Als ich vor ein paar Jahren von einer Mittwochabend versammlung in unserer Kirche nach Hause kam, wurde ich von einer meiner drei Katzen begrüßt. Zwei von ihnen waren damals noch Junge und für ihre Größe machten sie manchmal einen ziemlichen Lärm. Doch als ich meinen Mantel auszog, hielt ich plötzlich schreckerfüllt inne. Mir wurde bewusst, dass die Geräusche, die ich vom Obergeschoss hörte, nicht von den Katzen kommen konnten. Im nächsten Moment hörte ich Schritte. Ich sah ein Paar Jogging Schuhe oben auf dem Treppenabsatz. Die Person, die diese Schuhe anhatte, stieg die Treppe herab und steuerte auf die Tür zu, wo ich bewegungslos stand. Ein junger Mann kam in mein Blickfeld. Sein Gesicht war von einem Schal verdeckt.
In einigen Situationen kennen die Gedanken keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Meine Intuition sagte mir jedoch, dass ich ruhig bleiben musste. Ich hatte keine Ahnung, was dieser Mensch im Sinn haben könnte. Äußerlich gesehen gab es absolut nichts, was ich hätte tun können. Ein Gedanke setzte sich unter den anderen durch: Vertrau darauf, dass dieser Mensch, der nicht erkannt werden will, tatsächlich ein geliebtes Kind Gottes ist. Das war alles, was ich über ihn zu wissen brauchte. Ich klammerte mich an Gott wie nie zuvor.
Wie gelähmt vor Furcht stand ich an der Tür, während er wortlos an mir vorbeiging und die Augen auf die Haustür gerichtet hielt. Als er die Hand nach dem Türgriff ausstreckte, drehte er sich um und sagte: „Ich habe nichts eingesteckt.” Plötzlich sprachen wir miteinander! Seltsamerweise spürte ich jetzt, dass ich Herr der Lage war. Er erzählte mir, wie er das Glas aus der Terassentür entfernt hatte und ins Haus eingedrungen war. Er wiederholte immer wieder, dass er nichts gestohlen oder kaputt gemacht habe.
Inzwischen war meine Furcht einem Mitgefühl für diesen jungen Mann gewichen, der vielleicht etwas jünger als mein eigener Sohn war. Er habe nach Geld gesucht, sagte er. Doch als ich ihm das wenige Kleingeld anbot, das ich bei mir hatte, etwa 15 DM, wollte er es nicht annehmen. Er bat mich ihn nicht anzuzeigen. Ich gab ihm mein Wort, wollte aber, dass er mir dafür auch etwas versprach: Er sollte sich nicht als kriminell betrachten, denn das hat auf lange Sicht noch nie jemandem Zufriedenheit gebracht. Ich sagte ihm auch, dass er in seiner wahren Identität ein Kind Gottes sei, der uns beide gut erschaffen und uns alles gegeben hat, was wir brauchen.
Er entschuldigte sich für das, was er getan hatte, und sagte, er sei, als er mich gehört hatte, nach unten gekommen, weil er mich nicht erschrecken wollte! Wir empfanden Vertrauen zueinander, als er mir dann die Hand schüttelte und in die Nacht hinausging. Sein Gesicht habe ich nie gesehen, doch ich spürte, dass er mir mehr von seiner wahren Natur offenbart hatte, als er es vorgehabt hatte. Ich habe nie einen kriminellen Menschen in ihm gesehen.
Nachdem ich noch zwei Stunden über den Vorfall nachgedacht und gebetet hatte, ging ich zu Bett und schlief normal die restliche Nacht durch. Gott ist immer mit uns.
Bærum, Norwegen