Mary Baker Eddy (1821-1910) war ihrer Zeit voraus. Fast ein Jahrhundert später werden jetzt ihr Leben und ihre Gedanken in der Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit einer neuen Generation näher gebracht.
Das Einzigartige an Mary Baker Eddys Schriften ist deren bemerkenswerte Aktualität im 21. Jahrhundert. Ihr Hauptwerk, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, ist seit über neunzig Jahren ein Bestseller und wird von mehr neuen Lesern gekauft und gelesen als jemals zuvor in seiner 125jährigen Geschichte.
In einer Würdigung in Harper’s Weekly aus dem Jahr 1910 wird Eddy als Pionierin bezeichnet — und zwar als „eine der ungewöhnlichsten, von denen historische Aufzeichnungen existieren”. Wenn die Mary Baker Eddy Bibliothek für den Fortschritt der Menschheit in Boston im nächsten Jahr ihre Pforten öffnet, werden die historischen Dokumente dieser bahnbrechenden Denkerin der Öffentlichkeit in größerem Maße zugänglich sein als je zuvor. Hundertausende Seiten von M. B. Eddys Schriften und ihren privaten und anderweitigen Papieren können dann von Historikern, Akademikern und der breiten Öffentlichkeit eingesehen werden.
Was erwartet also die Besucher in der Bibliothek? Wir laden Sie ein zu einer Vorschau der Sammlung, die von den Kustoden und wissenschaftlichen Mitarbeitern zusammengestellt worden ist.
Schriften und Manuskripte
Mary Baker Eddy erklärte einmal, dass ihr Hauptwerk, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, aus ihrem „ganzen Leben hervorgegangen ist” (Brief an Mrs. A. J. Swarts, 1884). Das Buch, das erstmals 1875 erschien — sie war damals 54 Jahre alt —, wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens und ihrer Arbeit. Im Laufe von dreieinhalb Jahrzehnten überarbeitete sie das Buch sechsmal grundlegend und unzählige Male in geringerem Umfang. Wenige Werke anderer Autoren können Derartiges für sich in Anspruch nehmen. Die Sammlung von mehr als 400 Ausgaben von Wissenschaft und Gesundheit in der Bibliothek legen Zeugnis ab von Eddys Engagement für die Gedanken, die den Kern ihres Lebenswerkes bilden. Dieses Buch (in 16 Sprachen übersetzt und auch in englischer Blindenschrift erhältlich) und ihre vielen anderen veröffentlichten Schriften bilden einen unerlässlichen Rahmen für die Erforschung und das Verständnis der übrigen Sammlung.
Die Bibliothek enthält auch Eddys unveröffentlichte Manuskripte und Artikel. Darunter befinden sich ihre umfangreichen Notizen zur Genesis, die sie in den drei Jahren unmittelbar nach ihrer Entdeckung von Christian Science (1866) gemacht hatte. Über diese Notizen schrieb sie später im Vorwort von Wissenschaft und Gesundheit, sie bewerte sie „wie Eltern die Andenken an das Aufwachsen ihres Kindes schätzen und sie nicht geändert wissen möchten”. Ein weiteres Manuskript in der Sammlung, ein autobiografisches Werk mit dem Titel „Footprints Fadeless” [etwa: Unvergängliche Fußtapfen], verfasste sie um die Jahrhundertwende.
Dieses und andere Werke in der Sammlung vermitteln einen Eindruck von den Herausforderungen, denen M. B. Eddy als Frau und Reformerin ausgesetzt war, als sie der Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts ihre kühnen neuen Anschauungen präsentierte. Über diese Herausforderungen schreibt sie in „Footprints Fadeless”: „Ich habe das Schicksal eines Entdeckers und Gründers von Anfang bis Ende erlebt.”
Briefe und korrespondenz
Ob es Gedichte waren, die sie als junges Mädchen aus eigenem Antrieb niederschrieb, oder Briefe mit unverblümten Ratschlägen, Briefe mit Neuigkeiten aus der Familie oder Dankesschreiben an Nachbarn und Geistliche, Eddys Worte kamen vom Herzen und sie sprach mit Eloquenz und Überzeugungskraft. Ihre der Öffentlichkeit bisher nicht zugänglichen Briefe — etwa 20 000 an der Zahl — bilden den Kern der Schriftensammlung. Diese Briefe veranschaulichen deutlich ihre unentwegten Bemühungen, andere zu ermutigen und zu unterweisen, wie auch ihre verschiedenen Rollen als Führerin, Lehrerin, Freundin und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Im Laufe der Jahre gab es kaum Anzeichen dafür, dass ihre Korrespondenz abnahm, und als sie das Alter von achtzig Jahren erreichte, nahm sie sogar noch zu.
