Peschke: Wie unterstützt man den Verlauf des Unterrichts durch die eigenen Gebete — also bei den Vorbereitungen und im Laufe dieser zwölf Tage Lehrgang?
Olga Chaffee: Nun, diesen Schritt tun Sie, indem Sie voll und ganz Ihre Hand in die Gottes legen. Es ist nicht eigensinnig, selbstbestimmt oder irgendetwas, das jemand sich vorstellt, sondern es ist das Gebet, das versteht, dass Gott das einzige Gemüt ist, dass Gott zuständig ist und dass Gott den Weg vollständig führt, einen Moment nach dem andern. Das bedeutet, wenn man so will, alles auf den Altar zu legen — Ihre Bereitschaft, all Ihre vorgefertigten Ideen und Ansichten und Meinungen zur Seite zu legen und bereit zu sein, zu lauschen und Gottes Führung zu folgen. Die Kraft, dies zu tun, kommt allein durch Gebet.
Tom Black: Auf dieser Ebene denke ich, stimmen wir alle darin überein, dass eine demütige Bereitschaft, Gott zu vertrauen, eine der Qualitäten ist, von denen ein Lehrer ein großes Interesse hat, sie bei einem Bewerber zu finden. Ich denke, das hat Olga eben beschrieben.
Christiane West Little: Und der Lehrer ist ebenfalls bereit, sich bei dem Unterricht auf Gott zu verlassen. Selbstverständlich bereiten sich Lehrer auf das Unterrichten vor, aber wenn es dann so weit ist, lauschen Lehrer und Schüler gemeinsam dem, was Gemüt jedem Einzelnen auf eine Weise mitteilt, die für jeden Einzelnen in seiner speziellen Situation am klarsten und am hilfreichsten ist.
Ingrid Peschke: Können Sie das Gerüst oder den Lehrplan des Unterrichts erläutem?
Black: Das Kirchenhandbuch sieht vor, dass der Elementarunterricht auf dem Kapitel „Zusammenfassung“ in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift basieren soll. Das war Eddys erstes Unterrichtsbuch. Sie unterrichtete ihr ganzes Leben lang Elementarklassen aus diesem Kapitel — in der Zeit, in der sie unterrichtete — und sie verlangte, dass Lehrer das ebenfalls für alle Zeiten tun sollten.
West Little: Sie benutzte dieses Lehr-Notizbuch, bevor sie Wissenschaft und Gesundheit veröffentlichte, und später überarbeitete sie es, um es in Wissenschaft und Gesundheit einzufügen. Das Kapitel besteht aus einer Reihe von Fragen. Die ersten drei handeln von Gott: „Was ist Gott?“ und beinhalten die sieben Synonyme für Gott; „Sind diese Ausdrücke synonym?“; und „Gibt es mehr als einen Gott oder ein Prinzip?“ (S. 465) Die 24 Fragen in „Zusammenfassung“ stehen in einerganz speziellen Reihenfolge, so dass sie unser Denken immer tiefer in das vordringen lassen, was wahr ist über Gott und über den Menschen, und in die göttlichen Gesetze, die uns regieren, so dass wir wirklich fühlen können, wie wir in die Tiefe dessen vordringen, was die Wissenschaft des Christus ist.
Black: Diese Fragen haben den wunderbaren Effekt, einen ernsthaften Denker in einen geistigen Heiler zu verwandeln — in jemanden, der die Gesetze Gottes tatsächlich demonstrieren kann, die Gesetze, auf die Chris gerade beim Heilen anderer hinwies.
Peschke: Das führt mich zu meiner nächsten Frage: Wird ein Schüler mit dem vollständigen Wissen abgehen, wie man Krankheit usw. heilt, sowohl für sich selbst als auch für andere?
Chaffee: Der Unterricht bringt es in Gang, aber der Lernprozess geht weiter ...
West Little: ... für immer!
Chaffee: Für immer, ja. Wissen Sie, ich lerne immer noch!
Black: Der Unterricht lehrt die grundlegende Theologie der Christlichen Wissenschaft. Er lehrt die gesamte christlich-wissenschaftliche Theologie, aber er bestätigt nicht ihre gesamte Demonstration — das liegt beim Schüler. Man bekommt alle Regeln, aber man bekommt nicht die Demonstration der Regeln. Das kann einem keiner abnehmen.
Peschke: Wie steht es damit, dass die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit die Hauptlehrbücher des Unterrichts sind? Und wenn die Grundlage des Lehrens aus Wissenschaft und Gesundheit stammt, wie passt die Bibel in das studium?
