: Im Oktober wurde angekündigt, dass der Herold ab Januar 1998 in einem größeren Format erscheinen wird. Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
: Diese Entscheidung ist das Ergebnis einer jahrelangen Planung und Entwicklung. Hier noch einmal ein kurzer Überblick über die einzelnen Phasen:
1. Vor etwa vier Jahren haben wir ein intensives Gespräch mit unseren Lesern des Christian Science Herold begonnen. Besonders interessiert waren wir an den Vorstellungen und Erwartungen unserer langjährigen Leser. Sie waren besonders kompetent, um Themenauswahl, Art der Beiträge und Inhalte zu beurteilen. Deutlich wurde in diesen über 200 Gesprächen: Die lange Bearbeitungszeit der Beiträge, die 24 Monate oft überschritt (was wegen der damals noch erforderlichen Übersetzungen verständlich ist — alle Beiträge mussten auf Englisch bearbeitet werden), machte es nahezu unmöglich, dass der Herold aktuell sein konnte. Zugleich hatten die in den Vereinigten Staaten lebenden Mitarbeiter nur einen gewissen Einblick in die Bedürfnisse und Wünsche der Leser in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Inzwischen erreichen die Redaktion monatlich bis zu fünfzig Hinweise auf Themen, die unsere Leser für wichtig halten, Anregungen zu ganz speziell geschriebenen Artikeln und Wünsche nach Übersetzungen aus dem Christian Science Sentinel und dem Christian Science Journal.
2. In einer zweiten Phase wurden Redakteure, Grafiker, Designer und Verleger deutscher Zeitschriften gebeten, die Gestaltung der damaligen, jeweils neuesten Herold-Ausgabe zu kommentieren. Deren Hinweise, die sich naturgemäß mehr auf die äußere Gestaltung und weniger auf den Inhalt bezogen, zeigten Möglichkeiten auf, den Herold „zeitschrif-tengerechter” zu gestalten. Charakteristisch war die Äußerung eines Grafikers, dem ein gebundener Jahrgang des Herold gezeigt wurde: „Das ist ein schönes Buch. Ich hätte nie gedacht, dass es aus zwölf einzelnen Zeitschriften besteht.”
3. In den letzten Jahren hat die gesamte Redaktion von Christian Science Journal, Christian Science Sentinel und den Herolden gebetet, gelauscht und geforscht, um besser zu verstehen, welchen Auftrag die Gründerin unserer christlich-wissenschaftlichen Publikationen, Mary Baker Eddy, jeder einzelnen Zeitschrift gegeben hat. Diesen Auftrag finden wir in Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes und er lautet für den Herold: Der Herold ist dazu bestimmt, „die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden” (S. 353). An diesem Auftrag muss sich jeder Beitrag orientieren. Oft haben uns Autoren berichtet, wie sie sich mit dieser Grundlage ausführlicher beschäftigt haben, ehe sie zu Schreibmaschine oder Computer gegriffen haben, um einen Beitrag zu schreiben. Und mancher Autor hat voller Demut und Freude einen Beitrag umgeschrieben bzw. verändert, als er gebeten wurde, Absatz für Absatz unter dem Gesichtspunkt der „Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit” zu überprüfen. Hier gilt es einmal, allen unseren Autoren zu danken. Weder als Redaktion noch als Leser dürfen wir vergessen, dass erst die Liebe, Bereitschaft, der Fleiß und die Geistigkeit unserer Autoren es möglich machen, Monat für Monat eine lesenswerte, anregende und ermutigende Zeitschrift herzustellen. Kein einziger unserer Autoren ist ein professioneller Schreiber und manchmal hat es viel Selbstüberwindung, Geduld und auch Mut auf Seiten des Autoren erfordert, ehe ein Beitrag veröffentlicht werden konnte.
Redaktion: Welches Signal geht mit dem größeren Format an die Leser des Christian Science Herold?
