6.45 Uhr Ich bin auf der Fahrt zur Schule. Die grauen Wolken im Osten sind mit einem zarten Hauch Rosa überzogen. Ich bete, dass die Schönheit dieses Sonnenaufgangs meinen Tag kennzeichnen möge. In meinen Gedanken möchte ich die Schulgemeinschaft umfassen, versuche, sie nicht von einem menschlichen Schulleiter, sondern vom göttlichen Prinzip geleitet zu sehen. Dieses unfehlbare Prinzip ist immer gerecht, immer stark; es überwacht Klassenraum, Bibliothek, Turnhalle, Sportplatz — die gesamte Schule, und es regiert alles in vollkommener Weise.
7.15 Uhr Durch die Schulgänge gehe ich zum Konferenzraum, um meine Post zu holen. Überall warten Gruppen von Schülern auf den Beginn des Unterrichts. Ich will sie im Licht der geistigen Interpretation von Kindern in Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy sehen. Der erste Satz davon lautet: „Die geistigen Gedanken und Vertreter von Leben, Wahrheit und Liebe.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 582.Unabhängig von dem, was ich um mich herum sehe oder höre, lasse ich die geistige Wahrheit in meinem Denken herrschen, um so die wahre Identität jedes Einzelnen wahrzunehmen.
7.45 Uhr Ich bin auf dem Weg zum Klassenraum. Im Gehen erinnere ich mich daran, dass Gott, und nur Gott allein, die Verantwortung trägt. Es fällt nicht in meinen Aufgabenbereich, ganz allein dafür zu sorgen, dass kein Schüler aus der Reihe tanzt. Meine Aufgabe ist es, ohne jeden Zweifel zu wissen, dass Gott die einzige Macht im Klassenraum ist und dass sowohl die Schüler wie auch ich Ihm gehorchen. Ich finde es herrlich zu wissen, dass jeder/jede Einzelne ständig damit beschäftigt ist, sein/ihr gottgegebenes Wesen widerzuspiegeln. Ich weiß, dass so jeder die Klarheit seiner geistigen Individualität zum Ausdruck bringt. Ich versuche, die Schüler als Abbild von Geist zu sehen, als aufgeweckte, lebendige Widerspiegelungen von Wahrheit und Leben — mit anderen Worten von Gott. Ich stelle mir vor, wie Gott zu ihnen das sagt, was Er zu den Kindern Israels sagte: „Ich habe euch auf Adlerflügeln getragen und euch zu mir gebracht.” Siehe 2. Mose 19:4. Sein Einfluss ist der einzige, der sie berühren kann, und Er formt jeden Einzelnen nach Seinem Plan.
Im Tag eines jeden Lehrers kann es Schüler geben, für die man die Ärmel ein wenig aufkrempeln muss. Darum ist die Interpretation von Kindern aus Wissenschaft und Gesundheit so hilfreich für mich. Zusätzlich zum ersten Satz, der aufzeigt, was in Gottes Schöpfung wirklich ist, wird darin noch ein weiterer Gesichtspunkt dargelegt. Mich weist diese zweite Darstellung auf das hin, was Gott aus unseren Gedanken über Kinder entfernt — nämlich „sinnliche und sterbliche Ansichten”. Diese mögen sich als Grobheit, Selbstsucht oder Unbeherrschtheit zeigen. Aber ich sehe es als mein Privileg an, mit Vehemenz zu verneinen, dass solche Elemente Teil der wahren Natur irgendeines anderen Menschen sein können.
13.00 Uhr Ich bin kein Nervenbündel mehr, wenn ich in den Nachmittagsunterricht gehe. Etwas ganz Besonderes ist geschehen. Es gab da einen echten Störenfried. Ich hatte zwar wegen dieser Situation gebetet, aber es wurde noch mehr von mir verlangt. Ich musste eine klarere Transparenz für Gottes Liebe werden und sie in meinen Gedanken und Handlungen ausdrücken. Im Gebet fiel mir ein völlig anderer Ansatz für den Umgang mit dem Jungen ein. Obwohl ich an so etwas vorher noch nie gedacht hatte, entschied ich mich, es zu versuchen. Ich erklärte ihm diese neue Idee. Sie schien ihm zu gefallen. Genau von diesem Tag an begann er mehr im Unterricht mitzuarbiten. Er macht nun seine Arbeit sorgfältig und pünktlich. Die ganze Atmosphäre in der Klasse hat sich verändert.
15.30 Uhr Ich beginne mich zu entspannen und freue mich über alles, was heute gut gelaufen ist. Ich bin dankbar für die Gutwilligkeit, den Gehorsam und die Intelligenz, die innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers sichtbar wurden. Diese kurzen Momente der geistigen Dankbarkeit nach einem geräuschvollen Tag erleichtern das Auspannen und bringen ein erfrischendes Gefühl der Gelassenheit.
