Frau Wigger, als Kind haben Sie die Liebe Gottes sehr deutlich gefühlt, aber Sie haben gesagt, dass eine Reihe von unglücklichen Erfahrungen Sie früh in Ihrem Leben dazu zwangen, tiefer über die wahre Bedeutung dieses Wortes nachzudenken.
Nach unserer Heirat hatten mein Mann und ich bald zwei kleine Kinder. Ich hatte das Gefühl, dass ich meinem Mann zuliebe nicht in die Kirche gehen sollte. (Er war damals gegen die Christliche Wissenschaft und nicht sehr religiös.) Doch ich wurde sehr unglücklich. Obwohl ich meinen Mann sehr liebte, fühlte ich nicht dieselbe Liebe zu mir zurückkommen, so wie ich es als Kind gefühlt hatte. Aber irgendwann stellte ich fest: „Ich liebe, weil ich geliebt werden will. Und dieses Gefühl von Liebe kann nicht die richtige Liebe sein.“
Diese Einsicht war auch der Beginn Ihrer Reise zurück in die Kirche, nicht wahr?
Ja. Zu der Zeit lebten mein Mann und ich außerhalb Hamburgs und eines Tages erinnerte ich mich plötzlich an die Zeit als Teenager, in der die Kirche eine große Unterstützung für mich gewesen war. Und ich dachte: „Ich kann nicht ohne Kirche leben.“ Wissen Sie, mein Vater war Christlicher Wissenschaftler und ich war dreizehn, als ich Dänemark verließ und zurück nach Deutschland kam, um wieder bei meinen Eltern zu leben. Wir sind jeden Sonntag und jeden Mittwoch mit der ganzen Familie in den Gottesdienst gegangen und da habe ich die Christliche Wissenschaft kennen- und lieben gelernt.
Welche Kirchenerfahrung aus dieser Zeit führte sie zurück?
Ich erinnerte mich daran, dass ich mich bedingungslos geliebt gefühlt hatte ... so wie ich war, ohne dass ich versuchen musste, etwas zu tun, um geliebt zu werden. Und ich wollte diese Liebe wieder erleben. Da erwarben mein Mann und ich ein Haus in der Nähe einer Kirche in Hamburg und ich fing an, mit den Kindern in die Kirche zu gehen.
Ein halbes Jahr danach hatte mein Sohn einen Autounfall und starb. Da brauchte ich die Kirche noch mehr. Wir adoptierten zwei Kinder und dann bekam ich noch einen Sohn und ich ging mit vier Kindern in die Kirche. In dieser Zeit stellte ich fest, dass mein Denken über die Liebe sich von dem Wunsch, geliebt zu werden, zu der Fähigkeit verwandeln musste, andere zu lieben, ohne darüber nachzudenken was ich zurückbekomme. Ich wurde immer stärker in dieser Liebe. Und ich kam an einen Punkt, an dem ich mir sagte: „Selbst wenn mein Mann mich wegen meines Glaubens verlassen würde, könnte ich diese Kirche nicht verlassen.“ Und zu dieser Zeit fing mein Mann an, mit uns in die Kirche zu gehen.
Ich übte alle Ämter aus, die es in der Kirche gibt — und ich liebte es. Aber mein Mann wurde psychisch krank. Er konnte nicht mehr, nach dem Verlust seines Sohnes ...
Er wurde nicht mehr gesund?
Nein, er wurde manischdepressiv. Ich wollte es am Anfang nicht wahrhaben, ich konnte es einfach nicht verstehen, weil ich ihn doch so sehr liebte. Dann nahm er sich das Leben. Er hatte auch mich töten wollen. Nach dem Angriff fand mich jemand und brachte mich in ein Krankenhaus. Als meine Mutter davon erfuhr, rief sie meine Lehrerin der Christlichen Wissenschaft an und bat sie, für mich zu beten. Und als meine Lehrerin zu arbeiten begann, fiel der Schock von mir ab. Obwohl ich dem Tod nahe war, konnte ich dem Arzt, der mich medizinisch behandeln wollte, sagen, dass ich christlich-wissenschaftliche Behandlung bekam und keine medizinische Hilfe wollte.
Ich erinnere mich daran, dass es Herbst war. Ich war allein im Krankenzimmer und sah aus dem Fenster auf die Bäume mit den wunderschönen Herbstfarben und ich dachte: „Gottes Liebe ist immer noch hier bei mir, es hat sich nichts geändert. Ich kann mich auf Ihn verlassen, wie ich es schon immer in schwierigen Zeiten getan habe. Er wird mich führen und für meine Kinder sorgen, denn Er ist ihr einziger Vater.“ Ich fühlte mich geliebt und umsorgt und ich konnte meinem Mann völlig vergeben. Eine Woche danach konnte ich das Krankenhaus verlassen.