Michael A. Seek: Auf der Jahresversammlung Der Mutterkirche im Juni 1996 wurde ein Programm veröffentlicht, das sehr detailliert die künftigen Pläne, Aufgaben und Ziele auch der Christian Science Verlagsgesellschaft und damit unserer Aktivitäten beschreibt. (Der Christian Science Herold hat darüber von August bis November 1996 ausführlich berichtet.) Einer der dort genannten Schwerpunkte der Kirche lautet: „Produkte, Dienstleistungen und Aktivitäten zu entwickeln, die alle, ehrlichen Sucher nach Wahrheit' erreichen und ihnen dienen.” Das kleine Format (das übrigens in der Öffentlichkeit oft als „Sektenformat” bezeichnet wird) hat in gewisser Weise einen falschen Eindruck über unsere Kirche und ihre Zeitschriften vermittelt. Das große Format, auch wenn es beispielsweise im Bus oder in der Bahn gelesen wird, signalisiert: Hier liest jemand eine Zeitschrift, die wegen ihres wertvollen Inhalts jedem bekannt sein sollte. Der Christian Science Herold muss dahin kommen, in ganz natürlicher Weise in der Öffentlichkeit präsent zu sein. Wir haben eine so großartige Religion, wir haben derart überzeugende Beispiele von der Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit, dass wir den Herold einfach nicht länger „verstecken” dürfen. Jedes einzelne weitergegebene Herold-Exemplar an jemanden, der noch nie etwas von den göttlichen Gesetzen gehört hat, die unser Leben regieren und aus mutlosen oder enttäuschten Menschen lebensfrohe, gesunde Partner, Kollegen oder Nachbarn machen, ist ein Geschenk an die Welt. Wir werden aus Liebe zur Mission des Herold, aus Dankbarkeit für die Christus-Wissenschaft und aufgrund des gewachsenen Bedarfs an Geistigkeit viele neue Wege finden und beschreiten, um den Herold leichter verfügbar zu machen. Jeder einzelne Leser kann damit beginnen, den Herold weiterzugeben. Christian Science Zweigkirchen können die Öffnungszeiten und auch die Werbung ihrer Leseräume überdenken, um den Herold besser zu platzieren. Wir gehören mehr denn je in die Öffentlichkeit.
Ich erinnere mich an folgende Situation an einem Montagmorgen auf dem Frankfurter Flughafen. Geschäftsleute und Touristen drängten sich an einem Zeitungsstand. Ein Nachrichtenmagazin war mit der Schrecken verbreitenden Titelgeschichte über sogenannte „unheilbare Krankheiten” erschienen. Eine psychologisch orientierte Zeitschrift fragte — fast etwas ängstlich —, ob Gebet gesund machen könne. Und unser Christian Science Herold sprach davon, dass christliches Heilen heute möglich ist. Nur, die Sache hatte einen Haken: Die Fluggäste konnten nur die Zeitschrift mit dem erschreckenden und die mit dem ängstlich fragenden Titel kaufen. Die Zeitschrift, die so viel Gewissheit und Mut, Inspiration und Orientierung vermittelt, war dort noch nicht zu bekommen. Gebet und Fleiß werden uns den Weg zeigen, wie und wann das möglich werden wird — und wir unterlassen keine Schritte, die heute schon zu diesem Ziel hinführen.
Redaktion: Hat sich mehr als das Format geändert?
Michael A. Seek: Ganz gewiss — und das ist auch begreiflich. Erstens hat sich das öffentliche Bewusstsein geändert. Heute wird viel selbstbewusster und auch selbstverständlicher darüber gesprochen, dass Gebet zu Gesundheit führen kann. Das Interesse an Beiträgen, wie sie der Herold veröffentlicht, ist in den letzten fünf Jahren rapide gewachsen. Zweitens haben unsere Autoren Fortschritte gemacht. Wenn wir heute einen Autoren bitten, seinen Beitrag doch ruhig zunächst einem Nachbarn oder Kollegen zu zeigen, der Christian Science nicht oder nur wenig kennt, um von diesem zu erfahren, ob der Beitrag verständlich geschrieben ist, finden wir seine große Bereitschaft, diesem Hinweis zu folgen. Heute ist jedem Autoren klar, dass er für Leser der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen schreibt — und nicht nur für Mitglieder der Christian Science Kirchen. Natürlich ist es bisweilen eine Herausforderung, auf Formulierungen zu verzichten, die unter Christlichen Wissenschaftlern bekannt sind, aber in Wirklichkeit ist es ein echter Gewinn für ihn selbst wie für die Verständlichkeit eines Beitrages, in eigenen, originellen Worten metaphysische Sachverhalte leicht nachvollziehbar darzustellen.