Die Sammlung enthält auch Zehntausende von Briefen, die an Eddy gerichtet sind. Sie vervollständigen den Dialog zwischen ihr und ihren Zeitgenossen — von Schülern und Angehörigen der Familie bis zu namhaften Politikern. Hier findet man zum Beispiel Briefe von Susan B. Anthony, Ida McKinley (Präsident McKinleys Frau) und Präsident Theodore Roosevelt, und gleich daneben Briefe von ihren Enkelkindern und ihrem Sohn George Glover. Ferner gibt es Briefe von dem bekannten transzendentalistischen Denker Bronson Alcott, dessen tröstende Worte ihr so viel bedeuteten, als die erste Ausgabe von Wissenschaft und Gesundheit von vielen Kritikern verworfen worden war. Auch befinden sich hier Briefe von dem berühmten amerikanischen Journalisten Arthur Brisbane, der Eddy in ihren letzten Lebensjahren interviewte.
Hefte und Sammelalben
Unter den wenigen noch existierenden Dokumenten aus Mary Baker Eddys Jugendzeit befinden sich zwei tagebuchartige Hefte. Auf den Seiten dieser kleinen Hefte stehen Zitate und Gedichte, von denen sie inspiriert worden war und die sie aus verschiedenen literarischen Quellen kopierte. Diese Hefte enthalten auch ihre eigenen Gedichte und persönlichen Betrachtungen sowie Anmerkungen über ihre Erlebnisse, etwa über ihre Heimfahrt von North Carolina nach New Hampshire im Jahr 1844 nach dem Tod von George Glover, ihrem ersten Mann. Wir können uns glücklich schätzen, dass Eddy all das sorgfältig aufgehoben hat, denn es gibt nicht viel Originaldokumente aus ihrem Leben zwischen 1840 und 1870. Die Hefte gewähren einen aufschlussreichen Einblick in ihr Leben während dieser schwierigen Jahre.
Ihr Leben lang folgte M. B. Eddy mit großem Interesse dem Tagesgeschehen und schnitt sich Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen aus. Es liegen 32 Sammelalben vor, voll mit Ausschnitten, die von Themen wie dem amerikanischen Bürgerkrieg, Darwins Evolutionstheorie, dem Frauenrecht und Fortschritten in der Physik und Astronomie handeln. All das zeugt von ihrer regen Anteilnahme am Weltgeschehen und von ihrem lebhaften Interesse an den Fragen, Ereignissen und geistigen Strömungen ihrer Zeit.
Privatbibliothek und Bibelsammlung
Eddys Interesse an Ideen kann man an ihrer umfangreichen Bibliothek ablesen, die Werke zahlreicher Autoren enthält, von Shakespeare und Ralph Waldo Emerson bis Helen Keller wie auch wissenschaftliche Abhandlungen über Naturgeschichte und Physik. In vielen dieser Bücher finden sich Eddys Notizen und Randbemerkungen und auch von ihr unterstrichene Stellen — alles Hinweise auf die Ideen und die Themen, mit denen sie sich beschäftigte.
Die Bibliothek enthält eine Sammlung von über 400 Bibeln — dem Buch, das ihr Lehrbuch war und mit dem sie sich ständig befasste. Unter diesen Bibeln befinden sich viele alte Ausgaben, von denen M. B. Eddy manche geschenkt bekam oder die der Sammlung später als Schenkung zugingen. Dass mehr als fünfzig dieser Bibeln Eddy gehörten, zeigt an, dass sie ihr Leben lang mit der Heiligen Schrift eng vertraut war. Zur Sammlung gehört auch die aus dem Jahr 1795 stammende Familienbibel der Bakers sowie die vielen zerlesenen Bibeln, in denen sie täglich las. In einer von ihnen schrieb sie an den Rand neben den 103. Psalm: „Mein Bruder Albert las mir diesen Psalm vor und hat mich damit vom Krankenbett erlöst.” Eddy besaß und benutzte auch Nachschlagewerke über die Bibel, die ebenfalls in dieser Sammlung enthalten sind.
