In einem Winter unternahm ich eine lange Reise nach Polen, um meine Cousine in Kattowitz, einer Industriestadt mit Kohlenbergbau, zu besuchen. Es war sehr kalt dort und alles grau von dem Ruß. In den Straßen sah man oft Betrunkene. Eine Frau brach im Bahnhof zusammen, anscheinend drogensüchtig.
Ich war total gefrustet und ich sehnte mich danach, Gottes Macht Macht und Gegenwart zu spüren. In der Bibel wird uns verheißen: „Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein —, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir ...” (Ps 139:11, 12). Ich betete ständig, um das Licht zu sehen.
Meine Cousine und ich hatten vereinbart, uns an einem Abend in einer beliebten Bar in der Nähe ihrer Schule zu treffen. Ich musste einige Stunden auf sie warten und da ich keine Lust hatte, in der eisigen Kälte auf der Straße herumzulaufen, ging ich hinein.
Die Atmosphäre war total schrecklich. Rechts und links von mir holten sich die Leute ein Bier nach dem anderen, während sich draußen die Betrunkenen übergaben. Ich bekam Kopfschmerzen.
Als ich so an der Bar saß, schlug ich meine kleine Reisebibel auf, um dort etwas Hilfreiches zu finden. Mein Blick fiel auf eins von Jesu Gleichnissen. Es berichtet von zwei Männern, die in den Tempel gingen, um zu beten. Der eine ist rechtschaffen, aber arrogant, der andere grobklotzig, aber demütig. Ersterer sagt: „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute ...” (LK 18:11). Letzterer spricht ganz inniglich mit Gott, ohne sich mit anderen zu vergleichen.
Ich merkte, dass ich mich wie der stolze Mann in dieser Geschichte verhielt — dass die Neigung über andere zu urteilen aus meinem Gebet verschwinden musste. Das war ein erster Lichtstrahl!
Der göttliche Schöpfer hatte keine Betrunkenen oder Drogensüchtigen, sondern nur reine Menschen geschaffen. Er ermöglichte jedem, klar zu denken. „Das echte Selbst des Menschen wird nur in dem erkannt, was gut und wahr ist” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 294).
Als ich das las, verlor alles, was die Leute um mich her taten, an Bedeutung: Es hatte ja nichts mit dem zu tun, was sie wirklich waren! Ich begriff, wie die Schöpfung aussah, die Gott geschaffen hatte: geistig und makellos wie Er selbst. Das war echt cool. Es befreite mich von den Kopfschmerzen und der Traurigkeit. Es erfüllte mich mit Liebe zu den Menschen um mich her.
Dann sah ich jemanden, den ich von der Schule meiner Cousine her kannte. Ich sprach ihn an und spürte dabei eine tiefe Freude, wie Gott sie für jeden von uns — Seine Kinder — empfinden muss. Es war egal, was andere Leute taten; ich versuchte nur Gottes Güte und Liebe zu sehen. Und die sah ich.
Palo Alto, Kalifornien, USA