Drittens hat sich Deutschland gewandelt. Als es bis 1990 noch die alte Bundesrepublik und die DDR gab und es unseren Kirchenmitgliedern in der DDR nicht möglich war, die Schriften Mary Baker Eddys (und insbesondere die neuen Übersetzungen aus den 70er Jahren) zu beziehen, war es dem Herold zu dieser Zeit selbstverständlich, diesen Bedarf in gewissem Maße durch sehr umfangreiche metaphysische Beiträge zu stillen. Wenn diese Beiträge auch nie „Ersatz” für die Schriften Mary Baker Eddys sein sollten und konnten, ermöglichten sie es aber, Gedanken zu präsentieren, die gewissermaßen über die eigentliche Mission des Herold hinausgingen. Heute sind Mary Baker Eddys Schriften in dem neugegündeten Deutschland frei erhältlich und der Herold kann sich nach vierzig Jahren wieder seiner Aufgabe als aktuelle Zeitschrift zuwenden. Viertens haben sich unsere Leser und auch die Lesegewohnheiten gewandelt. Unsere Leser wünschen kurze, prägnante Beiträge, durch persönliche Erlebnisse illustriert, leicht verständlich und ermutigend, nicht belehrend oder dozierend — also ziemlich genau das, was Mary Baker Eddy von den Zeitschriften gefordert hat. Neue Rubriken sind angeregt worden. So werden wir auf Grund der Wünsche unserer Leser Anregungen unter dem Titel „Nachgedacht” präsentieren. Wir werden unter dem Stichwort „Spiritualität” Beiträge bringen, die in der Öffentlichkeit Interesse finden. Mit dem Herold-Magazin (der herausnehmbaren Mittelseite) bieten wir Beiträge an, die sich als kompakte Zusammenstellung eines Themas besonders gut weitergeben lassen. In Zeitschriften sind Veränderungen etwas ganz Natürliches, sonst können Zeitschriften ihren Auftrag nicht erfüllen.
Redaktion: Wie wird die Entwicklung weitergehen?
Michael A. Seek: Die Antwort besteht aus zwei Teilen: Die göttlichen Gesetze der Wahrheit, des Lebens und der Liebe bleiben unwandelbar. Das, was Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit niedergelegt hat, besitzt ewige Gültigkeit. Und ganz gewiss setzt sich die Liebe unserer Autoren fort, ihre Überlegungen in Freude und Nächstenliebe auszudrücken. Ebenso gewiss setzt sich die Freude aller Leser fort, durch ihr Abonnement sowohl Anerkennung für die Hingabe unserer Autoren auszudrücken wie auch die Bereitschaft zu signalisieren, das Angebotene zu lesen, zu durchdenken und auch weiterzugeben.
Was sich weiter wandeln wird und muss, ist die Form der Präsentation der Inhalte. Gegenwärtig sind beispielsweise Titelfotos der geeignete Weg, eine Zeitschrift zu beginnen. Vielleicht sind es in fünf Jahren Grafiken oder Cartoons. Vielleicht werden einmal mehr Überschriften oder mehr Serien gefordert — wir wissen es heute nicht. Vielleicht entwickeln sich andere Vertriebsstrukturen oder die Präsenz in anderen elektronischen Formen. (Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass man einst Herold-Beiträge im Internet lesen könnte, wie es seit kurzem möglich ist?) Solche Entwicklungen müssen in sinnvoller und umsichtiger Weise berücksichtigt werden. Aber wir können sowohl als Redakteure wie auch als Leser Veränderungen gelassen betrachten, weil sich die dem Herold zu Grunde liegenden göttlichen, geistigen Gesetze nicht wandeln, sondern sich stets nur der konkrete Ausdruck verändern kann und wird. Diese Veränderungen müssen uns nicht schrecken, denn wir können sie durch Anregungen und Gebet mitgestalten.
