Ein blinder Mann steht, inmitten des Getümmels einer Großstadt, an der Eingangstür zu einer Behörde. Er wird angerempelt, von einem Zeitungsverkäufer angesprochen. Der Strom der Passanten zieht an ihm vorüber, der Straßenverkehr tost lärmend um ihn herum — und der Blinde steht einfach da. In völliger Ruhe. Er lauscht nicht ängstlich auf die vielleicht unvertrauten Geräusche. Ein Freund hat ihn auf dem Weg zu dieser Behörde begleitet und ihm das letzte Stück wegen des großen Andrangs sogar ganz abgenommen. Und er hat die völlige Sicherheit, dass der Freund wieder kommen wird. Er wird zurückkommen, ihm den Arm reichen und ihn sicher nach Hause bringen.
Dieses Bild beschrieb ein Franziskanermönch kürzlich im Radio. Für ihn war es ein Beispiel für die unerschütterliche Gewissheit, die seiner Meinung nach alle Christen haben sollten. Eine Gewissheit, dass der Heiland schließlich zu den Menschen kommen wird, wie es — der Bibel zu Folge — von Gott verheißen worden war. Diese Gewissheit müsste ihnen Ruhe und Frieden geben.
Durch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dem von Mary Baker Eddy verfassten Buch über die göttlichen Gesetze des Lebens und der Liebe, erfährt die Welt, dass der Heiland erschienen ist. Die göttliche Botschaft an jeden einzelnen Menschen hat heute nicht die Form einer körperlichen Person. Es ist der Christus, ein beständiger heilender und tröstender Einfluss im individuellen Denken. Daher kann die Menschheit wissen, dass sie das Wirken dessen, der sie erlösen und befreien wird, auf alle Fälle erfahren wird. Ganz gleich, wie dramatisch uns die jeweilige Situation erscheint, ganz gleich, wie sehr womöglich die Zeit drängt, ganz gleich, wie ausweglos unsere Lebenslage uns vielleicht vorkommt. Es bleibt die beständige, unerschütterliche Freude, dass jeder von uns die Lösung von Problemen erfahren kann — im Geschäft, im Privatleben wie auch in gesellschaftlichen Strukturen oder gar globalen Fragen.
Warten müsste man können ... Wobei ich wahrlich kein Freund und schon gar kein Experte im Warten bin, jedenfalls in dem Warten, wie man es üblicherweise definiert: als ohnmächtiges Beobachten von Entwicklungen, die man ohnehin nicht beeinflussen zu können meint. Der Unterschied liegt in der Erwartung. Nehme ich die Dinge einfach so hin, wie sie kommen, und laufe immer irgendwie mit eingezogenem Kopf in der bangen Sorge, was als Nächstes wieder schieflaufen und welcher Schicksalsschlag mich als Nächstes wohl ereilen könnte? Oder lebe ich mein Leben in dem Bewusstsein, dass es auf einem Gesetz beruht, das mir ausreichende Versorgung, Zufriedenheit und Erfüllung garantiert, wenn ich es nur nutze. Dann schaue ich mit der Gewissheit um mich, wie ich mich im Haus meines Vaters bewege, wenn ich ihn besuche. Von dem weiß ich, dass auch für die einfachsten Bedürfnisse vollständig gesorgt ist. Da ist jede Sorge unnötig, weil mich Gottes Gesetz mit allem versorgt, was ich benötige.
Ist es wirklich so einfach? Ja, genau so einfach ist es — auch in wichtigen und sogar dringenden, drängenden Fragen. Die Erwartung bestimmt den Unterschied in unserem Erleben. Wenn ich aus dem Blickwinkel dieses Gesetzes der Vollkommenheit schaue, kann ich diese Vollkommenheit wahrnehmen. Dieses Gesetz ist schon in der Bibel verankert und erkennt dem Menschen als Bild und Gleichnis Gottes alles zu, was Gottes Wesen ausmacht. Wie es auch im Gleichnis vom verlorenen Sohn dem Daheimgebliebenen gesagt ist: „Alles, was mein ist, das ist dein" (LK 15:21).
Es steht uns immer alles Gute zur Verfügung, damit wir es nutzen können. Und dabei geht es nicht darum, nur das Gute im Leben zu sehen und vor dem Unzulänglichen, Kranken, Hilfsbedürftigen und Unvollkommenen die Augen zu verschließen. Das Gesetz des Guten verändert die menschliche Situation ganz konkret. Es ist eine wirkende und wirksame Kraft, die jede noch so herausfordernde Situation letztendlich zu einem Segen machen kann, der ausschließlich Gutes für jeden bedeutet. Dieses Gesetz ist für jeden bedeutet. Dieses Gesetz ist für jeden wirksam. Und es steht jedem Menschen zur Verfügung. Machen wir uns mit ihm vertraut, um es praktisch anwenden und seine Wirkungen wahrnehmen zu können. So wie wir ein Satelliten-Fernsehprogramm nur sehen können, wenn wir einen Empfänger dafür haben, der die Signale aus dem Äther in für uns sichtbare Zeichen auf dem Bildschirm umwandelt. Das Satelliten-Programm ist aber auch dann da, wenn wir kein entsprechendes Empfangsgerät besitzen. Und auch der Zweifel eines Menschen, der vielleicht noch nie mit einem solchen technischen Gerät in Berührung gekommen war, würde an der Existenz dieser Signale nichts ändern.
Unsere Anerkennung dieses Gesetzes des Guten bestimmt unsere Erwartung. Mit diesem Wissen können wir selbst in der schwierigsten Situation still und freudig und ohne Ungeduld eine befriedigende, erfreuliche Lösung erwarten, aufkommende Zweifel ob einer Verzögerung oder auch Störung, in welcher Form auch immer, überwinden und die ersehnte Befreiung vom Problem erleben. Solches Warten ist kein „Hände-in-den-Schoß-Legen", kein ergebenes Erdulden dessen, was halt geschieht, kein banges Hoffen, dass es schon gut werden möge. Es ist eine äußerst aktive, bejahende, konstruktive und nicht zuletzt heilsame Gedankenhaltung, die uns da Lösungen erkennen lässt, wo andere noch verzweifelt mit dem Schicksal ringen. Ein solch aufgeschlossenes, entspanntes Bewusstsein ist frei, im völligen Vertrauen auf das Gesetz des Guten die stets gegenwärtige Lösung zu erwarten, sie zügig zu erkennen und zu ergreifen. Und so ist das „Warten" auf eine Lösung eine freudige, erfüllte und lebendige Zeit voller Gewissheit und Frieden, fernab von Ohnmchtsgefühlen und Sorge und deshalb unabhängig von gängigen Zeitbegriffen. So zu warten ist an sich ein Segen es heilt!
