Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Frauen in der Bibel: Porträts unseres Erbes

Frauen in der Bibel: Porträts unseres Erbes

4. Teil

Aus der August 1999-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Gibt es außer den in der Bibel erwähnten Frauen auch andere, die am Erbe der biblischen Frauen teilhaben? Abgesehen von der Bibel hat nur die Kirche die geistigen Aktivitäten von Frauen aufgezeichnet. Doch besonders das 19. Jahrhundert ist reich an Beispielen von Frauen, die ihren eigenen Weg fanden und deren Einfluss über die Kirchenmauern hinweg gespürt wurde. Für einige blieb die Kirche der zentrale Ort ihrer Aktivitäten.

Clara Barton, die amerikanische Philantropin, war zuerst Lehrerin und gründete freie Schulen in New Jersey. Ihre humanitäre Arbeit während des amerikanischen Bürgerkriegs und des deutsch-französischen Kriegs ist eingehend dokumentiert worden. Durch ihre Bemühungen wurde das Rote Kreuz gegründet und ihr ist die Änderung seiner Gründungsurkunde zu verdanken, wonach das Rote Kreuz Katastrophenopfern in Friedenszeiten genauso helfen soll wie Kriegsopfern.

Florence Nightingale, die große britische Menschenfreundin, leistete im Krimkrieg so hervorragende Dienste, dass sie nach Kriegsende mit Geldern, die als Anerkennung ihrer Leistungen gesammelt worden waren, eine Schule zur Ausbildung von Krankenschwestern gründen konnte. Durch ihre Arbeit wurde die Krankenpflege von einer Beschäftigung für ungelernte Kräfte zu einem medizinischen Beruf mit hohen Ausbildungsnormen und wichtigen Verantwortungen angehoben.

Auch deutsche Frauen traten dem Kampf zu Anfang des 19. Jahrhunderts um die Emanzipation der Frauen bei. Sie kamen aus allen Gesellschaftsschichten. Von Louise Aston wird gesagt, dass sie den Höhepunkt des damaligen feministischen Radikalismus verkörperte. Siehe Die deutsche Frauenbewegung, Hohwacht Verlag, Bonn, 1983, S. 11. Aus der behüteten Pfarrerstochter wurde die Frau eines Fabrikanten, eine entschlossene Herausgeberin von Abhandlungen über Frauen und schließlich eine Kämpferin im Barrikadenaufstand in der Revolution von 1848. Louise Otto-Peters bewegte sich zwischen der Heimindustrie und dem Schreiben über Fragen zur sozialen Gleichstellung. Luise Mühlbach, die unter dem Pseudonym Klara Mundt schrieb und 290 Romane verfasst hat, setzte sich leidenschaftlich für Frauenbelange ein und gewann den damals wenig schmeichelhaften Ruf einer „emanzipierten Frau". Fanny Lewald plädierte in ihren Werken für die jüdische Emanzipation, für Mädchenerziehung, die Ablehnung von Vernunftehen und die Beseitigung von Klassenunterschieden. Käthe Kollwitz befasste sich in ihren Zeichnungen mit Frauenproblemen; Helene Stöcker engagierte sich in der Sexualpolitik; sie wurde dabei von Minna Cauer unterstützt. Gertrude Guilleaume gründete den „Deutschen Kulturbund", eine Zweigstelle der Internationalen Abolitionistischen Föderation, die die offizielle Zulassung der Prostitution bekämpfte. Und noch viele andere Namen könnten auf die Liste gesetzt werden.

In der Frauenrechtsbewegung in den USA finden wir Elizabeth Cady Stanton, Julia Ward Howe und viele andere. Harriet Tubmans außerordentliche Arbeit als Abolitionistin fällt in diese Zeit. Betty White, die wichtige Arbeit zur Gründung der Siebenten-Tags-Adventisten-Kirche leistete, und Mary Baker Eddy, Entdeckerin und Gründerin von Christian Science, gehören auch zu dieser Zeitperiode.

Mary Baker Eddy nannte Christian Science immer eine Entdeckung, eine Entdeckung, die sie in der Bibel machte. Und in diesem Sinne war sie eine biblische Frau. Sie entdeckte, dass Jesu Werke und Lehren uns heute genauso zur Verfügung stehen wie vor zweitausend Jahren. Wenn Mary Baker Eddy es dabei belassen hätte, hätte sie nie die harten Prüfungen und die Trübsal durchmachen müssen und nie die Siege erlebt, mit denen der Rest ihres Lebens angefüllt war. Doch sie war auch eine Frau des Geistes, und ihre Entdeckung und Forschung führten zur Revision einiger lang gehegter theologischer Meinungen. Eine dieser Revisionen betraf die Natur Gottes. Beim Forschen in der Bibel entdeckte sie, dass Gott nicht nur Vater, sondern auch Mutter ist. Wie schon angedeutet, war die Interpretation der Bibel — und letztendlich die theologische Interpretation — eine Männersache gewesen. Die Vorstellung, dass Gott Mutter ist, dass Er Seiner Natur nach weiblich wie auch männlich ist, warf eine Menge theologische Auffassungen über den Haufen. Sie stellte alle orthodoxen christlichen Glaubensbekenntnisse in Frage, einschließlich der Heiligen Dreieinigkeit.

Seitdem sind beinahe anderthalb Jahrhunderte vergangen. Und was sehen wir heute? Unsere Schwestern des späten 20. Jahrhunderts behaupten jetzt dasselbe — und zu ihnen haben sich sogar ein paar Brüder gesellt.

