Das Nudelwasser
Vier Kinder sollten zum Mittagessen kommen und ich war spät dran. Mit Schwung nahm ich den großen Topf vom Herd, um die Nudeln, die ich darin gekocht hatte, abzugießen. Dabei schwappte ein ganzer Schwall kochendes Wasser über meine Hand und landete klatschend auf dem Fußboden.
Meine erste Reaktion war: schnell den Topf zurückstellen und die Hand in Ruhe unter kaltem Wasser kühlen, um den Schmerz zu lindern. In dem Moment aber, als ich die Hand unter den Wasserstrahl hielt, kam mir die Erinnerung an frühere solche Versuche und mir war klar, dass ich auf diese Art lange und mit ziemlich wenig Erfolg gegen die Schmerzen ankämpfen würde. Dazu hatte ich aber weder Lust noch Zeit; ich wollte ja das Essen für die Kinder fertigmachen.
Gedanken sind schnell: das Wasser aufdrehen und wieder abdrehen war eins. Ich sagte zu mir: Das alles war nur ein Irrtum.
Auch hier muss ich sagen, dass mir damals noch nicht wirklich klar war, warum es sich bei diesem „Unfall im Haushalt" um einen so genannten Irrtum handelte. Es war für mich noch ein Schlagwort, von dem ich nur undeutlich fühlte, dass es alles bezeichnete, was von Gott nicht gewollt und also auch nicht real sein konnte. Ich vertraute aber darauf, selbst in Gottes Realität und damit auch vollendeter Harmonie zu stehen und fing an, ein Lied zu singen, mit dem ich mich schon während des ganzen Vormittags beschäftigt hatte und in dem es von Gott heißt: „. .. Heilung spendet Seine Liebe. .. " und „. .. in Gottes Liebe, wo der Schmerz in nichts zerrinnt". Ich nahm den Topf wieder, goss die Nudeln ab und fuhr auch mit den übrigen Vorbereitungen fort.
Und in mir wuchs eine große Freude, denn es war kein Schmerz in meiner Hand, sondern nur eine sich langsam ausbreitende wohlige Wärme. Es war auch nicht die geringste Rötung zu sehen, und zu der Freude breitete sich in mir die Gewissheit aus: Gottes Macht, die Macht der Liebe und der Wahrheit, ist stärker als alles, was uns als schädlich oder böse erscheint.
Der Kroton
Seit etlichen Jahren habe ich einen Kroton. Das ist eine Pflanze mit bis zu 30 cm langen, mehr oder weniger gefleckten Blättern unterschiedlichster Färbung, von fast schwarz über feuerrot, orange und gelb bis grün. Als ich ihn kaufte, war er ca. 40 cm hoch und verlor erst einmal — wie zur Begrüßung — alle Blätter. Aber ich gab nicht auf, und siehe da, er bekam neue Blätter und wuchs, sein Stamm teilte sich, und er wurde so nach und nach zu einem stattlichen kleinen Bäumchen.
Dann aber bekam er plötzlich Spinnmilben und fing an vor sich hin zu mickern. Ich holte mir Rat in einer Pflanzenhandlung, kaufte ein entsprechendes Gift, behandelte ihn damit und konnte mich nach einiger Zeit wieder an seiner Pracht freuen; er wuchs wieder.
Und er bekam wieder Spinnmilben, die ich wieder mit Gift ausrottete, und also konnte er wieder wachsen.
Ich weiß nicht mehr, wie oft das so hin und her ging, aber irgendwann bekam ich Bedenken und beschloss, kein Gift mehr zu verwenden, sondern die Spinnmilben abzuwischen und mit relativ starkem Druck abzuduschen. Es funktionierte, das Bäumchen wuchs und leuchtete üppig — aber dann waren die Spinnmilben wieder da. Zwei, drei Mal noch kämpfte ich auf diese Weise gegen die Spinnmilben an.
Dann ging es dem Kroton wieder einmal schlecht und ich konnte mich nicht dazu aufraffen, ihn zur Badewanne zu schleppen. (Er war ja inzwischen recht groß und steckte auch in einem viel schwereren Blumenkübel.) Ich bekam ein schlechtes Gewissen, das täglich wuchs, weil ich nichts unternahm, der Pflanze zu helfen, aber dann kam mir plötzlich eine ganz neue Idee.
Ich war kürzlich in einer Mittwochabend Versammlung gewesen. Die Mittwochabend Zeugnisversammlung ist ein Gottesdienst in einer Christian Science Kirche. Hier berichten Menschen von Erlebnissen, bei denen sie die Allmacht Gottes in besonderer Weise, z. B. durch Heilung von Krankheit oder anderen Problemen, erfahren haben. Dort hatte ein Mann berichtet, dass er von einer schweren, sehr schmerzhaften Augenkrankheit geheilt worden war. Nach Auskunft der Ärzte waren Viren die Auslöser der Krankheit. Und er hatte sie in seinem Gebet als Geschöpfe Gottes anerkannt und akzeptiert, sie als in Gottes Liebe eingeschlossen betrachtet.
Diese Idee übertrug ich auf die Spinnmilben. Mit dem Gedanken, dass sie, genau wie die Viren, unschädlich sind, hörte ich auf, sie zu bekämpfen. Schlagartig verschwand mein schlechtes Gewissen und machte einer dankbaren Freude Platz. Ich setzte mich jetzt öfter hin, um den Kroton bewusst zu betrachten und mich an ihm und an meinen neuen Gedanken zu freuen. Nach einiger Zeit — es mögen vielleicht ein bis zwei Wochen gewesen sein — konnte ich erkennen, dass neue Blätter knospten und als ich hinging, um sie näher zu betrachten stellte ich fest, dass auch keine Spinnmilben mehr da waren.
Später wurde mir klar, dass das Wesentliche nicht meine Haltung zu den Spinnmilben war, sondern mein Anerkenntnis der Weisheit Gottes als Schöpfer einer harmonischen Welt, in der jedes Detail seinen richtigen Platz hat, an dem es keinem anderen Geschöpf schaden kann.
