wir hatten auch damit begonnen, es in die Tat umzusetzen, indem wir uns die untrennbare Beziehung bewusst machten, die jeden Einzelnen von uns mit Gott verbindet. Stütze und Wegweiser auf unserer geistigen Reise waren gewissenhafter Gottesdienstbesuch und aktive Mitarbeit in unserer Christian Science Zweigkirche und das tägliche Studium der Bibellektion aus dem Christian Science Vierteljahrsheft. Alle Familienmitglieder waren sich einig, dass wir schon gute Fortschritte gemacht hatten.
Doch dann kam es gerade in der Zeit, als wir viele Stunden selbstlos mit Vorbereitungen für das Weihnachtsfest verbracht hatten, aus heiterem Himmel zu einem unerklärlichen Ausbruch falscher Anschuldigungen, die Gekränktsein, Missverständnisse und das Gefühl der Entfremdung zur Folge hatten. Und so saß denn eines Tages einer der Eltern mit einem Kind allein im Auto, Zündschlüssel im Schloss und Fuß auf der Kupplung, und war drauf und dran voll Selbstmitleid und Empörung in den Sonnenuntergang hineinzufahren! Doch gerade in diesem Augenblick kamen ihm die Worte aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy in den Sinn: „Nichts ist wirklich und ewig — nichts ist Geist — außer Gott und Seiner Idee. Das Böse hat keine Wirklichkeit. Es ist weder Person, Ort noch Ding, es ist einfach ein Glaube, eine Illusion des materiellen Sinnes.“ Wissenschaft und Gesundheit, S.71.
Das Kind im Auto stand noch ganz unter dem Eindruck der dramatischen Ereignisse, die sich gerade abgespielt hatten, und wollte, dass der Erwachsene losfuhr. Aber der Christus war gekommen, um unsere Familie zu retten, und der Erwachsene erkannte plötzlich ganz klar, dass dies kein persönliches Problem zwischen zwei Menschen war, die sich in den ungeeignetsten Augenblicken immer wieder in die Haare kriegten, sondern eine aggressive mentale Suggestion, die zwei Menschen glauben machen wollte, dass das Böse Macht, Identität und Wirksamkeit besitzt. Er erkannte deutlich, dass das genaue Gegenteil wahr ist. Alle Feindseligkeit, Selbstrechtfertigung und Groll fielen einfach ab und stattdessen erfüllte ihn christusgleiches Mitgefühl. Es war alles einfach ein „Fehler“ — nicht einmal „ihr Fehler“ oder „sein Fehler“. Ein paar Augenblicke später hatten alle Beteiligten ihre Freude und ihren Frieden wiedergefunden und unsere ganze Familie quetschte sich ins Auto, um, wie ursprünglich vorgehabt, gemeinsam die Weihnachtsbeleuchtungen anzuschauen. Es war ein christlicher Sieg für die Familie! Wir hatten den Geist wahrer Weihnacht gefunden!
Es ist hilfreich, uns klarzumachen, dass wir in Wirklichkeit eins mit Gott sind und daher nie irgendwelche anderen Beziehungen gekannt oder gehabt haben als göttliche — Beziehungen, die ihren Ursprung im göttlichen Prinzip, Liebe, haben. Wenn wir auf dieser Tatsache bestehen und die uns innewohnende geistige Reife nutzen, indem wir Gott zum Mittelpunkt all unserer Zuneigung und Hoffnung machen, werden wir erleben, dass unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen stabil und sicher sind. Je mehr wir gewissenhaft tun, wozu Gott uns leitet, desto mehr wird unser menschliches Miteinander von Gottes Güte, Verständnis und unerschütterlicher Liebe zu allen erfüllt sein.