West Little: Nun, Wissenschaft und Gesundheit entstand aus Eddys Studium der Bibel. Und diese ist absolut unentbehrlich.
Black: Sagt sie nicht, dass die Bibel ihr einziger Führer war?
West Little: Ihr einziges Lehrbuch und einziger Lehrer (siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 110 und S. viii).
Black: Sie fand in der Bibel die grundlegenden Wahrheiten allen Seins, aller Wirklichkeit. Die Bibel entfaltete vor ihrem demütigen Denken eine Wirklichkeit, die andere nicht für möglich gehalten hätten.
Chaffee: Für mich spricht der erste Glaubenssatz einfach Bände. Dort sagt sie: „Als Anhänger der Wahrheit nehmen wir das inspirierte Wort der Bibel als unseren ausreichenden Führerzum ewigen Leben“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 497) — „ausreichender Führer“. Dadurch, dass Eddy die Bibel und das Lehrbuch als den Pastor ihrer Kirche bestimmte, betonte sie, dass der Lehrer nicht seine eigene persönliche Meinung über dies, das oder irgendwas weiterreichen soll. Das ist nicht das, was der Schüler der Christlichen Wissenschaft benötigt. Er braucht nicht die persönlichen Meinungen des Lehrers. Aber er muss wissen, wie er sich mit seinem Pastor vertraut macht.
Peschke: In welchem Umfang kann der Schüler nach dem Unterricht erwarten, mit seinem Lehrer und den Mitschülern in Kontakt zu bleiben? Wie sieht diese Beziehung aus?
Black: Das ist von Lehrer zu Lehrer sehr unterschiedlich.
Chaffee: Und von Schüler zu Schüler.
Black: Ja, manche Schüler mögen engen Kontakt zu ihren Lehrern und manche Schüler empfinden dafür keine größere Notwendigkeit.
West Little: Im Kirchenhandbuch heißt es unter „Fürsorge für die Schüler“: „Ein Lehrer darf sich keine persönliche Kontrolle über seine Schüler anmaßen, noch darf er sie zu beherrschen suchen, aber er soll sich moralisch verpflichtet fühlen, ihren Fortschritt in dem Verständnis des göttlichen Prinzips zu fördern, und zwar nicht nur während der Zeit des Klassenunterrichts, sondern auch später, und er soll darüber wachen, dass sie eine gute Gesinnung an den Tag legen und ein praktisches Verständnis von der Christlichen Wissenschaft beweisen.“ (S. 83)
Und so gibt es hier eine andauemde Beziehung. Jede einzelne Beziehung ist so besonders, so individuell. Manche brauchen dich öfter und andere lassen sich nur einmal im Jahr beim Schülertag blicken. Aber die Schülerversammlung ist eine dauerhafte Verpflichtung, die man in dem Moment eingeht, wo man am Unterricht teilnimmt.
Peschke: Lassen Sie uns darüber sprechen, was ein Schülertag ist und welchen Platz er im Elementarunterricht einnimmt.
West Little: Das ist ein Tag im Jahr. Es ist kein zusätzlicher Tag des Unterrichts, denn die Schüler hatten diesen vollständigen Unterricht in jenen zwölf Sitzungen. Aber er vertieft das, was schon gelernt wurde. Er dient auch stark dem Zusammenhalt zwischen den Schülern, um sich gegenseitig zu helfen, Ideen auszutauschen, um voneinander zu lernen.
Black: Es ist ein Tag der geistigen Erfrischung, an dem die Schüler die andauernde Notwendigkeit erkennen können, sich Gott zu nähern. Es gibt ein Lied im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, in dem es heißt: „Ich allzeit Dein bedarf, Herr, Ja alles bist Du mir“ (Annie Hawks, Nr. 137). Ich liebe diese Art von Verlangen. Der Schülertag ist ein eintägiges Ereignis, an dem, wie Chris sagte, dieses Sehnen nach geistiger Erfrischung wundervoll gebündelt und gestillt wird.
Chaffee: Es ist eine wundervolle Möglichkeit, so wie man alles beiseitelegt hatte, um in jenen zwei Wochen am Unterricht teilzunehmen, nun alles beiseite zu legen, um an seinem Schülertag teilnehmen zu können und diesen Tag nur diesem Ziel zu widmen. Und wie Tom sagte, es ist erfrischend, belebend; und die Inspiration, die sich einstellt, ist ein Segen.
