Glen Lauder hat in den letzten zehn Jahren mit anderen Ökologen am Umweltschutzmanagement in Neuseeland gearbeitet. Zusammen mit ihnen hat er eine Strategie zur Erhaltung der Artenvielfalt dieses Landes entwickelt, ein Programm, das den Schutz einheimischer Pflanzen- und Tierarten und ihres Lebensraums sichern soll. Redaktionsmitglied Kim Shippey fragte ihn, ob Spiritualität Lösungen für die Umweltbedrohung bietet.
Mit Spiritualität assoziiert man manchmal eine „Innenwelt”, im Gegensatz zu der „Außenwelt”, mit der sich die Naturwissenschaft befasst. Je weiter wir jedoch in einem dieser beiden Bereiche vorwärtskommen, desto weniger stichhaltig scheint diese Unterscheidung.
Dies ist besonders wichtig zu einer Zeit, wo viele Länder einen Verlust an Artenvielfalt zu verzeichnen haben, der in seinem Ausmaß in der menschlichen Geschichte noch nie dagewesen ist. Der Umfang des Problems auf globaler Ebene bis hin zum Überleben einzelner Arten und ihrer Lebensräume fordert Wissenschaftler und Kommunen in ihrer Gesamtheit heraus, neue Handlungs-, Forschungs- und sogar Denkweisen zu finden, um die Artenvielfalt zu erhalten.
Wissenschaftler achten auf Objektivität bei ihren Beobachtungen. Und mehr und mehr beobachten sie auch sich selbst und die Art und Weise, wie ihr eigenes Denken ihre Beobachtungen beeinflusst. Der traditionelle wissenschaftliche Ansatz der Reduktion, d. h. einzelne Teile der Natur isoliert zu betrachten, funktioniert nicht bei Problemen, die so groß und komplex sind wie die Erhaltung der Artenvielfalt. Statt sich nur um die Erhaltung einzelner Tierarten zu kümmern, ist man daher dazu übergegangen sich mit ganzen Ökosystemen zu befassen. Die Betrachtung der großen Zusammenhänge lenkt die Aufmerksamkeit auf gegenseitige Abhängigkeiten und das Wohlergehen aller und führt biologische Erklärungen auf eine höhere Ebene als nur die Ebene des bloßen Überlebenskampfes.
Wenn wir immer nach Konflikt und Kampf Ausschau halten, gelingt es uns vielleicht nicht, alternative Erklärungsansätze zu entwickeln. Doch wenn wir unsere Sicht der Welt erweitern, rücken Vielfalt, Zusammenwirken und Komplementarität als ordnende Prinzipien ins Blickfeld. Ich sehe in dieser Beziehung eine Verbindung zu einer Aussage in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy: „Akademische Bildung der rechten Art ist erforderlich. Beobachtung, Erfindung, Studium und schöpferisches Denken erweitern den Horizont und sollten dazu beitragen, dass das sterbliche Gemüt über sich selbst hinauswächst, über alles, was sterblich ist.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 195.
Der Kernpunkt der Umweltzerstörung scheint ein Gefühl der Trennung von der natürlichen Umwelt zu sein. Man hat oft beobachtet, dass Eingeborene ein Einfühlungsvermögen für die Natur entwickelten, das es ihnen erlaubte, sich anderen Geschöpfen gegenüber wie Schwestern und Brüder zu verhalten bzw. sie als Schwestern und Brüder zu sehen. Wenn man die Weltwirtschaft betrachtet, scheint es zu viel verlangt, zu erwarten, dass die Menschen zu einem einfacheren Leben zurückkehren. Die Technologie mag einigen Menschen zu einer viel größeren Unabhängigkeit von den Begrenzungen der urwüchsigen Natur verholfen haben, jedoch zu einem hohen Preis für die Natur und für uns selbst.
Ich habe das Gefühl, dass wir gründlich die Art ändern müssen, wie wir die Welt sehen und wie wir mit den Geschöpfen um uns herum, vom kleinsten Käfer bis hin zum edelsten Baum oder Tier, umgehen. Dies ist eine Aufgabe, die geistiger Natur ist. Wir müssen die Quellen finden, die das Denken inspirieren und umwandeln. Für mich ist dabei das Studium von Wissenschaft und Gesundheit von zentraler Bedeutung. Die Ideen in diesem Buch zielen direkt auf die Heilung dieser Trennung der Menschen von einem höheren Begriff von sich und dem Universum ab.
Eine der vielen eindrucksvollen Erfahrungen, die ich in Verbindung mit dem Studium dieses Buches hatte, ereignete sich vor drei Jahren. Ich hatte eine Beraterfunktion bei einem Programm für bedrohte Arten übernommen. Auf einer der südlichen Inseln Neuseelands suchte man nach letzten Exemplaren einer seltenen und schönen Vogelart. In Wissenschaft und Gesundheit las ich die Worte: „Das göttliche Gemüt erhält alle Identitäten vom Grashalm bis zum Stern als eindeutig und ewig.” Ebd., S. 70. Ich dachte tief darüber nach, was dies bedeutet und mir wurde klar, dass es für den unendlichen Geist, der das Leben selbst ist, keinen Prozess des Aussterbens gibt, keinen Verlust einer Idee. Ich sah ein: Wenn die Identität tatsächlich geistig ist und nicht nur ein verwundbarer genetischer Fingerabdruck, dann wird das aktive, unendliche und liebevolle Gemüt diesen geistigen Ausdruck erhalten. Dies nahm mir das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und gab mir einen frischen Ansatz für meine Arbeit. Aber nicht nur das. Nach kurzer Zeit fand auch ein Suchteam weitere Vögel in einem Gebiet, wo man sie für ausgestorben hielt und sie konnten in ein raubtierfreies Schutzgebiet gebracht werden. Dieser kleine Vorfall stimmt mit anderen Erfahrungen überein, die ich gemacht habe. Für mich ist das ein Zeichen, dass auf geistiger Einsicht beruhendes Gebet unser Erleben beeinflusst. Und je weitreichender und umfassender unsere Gebete sind, desto größer sind die Möglichkeiten für unseren Planeten und für alle, die darauf leben.