Es gibt in der Bibel ein Gleichnis von Jesus, zu dem ich nie so einen richtigen Bezug gehabt habe: die bittende Witwe (Lukas 18. Sie dringt so lange in einen Richter, bis der endlich nachgibt, damit sie Ruhe gibt.) Was kann denn Gutes darin liegen, jemanden so lange zu nerven, bis er endlich nachgibt? Klingt das nicht sehr nach dem quengeligen Kind, das endlich das ersehnte Spielzeug oder die begehrte Süßigkeit aus dem Regal für »Quengelware« bekommt, weil die Eltern ihre Ruhe haben wollen?
So ähnlich habe ich gedacht, bis ich eines Tages Sebastian kennenlernte. Er hat mir gezeigt, dass es nichts Egoistisches sein muss, wenn man für sein Recht kämpft. Im Gegenteil: wir haben ein göttliches Recht und sogar die Pflicht, für das Gute machtvoll einzutreten – für uns oder für andere.
Nun ist Sebastian nicht ein edler Freiheitskämpfer, der mir mit beredten Worten geistige Einblicke gegeben hat. Sebastian ist eine Katze. Genauer gesagt: er ist unser Nachbarskater. Allerdings kümmern sich die Nachbarn nicht um ihn, sie sperren ihn sogar bewusst aus und erwarten, dass er sich allein durchs Leben schlägt.
Er hat ein ungewöhnlich liebevolles Wesen, ist zutraulich, freundlich, und die ganze Straße hat ihn ins Herz geschlossen. Allerdings konnte ihn aus verschiedenen Gründen niemand aufnehmen. In mehreren Fällen gibt es bereits andere Tiere, die keinen weiteren Ankömmling dulden. Oder die Bewohner sind oft verreist.
Aber Sebastian ließ nicht locker. Er besuchte hartnäckig Häuser, auch wenn er dort nicht aufgenommen wurde. In einem Fall hat eine Frau Sebastian sogar mit Wasser besprüht, um ihn zum Gehen zu bewegen. Er kam trotzdem immer wieder.
Obwohl wir auch bereits eine katze hatten, baten uns mehrere Nachbarn inständig, es doch mit Sebastian zu probieren und zu sehen, ob sich unsere Katze mit ihm vertragen würde. Der Versuch war überraschend schnell erfolgreich. Offenbar war es Sebastian klar, dass eine Nacht in einem warmen Haus davon abhängig war, dass er sich benahm und sowohl mit den menschlichen als auch den kätzischen Bewohnern auskam.
Inzwischen kommt er regelmäßig am Nachmittag zu uns, um bei uns dann auch die Nacht zu verbringen. Und er hat sich mit unserer Katze angefreundet, und die beiden haben angefangen, miteinander zu spielen.
Aber zurück zur Hartnäckigkeit. Müssen wir für unser Recht kämpfen? Ja. Sehen wir uns nicht manchmal in Situationen, die aussichtslos scheinen? Oft in ungerechter Weise? Wo keiner mehr glaubt, dass sich noch etwas ändern wird? Bei Arbeitslosigkeit oder bei gesundheitlichen Problemen?
In so einer Lage haben wir das Recht zu rebellieren. Wir können uns erheben und erklären: »Diese Situation hat kein göttliches Gesetz, von dem sie gestützt wird. Dieses scheinbare Gesetz, das sich hier so zwingend darstellt, ist nichts anderes als menschliche Resignation, die nicht hinterfragtoder herausgefordertwird. Und ich fordere sie heraus! Indem ich kein anderes Gesetz akzeptiere als das Gesetz Gottes, des Guten! Es gibt eine Lösung und Wir werden sie erfahren! Und darauf beharre ich.«
Ich habe seither erlebt, dass meine Gebete mehr Kraft bekommen haben und wirkungsvoller geworden sind. Danke, Sebastian!
Lesen Sie den Geistesblitz Nr. 52 im März.