Black: Das Kirchenhandbuch sieht vor, dass „die Vereinigungen ... gesinnungstreuer Lehrer [...] jährlich zusammenkommen [sollen].“ (S. 84) Damit die Schülerversammlungen zusammenkommen können, müssen die Schüler dieses Lehrers daran teilnehmen! Wenn also eine Tendenz oder ein Gedanke auftaucht: ‚Oh, da brauche ich nicht hinzugehen‘ oder ‚Ich gehe mal auf einen anderen Schülertag‘ oder was auch immer, so mag man sich daran erinnern, dass es eine Verpflichtung der eigenen Schülervereinigung gegenüber ist, die sehr fein in dieser Bestimmung des Kirchenhandbuches zusammengefasst wird.
Peschke: Gibt es eine Verpflichtung oder eine Abmachung, dass ein Schüler der Christlichen Wissenschaft — jemand, der den Elementarunterricht durchlaufen hat — letztendlich ernsthaft in Betracht ziehen sollte, in die öffentliche Vollzeit-Praxis der Christlichen Wissenschaft zu gehen?
Black: Das ist eine individuelle Entscheidung.
West Little: Elementarunterricht ist eine der Voraussetzungen, um in die öffentliche hauptberufliche Praxis gehen zu können.
Chaffee: Die Erwartung ist, dass man rund um die Uhr praktiziert. Aber ob man sich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, ist, wie Tom sagte, die Entscheidung jedes Einzelnen.
Peschke: Was ist, wenn jemand denkt: ‚Ich kann das auch allein. Warum überhaupt Elementarunterricht nehmen? Ich ziehe viel daraus, einfach für mich zu studieren‘?
Black: Ich denke, eine Antwort auf diese Frage ist, dass Elementarunterricht eine wundervoll effiziente und fokussierte Methode ist, um die Gesetze Gottes zu erlernen. Es ist ein Zeitraum, in dem man alles beiseite legt und sich gänzlich dieser Arbeit widmet. Und er gibt einem das Privileg, für den Rest seines Lebens eine Beziehung zu einem Mentor zu haben, eine Lehrer-Schüler-Beziehung. Eddy hat uns also eine sehr reichhaltige Erfahrung durch den Elementarunterricht gegeben — wie Chris sagte, nicht nur durch den Unterricht selbst, sondern auch durch das, was darauf folgt.
West Little: Der Zeitraum, in dem die Schüler nicht im Unterricht sind, ist ebenso Teil der Zeit, die vollständig der Fokussierung auf das Studium und auf die Vorbereitung des nächsten Tages gewidmet ist sowie darauf, gebetvoll auf Gott zu lauschen. Es gibt so viel Studium und Gebet, auch außerhalb dieses drei- oder vierstündigen Unterrichts. Man könnte also sagen, dass Elementarunterricht ziemlich viel Selbstunterricht beinhaltet, nicht wahr?
Peschke: Mir gefällt, dass Ihre beiden Antworten sich ergänzen, weil der Unterricht mit einer soliden drei- oder vierstündigen Unterweisung durch einen Lehrer in einer Klassenraum-Situation beginnt und dann beendet man den Tag mit Studium, Reflektion und Selbstunterricht.
Black: Und eine weitere Tatsache ist die, dass Sie auch nur einmal Unterricht nehmen.
Peschke: Nun, da mag sich jemand dadurch ein bisschen unbehaglich fühlen. Man mag denken: ‚Uff, was, wenn ich den falschen Lehrer wähle? Was, wenn ich einen Fehler mache?‘
Chaffee: Die Hingabe geht zu Gott — nicht zu einer Person.
Peschke: Und das ist meines Erachtens nach das Thema unseres Gesprächs — dass es nur um Ihre Hingabe zu Gott geht. Der Unterricht ist einfach eine äußere Manifestation dieser Hingabe.
Chaffee: Ja!
Black: Mir gefällt die Idee, die hier jemand äußerte — ich glaube, es war Olga — dass sobald der Gedanke kommt: ‚Ich würde gerne Unterricht nehmen‘, man bereit ist, sich Gott für die nächsten Schritte anzuvertrauen. Ich gehe davon aus, dass das Böse niemandem Elementarunterricht vorschlagen würde. Nur der Christus tut das und wir können darauf vertrauen, dass, wenn es weise ist, richtig und zur rechten Zeit, sich dies entfaltet.
Aus dem Christian Science Sentinel vom 28. März 2011