Erinnerungen
Nachdem Eddy zu einer der bekanntesten Frauen ihrer Zeit aufgestiegen war, wurde sie oft karikiert, kritisiert und verleumdet. Das rief ihre Verteidiger auf den Plan — vor allem Alfred Farlow, ein Repräsentant ihrer Kirche —, die Dutzende von Personen, die Eddy persönlich kannten, interviewten und ihre Erinnerungen aufzeichneten. Damit wurde der Grundstein für eine wahre Fundgrube von Reminiszenzen von über 800 Personen gelegt, darunter auch von Eddy selbst.
Wenngleich solche zurückblickenden Darstellungen nicht immer eine wahrheitsgetreue Geschichtsschreibung gewährleisten, so können sie doch Zusammenhänge klären, besonders in Fällen, wo Tagebücher, Briefwechsel oder andere chronologische Dokumente nur begrenzt zur Verfügung stehen. Wenn beispielsweise Briefe Lücken offen lassen — und viele von Mary Baker Eddys Briefen sind der Geschichte verloren gegangen —, können diese Erinnerungen das Bild vervollständigen. Manche der aufgezeichneten Ereignisse wären sonst ohne Beleg. Und in manchen Fällen können die Erinnerungen verschiedener Personen vom gleichen Vorfall zusammengefasst werden, um Eddys Alltag in seinen Einzelheiten zu zeigen und unser Verständnis davon zu vertiefen, auf welch einzigartige Weise sie Probleme löste und ihre Führungsqualitäten zeigte.
Geschichtliche Ressourcen
Eine wertvolle Sammlung von geschichtlichen Ressourcen rundet das Archivmaterial der Bibliothek zu einem Ganzen ab. Hier ist eine reiche Vielfalt von Dokumenten zu finden, darunter biografische Skizzen von Eddys Schülern und ihren Mitarbeitern im Haus, Hintergrundinformationen über wichtige Ereignisse in Eddys Leben und in der Entwicklungsgeschichte ihrer Kirche, Unterlagen über den Druck und die Veröffentlichung von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift und von ihren zahlreichen anderen Büchern, Artikeln, Predigten und öffentlichen Ansprachen — all das enthält wichtiges kontextuelles Informationsmaterial. Briefe von engen Mitarbeitern Eddys, wie Calvin Frye, Julia Bartlett und Laura Sargent, berichten aus erster Hand, was es bedeutete, bei ihr zu leben und mit ihr täglich zusammenzuarbeiten. Eine reiche Auswahl von Ausschnitten aus der Lokal- und überregionalen Presse enthält Interviews mit Eddy sowie ihre Anmerkungen zum Tagesgeschehen und zu den Fragen der Zeit. Unter den Dokumenten befinden sich auch die Gründungsurkunden ihrer Kirche und des Metaphysical College, ferner anerkennende Zuschriften und Anzeigen für Wissenschaft und Gesundheit.
Fotografien
Calvin Frye, Eddys unermüdlicher Privatsekretär, hatte ein Hobby, dem die Nachwelt viel zu verdanken hat: Er war Amateurfotograf. Viele seiner Aufnahmen von M. B. Eddy und ihren Mitarbeitern im Haus sind bisher kaum in der Öffentlichkeit gezeigt worden; die Schnappschüsse gewähren einen Blick hinter die Kulissen des Alltagslebens in Pleasant View in Concord, New Hampshire, und in ihrer letzten Wohnstätte in Chestnut Hill bei Boston. Fryes Fotografien stellen nur einen Teil des Bildbestandes dar, der im Laufe vieler Jahre sorgfältig zusammengetragen und konserviert worden ist. Diese Sammlung von rund 8000 Bildern ergänzt und bereichert das Archivmaterial der Bibliothek; viele von ihnen sind einzigartig und geben Aufschluss über Eddys Leben und ihre Zeit. Die Aufnahmen zeigen Mary Baker Eddy bei der Arbeit an ihrem Schreibtisch, mit Büchern und Papieren auf ihrem Schoß, oder auch auf der Veranda und in der ländlichen Umgebung von Concord bei ihren täglichen Fahrten in der Kutsche. Eine Reihe von Außen- und Innenaufnahmen von ihrem Geburtshaus in Bow wurden um die Wende zum 20. Jahrhundert gemacht. Mit ihrer Hilfe kann man sich ein Bild vom Alltagsleben der Familie Baker in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts machen. Fotos vom Bau der First Church of Christ, Scientist, Boston, im Jahr 1894 — von der gerade stattgefundenen Grundsteinlegung und dem halbfertigen Glockenturm — lassen das Wachstum von Eddys Kirche erkennen und vermitteln einen guten Eindruck von der Bedeutsamkeit des Unternehmens.
