Sie nehmen Unrecht und Unmenschlichkeit nicht hin, sie erinnern an vergangenes Unrecht. Und sie engagieren sich für eine bessere Zukunft.
Es gibt junge Menschen in Hamburg, für die die grausamen Verbrechen in der Nazi-Zeit heute noch ein Thema sind. Die sich in ihrer Freizeit mit den Spuren von Ungerechtigkeit und Gewalt in der jüngeren Geschichte auseinandersetzen und sich auch in der Gegenwart gegen Ausgrenzung und Intoleranz engagieren. So schrieben und inszenierten Schüler des Gymnasiums Grootmoor ein Stück über Kinder, die im Holocaust umkamen. Eine Klasse der Ganztagsschule St. Pauli setzte sich intensiv dafür ein, daß ihre Mitschülerin nicht abgeschoben wird. Der Student Justus von Grone fotografierte Informationstafeln, die an die Orte des Widerstandes in Hamburg erinnern, und machte daraus eine Ausstellung, um auch anderen Hamburgem die „schwarze Topografie der Hansestadt“ zu zeigen, so der 22-Jährige. Diese und vier weitere Projekte wurden am Montag im Emst-Deutsch-Theater mit dem Bertini-Preis 2006 ausgezeichnet.
Mit lockeren Worten begann „Tagesthemen“-Moderatorin Anne Will ihre Festrede. Die Journalistin erzählte eine kleine erlebte Alltagsgeschichte, in der es um Rechthaberei und Selbstbezogenheit ging, und lobte im Gegensatz dazu die selbstlosen jungen Preisträger, die „den Mut aufbringen, auch unpopuläre Themen anzugehen“, den Willen zeigen, gegen das Vergessen anzutreten, und sich auch gegen die „rechten Idioten“ mit Zivilcourage zu wehren. Für ihre Worte: „Gäbe es in unserer Gesellschaft nicht Zivilcourage und mutige Menschen, dann gäbe es unsere Gesellschaft nicht“, erhielt sie kräftigen Beifall.
Anne Will schloss ihre Rede mit einer Anlehnung an das Zitat des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog: „Das meiste Unrecht beginnt im Kleinen, da lässt es sich mit Mut und Zivilcourage noch bekämpfen.“ Und Anne Will fügte hinzu: „Da muss es bekämpft werden.“
Nachswingenden musikalischen Einlagen der Paul Schmidt Band der Jugendmusikschule erhielten die Preisträger nacheinander auf der Bühne die Bertini-Preis-Urkunden und den Scheck über das Preisgeld von 1500 Euro sowie eine vom Autor Ralph Giordano signierte Ausgabe seines Romans „Die Bertinis“.
Das Buch, die Familiengeschichte des Autors Giordano während der Verfolgungen in der Nazi-Zeit, gab dem Preis seinen Namen, als der Hamburger Lehrer Michael Magunna ihn 1998 initiierte. Seither wird die Auszeichnung jährlich vergeben. Sie ehrt den Einsatz junger Leute, die nach dem Motto des Bertini-Preises handeln: „Hinschauen, wenn andere wegsehen, sich einmischen, wenn andere schweigen, erinnern, wenn andere vergessen, eingreifen, wenn andere sich wegdrehen, unbequem sein, wenn andere sich anpassen.“ Unter 26 Bewerbungen wählte die Jury 2006 die Preisträger aus, die nun zwei Tage nach dem Gedenktag an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft geehrt wurden.
Quelle: Hamburger Abendblatt vom 30. Januar 2007–Mit freundlicher Zustimmung der Autorin und des Axel-Springer-Verlags
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