Wo finden diese Frauen die Vollmacht zu sagen, dass die Natur Gottes sowohl weiblich wie männlich ist? In der Bibel.

Phyllis Trible, eine ausgezeichnete Bibelgelehrte des Alten Testaments hat auf diesem Gebiet hervorragende Arbeit geleistet. Die folgenden Ideen stammen aus ihrem Buch God and the Rhetoric of Sexuality. Ihre These basiert auf 1. Mose 1:26, 27: „Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei ..." Die hier im Plural gebrauchten Pronomen bereiten den Menschen schon lange Schwierigkeiten. Dr. Trible hat diesem Text eine neue Bedeutung gegeben. Sie weist darauf hin, dass in den Bibelversen, in denen Gott vorschlägt, den Menschen zu schaffen, die Pronomen für die Gottheit im Plural gebraucht wurden. Nach der Schöpfung spricht Gott zum Menschen in der ersten Person Singular. Wie ich es verstehe, sagt Trible, dass Gott weder männlichen noch weiblichen Geschlechts ist (weder Mann noch Frau) noch eine Kombination von beiden, sondern dass „männlich" und „weiblich" Metaphern für Gott sind. Wenn es also im Text heißt, dass das Bild Mann und Weib ist, werden die Pronomen im Plural gebraucht, um zu zeigen, dass es nur einen Gott gibt, der metaphorisch als männlich und weiblich ausgedrückt werden kann. Wenn der Text weiter von Gott als dem Schöpfer spricht, wie in Vers 29, wird das Pronomen im Singular benutzt. Trible erklärt weiter: „Der Wechsel von Plural zu Singular bedeutet Vielfalt, Freiheit und reiche Fülle in Gott." Phyllis Trible, God and the Rhetoric of Sexuality (Philadelphia: Fortress Press, 1978), S. 21.

Die biblische Metaphorik ist ein entscheidendes Element zum Verständnis der Natur Gottes. Hier sind einige Metaphern für Gott: als Vater (Ps 103:13), Ehemann (Hos 2:18), König (Ps 98:6), Kriegsmann (2. Mose 15:3), Gebärende (Jes 42:14), Mutter (Jes 66:13), Hebamme (Ps 22:10) und Herrin (Ps 123:2). All diese männlichen und weiblichen Metaphern beziehen sich auf das Wesen Gottes.

Die Vorstellung, dass Gott Mutter ist, dass Er Seiner Natur nach weiblich wie auch männlich ist, warf eine Menge theologische Auffassungen über den Haufen.

Ich habe hier noch nicht einmal annähernd Tribles bewegende Darstellung von Gott als Mutter wiedergegeben. An einer Stelle nach der anderen zeigt sie, wie „ein ausschließlich weibliches Bild", nämlich Schoß, „seine Bedeutung auf eine göttliche Seinsform ausweitet:, Wahrlich, ich will ihm mütterliche Barmherzigkeit erzeigen‘, sagt Jahwe." Trible, S. 45.

Wie steht es mit dem jetzigen Jahrhundert? Gibt es Frauen, deren Geist sie zum Handeln bewegte, weil sie, wie die biblischen Frauen, in der Gesellschaft benachteiligt waren? Ich führe hier fünf solcher Frauen aus den USA auf:

Eleanor Roosevelt: Ihr wurde schließlich Anerkennung gezollt für ihr Engagement zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen für Menschen, die keine eigene Stimme hatten.

Die große Sängerin Marian Anderson: Sie ertrug Diskriminierung mit einem Wohlwollen, das letztendlich von ihren amerikanischen Mitbürgern anerkannt und geehrt wurde. Anderson schrieb es dem Geist zu, der die treibende Kraft in ihrem Leben war.

Rachel Carson: Ihr Buch Silent Spring, das vor mehr als dreißig Jahren herauskam, wurde scharf angegriffen und als emotionales Geschimpfe über nützliche Chemikalien abgetan. Heute wird anerkannt, dass es die moderne Umweltschutzbewegung in Gang gesetzt hat.

Barbara Tuchman: Die Botschaft der bekannten Historikerin konzentrierte sich auf das Wesentliche: Moral, die Ethik im zwischenmenschlichen Austausch, innere Überzeugungen und äußere Verpflichtungen, die zum Funktionieren der Gesellschaft nötig sind. Siehe Rushworth Kidder, „Barbara Tuchman’s Legacy", The Christian Science Monitor, 13. Februar 1989, S. 4.

Und nicht zuletzt Ruby Bridges: Als Sechsjährige wurde sie in New Orleans in eine Grundschule integriert, die total boykottiert wurde. Sie wurde jeden Tag von Polizisten in die Schule begleitet, vorbei an mehreren hundert Menschen, die ihr Todesdrohungen und jede nur erdenklichen obszönen Schimpfworte zuriefen. Jemand beobachtete einmal, wie sie sich vor die Menschenmenge stellte und etwas zu sagen schien. Ihre Lippen bewegten sich, doch sie sagte nichts. (Eine moderne Hanna!) Sie selbst erklärte: „Ich hielt nur an, um für sie zu beten. ... Ich sage immer die gleiche Worte. ... Ich sage immer:, Lieber Gott, ich bitte Dich, vergib diesen Menschen, denn sie wissen nicht, was sie tun.‘ " Zitiert von Robert Coles im Christian Science Monitor, 13. Juni 1986, S. 23.

Letztendlich sind wir alle biblische Frauen. Ob Mann oder Frau sind, wir alle besitzen denselben mutigen Geist. Das Erbe, das wir von ihnen erhalten haben, ist eine starke Kraft — eine Kraft, die die Welt verändern kann!

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / August 1999

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.