Artefakte
Die Dokumentensammlung der Bibliothek gewinnt an Breite und Anschaulichkeit durch Tausende von Gebrauchsgegenständen, darunter so kleine wie Schmuckstücke und Federhalter und so große wie eine Pferdekutsche. Diese Gegenstände werden in klimatisierten Räumen der Bibliothek wie auch in den Häusern in Lynn und Chestnut Hill untergebracht und konserviert werden. Die Sammlung umfasst etwa 7000 Gegenstände, von gemütlichen Möbelstücken, wie die von M. B. Eddy geschätzten Schaukelstühle, bis hin zu den Dingen, die ihr reges Interesse an der Unmenge von neuen Erfindungen zeigen, die in Amerika um die Jahrhundertwende wie Pilze aus dem Boden schossen. Ein Beispiel in ihrem Haus in Chestnut Hill ist der „künstliche Sänger”, das Grammophon, das sie ihren Gästen gern vorführte. Unter den Gegenständen befinden sich ferner Originaldruckplatten der ersten Ausgabe von Wissenschaft und Gesundheit.
Historische Häuser und Stätten
Die Bibliothek unterhält mehrere Häuser in der Umgebung von Boston, in denen Mary Baker Eddy einmal lebte, sowie ihre Geburtsstätte in Bow, New Hampshire. Sie alle stellen wichtige Stationen auf ihrem Werdegang als Entdeckerin und Gründerin von Christian Science dar.
Unweit der Autobahn 93 bei Concord, New Hampshire, liegen auf einer stillen Wiese in den Boden eingelassene Steine, die das Fundament der Farm kennzeichnen, auf der Mary Baker Eddy am 16. Juli 1821 geboren wurde. Obgleich keines der Gebäude mehr steht, lädt doch die Schlichtheit dieser ländlichen Szene zur Betrachtung darüber ein, wie sehr das Leben und die Gedanken dieser Frau sich letztlich auf die Welt auswirken sollten.
Das Haus in der Broad Street 12 in Lynn, 18 Kilometer nördlich von Boston, war das erste Haus, das Eddy nach Jahren der Mühen und einer unsteten Existenz ihr Eigen nennen konnte. Hier schrieb sie kurz nach ihrem Einzug im Jahr 1875 die letzten Seiten von Wissenschaft und Gesundheit und hier wohnte sie bis in die frühen 1880er Jahre.
1887 kaufte sie das Haus in der Commonwealth Avenue 387 in Bostons Back Bay und lebte dort anderthalb Jahre während ihrer Lehrtätigkeit am Massachusetts Metaphysical College, das nahebei in der Columbus Avenue gelegen war. Auf Eddys Wunsch hin dient das Haus an der Commonwealth Avenue als Wohnsitz für den Ersten Leser der Mutterkirche. Die Mary Baker Eddy Bibliothek wird bei der Instandhaltung dieses Hauses mithelfen.
Die letzten drei Jahre ihres Lebens wohnte Eddy in der Beacon Street 400 in Bostons Vorort Chestnut Hill. Während dieser Zeit war sie Führerin einer weltumspannenden Bewegung. Daher musste dieses Haus groß genug sein, um den Hausangestellten, Sekretären und Mitarbeitern Platz zu bieten. Sechs Monate nach ihrem Einzug in dieses Haus, nämlich im Jahr 1908, gründete sie den Christian Science Monitor.
Mary Baker Eddys Geburtsstätte in Bow kann zu jeder Jahreszeit besichtigt werden und in ihren Häusern in Lynn und Chestnut Hill finden mittwochs bis sonntags Führungen statt. (Nähere Einzelheiten und Wegbeschreibungen können Sie der Web-Seite der Bibliothek entnehmen: marybakereddy.org).
