Meine Mikrowelle. Ich liebe sie. Für gewöhnlich benutze ich sie täglich. Und ich benutze sie täglich mit demselben Programm. 45 Sekunden auf 700 W zum Erhitzen von Tee oder Kaffee zum Kaffeetrinken. Ein anderes Programm benutze ich auch öfter. Manchmal koche ich am Wochenende (unfreiwillig) so viel, dass es beinahe für eine Fußballmannschaft reichen würde — die dann aber doch ausbleibt.
Gleich portionsweise eingefroren versorgt es mich die Woche über mit einer warmen Mahlzeit (was mir sonst eher selten vergönnt ist). 2:10 Minuten auf 900 Watt. Es ist so phantastisch unaufwändig und schnell — und es tut mir nicht mehr Leid um verdorbenes Essen im Abfalleimer.
Neulich kam mir so ein Gedanke. Wie würde ich wohl reagieren, wenn ich einmal — sagen wir — Fleisch auftauen wollen würde. Anderes Programm einstellen, 20 Minuten auf 150 W. Und eine Antwort erscheint im Display: „Wir bitten um Entschuldigung, aber Ihre Mikrowelle kann leider nur noch zwei Programme anbieten. Die anderen Programme sind durch Nicht-Benutzung nicht mehr verwendbar.” Das würde ich meiner Mikrowelle aber sehr übel nehmen und mich durch Reklamation dafür „rächen”.
Wie oft sagen oder hören wir: „Ich kann das nur so, wie ich's gewöhnt bin” oder: „Ich hab mir das so angewöhnt. Das kann ich nicht ändern.” Sicher, manches, was wir uns angewöhnt haben, hat sich einfach bewährt. Die Handgriffe oder Abläufe sind eingespielt, keine Bewegung zu viel zu machen spart Zeit und Aufwand. Manche Gewohnheit ist zur Routine geworden, die uns ein Gefühl von Sicherheit gibt.
Wie die Gewohnheiten auch sein mögen, gut oder weniger gut oder auch ganz, ganz schlecht — wenn sie uns daran hindern, etwas zu tun, was wir oder wie wir es noch nie getan haben, dann haben sie zumindest eine Schattenseite. Sie stehlen uns nämlich die Möglichkeit, völlig neue Erfahrungen zu machen.
Sogar in Wochenzeitschriften wie DER SPIEGEL oder Focus liest man in letzter Zeit öfter über neueste Ergebnisse der Hirnforschung. Daraus resultiert die Empfehlung selbst so eingeschliffene kleine Dinge wie Zähneputzen mal anders als gewöhnlich zu machen, um das Gehirn zu trainieren. Es heißt, man könne auf diese Weise ungenutzte Areale des Gehirns aktivieren und damit gewissermaßen seine Fähigkeiten erweitern.
Gewohnheiten sind also mentale Phänomene mit in diesen Fällen physischen Wirkungen. Umgekehrt könnte man dann — den Forschungen zu Folge — durch einen mentalen Vorgang, nämlich Umdenken, Neues-Ausprobieren, Seine-Sinne-Schärfen einen direkten Einfluss auf die physische Beschaffenheit seines Gehirns nehmen. Ist das nicht eine tolle Aussicht?
Aber wenn ich so darüber nachdenke, ist mir das eigentlich immer noch zu wenig. Ich frage mich: Wer oder was legt eigentlich meine Fähigkeiten fest? Meine Kindheit? Meine Erziehung? Meine Gewohnheiten? Meine Erfahrungen? Dann wäre ich wohl überaus „störanfällig” — mannomann, das wäre ja geradezu gefährlich!
„Ich bin es gewöhnt”, bei solchen Fragen die Bibel zu Rate zu ziehen. Und dort finde ich gleich zu Beginn, was mich ausmacht und wer dafür verantwortlich ist. „Und Gott schuf den Menschen” — also auch mich — „zu seinem Bilde. Zum Bilde Gottes schuf er ihn.” Wenn ich dann in der Bibel weiterforsche, lerne ich Ihn als unendlich vielseitig, abwechslungsreich, kreativ kennen. Und Er wird an vielen Stellen als allumfassend und vollkommen beschrieben. Da gibt's keine Einschränkungen durch Wenig- oder Vielbeanspruchung. Es nutzt sich nichts ab, nichts verkümmert, nichts sammelt sich über die Jahre an. Alles bleibt frisch und neu und lebendig und aktiv.
Mary Baker Eddy hat einen drastischen, provozierenden Satz zu diesem Thema verfasst. „Jeder Begriff, der mit dem Gehirn zu beginnen scheint, beginnt falsch. Gemüt ist die einzige Ursache oder das einzige Prinzip des Daseins.” Da haben wir eine radikale Darstellung der Beziehung zwischen Gott und Mensch. Und ich versuche, diese Beziehung so vielschichtig wie möglich in Erfahrung zu bringen.
Ich muss Ihnen noch was sagen: Das Display meiner Mikrowelle gibt nur die Uhrzeit bzw. Betriebsdauer an! Aber sie vergisst nie, was sie alles kann.
