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Die Ko-Evolution des Kosmos

Aus der März 2004-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft

Wohin unsere Sehnsucht führt


Pater Willigis Jäger ist Benediktinermönch und Zenmeister, dessen drittes Buch, aus dem der folgenden Text stammt, jetzt im Verlag Via Nova erschienen ist. Er ist seit Jahren Kursleiter und gefragter Gesprächspartner, hat eine kosmische, ganzheitliche Sicht und ein nie nachlassendes Bemühen, dem suchenden Menschen zu dienen.

Je mehr wir uns verwirklichen, desto weniger autonom werden wir, um so mehr öffnen wir uns in Liebe zu allem anderen.

Wir wissen heute, dass niemand und nichts gesondert existiert. So wenig wie der Finger einer Hand ohne den Körper existieren kann, so wenig kann irgendetwas in diesem Kosmos allein existieren. Wir können nicht eintreten, wir sind in diesem kosmischen Geschehen. Ja, wir sind dieses kosmische Geschehen. Wir sind der Vollzug dieses Geistes Gottes. Wie in einem Fischernetz hängt alles zusammen. Keine Masche ist isoliert. Gleich an welcher Ecke man zieht, das ganze Netz bewegt sich.

Wir Menschen haben einen wichtigen Lernschritt vor uns. Es geht nicht in erster Linie um die individuelle Entfaltung der Persönlichkeit, wie uns oft gepredigt wird, sondern um die Koevolution mit dem ganzen Universum. Es gibt im großen System des Kosmos einzelne Organisationsmuster, so wie das Blutsystem mit Herz und Adern im Körper ein Organisationmuster ist. Aber nur im Körper macht dieses System einem Sinn. Die Spezies Mensch gehört zu solch einem untergeordneten Organisationmuster. Dadurch sind wir von vielen anderen Erscheinungsformen abhängig. Nur im Zusammenhang mit dem ganzen Kosmos machen wir Sinn. Eine solche Erkenntnis bewahrt uns vor der Hybris, wir seien die Mitte des Universums, und auch vor der Angst, bedeutungslos unterzugehen. Richtig verstanden, sind wir dadurch auch so etwas wie die Mitte, weil das Ganze ohne uns nicht existieren will.

Koevolution bedeutet nichts anderes als Wachsen in Beziehung und Gemeinschaft, in Beziehung mit unserem Lebenspartner und mit der Gemeinschaft, in der wir leben. Wir brauchen das Gegenüber zur Selbstwerdung. Wir brauchen den ganzen Kosmos zur Selbstwerdung. Je mehr wir uns verwirklichen, desto weniger autonom werden wir, um so mehr öffnen wir uns in Liebe zu allem anderen. Koevolution bedeutet auch die Entfaltung eines kollektiven, menschlichen Bewusstseins. Was das ist, lässt sich schwer erklären. Kollektives Bewusstsein könnte bedeuten, dass wir uns mehr mit allen Menschen identifizieren als mit uns selber.

Solange die Illusion eines getrennten Ich besteht, besteht auch der Gegensatz zur Natur. Wer die Welt nur aus der Sicht seines Ego-Gefängnisses betrachten kann, also aus der Sicht seiner Begierden und Bedürfnisse, bleibt abgesondert. Wer sich auf seine Wesensmitte beziehen kann, erfährt sich nicht mehr vereinzelt, sondern als das Eine. Dieses Eine ist das Zentrum des Universums.

Der Geist Gottes durchdringt und umschließt alle Möglichkeiten des Universums. Er ist das Leben selber. Wir stehen in einem gewaltigen, übergreifenden Prozess, und das Ziel dieses Prozesses ist die Selbstverwirklichung des göttlichen Prinzips in der Vielzahl der individuellen Formen. Das Universelle verwirklicht sich im individuellen und das Individuelle im Universellen.

Aus: „Wohin unsere Sehnsucht führt" Mystik im 21. Jahrhundert. Predigten, Inspirationen. Mit freundlicher Genehmigung vom Verlag Via Nova.

Nachdrucke auf dieser Seite geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion des Christian Science Herold wieder.

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