Zu der Zeit war ich Erste Leserin in der Kirche. Eine Woche, nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, las ich beim Sonntagsgottesdienst. Ich war so dankbar dafür, dass die Kirchenmitglieder daran festhielten, dass ich dazu in der Lage war. Sie standen wirklich hinter mir. Sie werden also verstehen, warum mir die Kirche so ans Herz gewachsen ist. Sie trug mich durch alle diese schwierigen Jahre. Deshalb liegt mir so viel daran, dass jeder Mensch herausfindet, was Kirche für unser Leben bedeutet.
Was haben Sie davon gelernt, in ihrer Zweigkirche aktiv zu sein?
Es hat in meinem Leben dazu geführt, besser zu verstehen, dass es in der Kirche darum geht, Gott zu dienen. Und durch dieses Dienen werden wir so mit Liebe — mit Gottes Liebe — überschüttet, mehr als wir es uns vorstellen können. Als mein Mann starb, wollte ich diese Liebe wirklich besser verstehen. Ich betete viel. Und plötzlich wachte ich eines Morgens auf und alles war in Liebe eingehüllt. Ich konnte erkennen, dass jeder, im Einkaufszentrum, überall, und jeder, den ich traf, tatsächlich in dieser Liebe war. Und drei Tage lang konnte ich alle in dieser Liebe sehen. Ich fühlte Gottes Liebe durch mich hindurchscheinen, so wie die Sonne durch eine Fensterscheibe scheint. Dieses Gefühl, dass Gott in jeder Lage bei mir ist, begleitet mich immer noch.
Was glauben Sie, was geschehen ist? Manche Menschen beten und beten, um Gottes Liebe zu fühlen, und fühlen sich immer noch von Ihm getrennt.
Ich kann mir vorstellen, dass sie das gleiche Problem haben, das ich hatte — eine falsche Vorstellung von Liebe. Und ich habe herausgefunden, dass es egoistisch war, sich nicht wertvoll, nicht geliebt, zu fühlen, weil es sich dabei nur um mich drehte. Und ich wollte nicht egoistisch sein.
Das erinnert mich an die Worte eines Kirchenliedes, es ist Lied Nr. 360 aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft:
Ist dein Herz lebend'ger Kraft voll?
Sieh, dass nichts sie dir verzehrt:
Leben kann sie nur durch Liebe,
Die im Dienen sich vermehrt. (Elisabeth Charles)
Ja, das Liederbuch war eine große Hilfe. Ich saß oft im Auto und sang das Lied von Mary Baker Eddy „Ganz einerlei, welch Los dir sei,/So Liebe lenkt ...“ (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 160) Wenn wir so in unserer Sorge stecken, dass wir keinen klaren Gedanken fassen können, dann sind diese Kirchenlieder so gut. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal weinen musste und nicht mehr aufhören konnte. Und plötzlich dachte ich: „Ich möchte kein Selbstmitleid haben.“ Also gab ich mir große Mühe dabei und das hat mir sehr geholfen. Ich habe gelernt, dass wir, um uns geliebt zu fühlen, liebevoll sein müssen, koste es, was es wolle. Das ist die einzige Möglichkeit.
Sie waren also lange Zeit alleinerziehende Mutter. Wie alt waren Ihre Kinder damals?
Meine Kinder waren neun, elf, dreizehn und siebzehn.
Ihre Kirchenfamilie muss eine große Hilfe für Sie gewesen sein, als Sie die Kinder großgezogen habe.
Ich kann für die Kirche nicht dankbar genug sein. Diese Möglichkeit, in der Kirche zu dienen, wirklich darauf zu schauen, das weiterzugeben, was wir empfangen haben — das war eine neue Form von Liebe, die ich lernte. Und das war ein Ausgangspunkt dafür, Praktikerin der Christlichen Wissenschaft zu werden. Ich hatte Elementarunterricht der Christlichen Wissenschaft genommen, bevor mein Mann starb. Ich wollte meinem Mann helfen, als ich sah, wie schlecht es um ihn stand. Aber ich konnte ihm nicht helfen. Und es war sehr schwer, ihn loszulassen und ihn seinen eigenen Weg gehen zu lassen.
Aber es muss ein Trost gewesen sein zu wissen, dass dieses Leben weitergeht — auf eine Weise, die wir noch nicht völlig verstehen — wenn wir an all das glauben, was Jesus gelehrt und bewiesen hat.
Es war wirklich ein Trost, dies zu wissen. Nachdem ich meinem Mann vergeben hatte, erkannte ich, dass ihm alles, was er in der Christlichen Wissenschaft gelernt hatte, nur Gutes bringen würde. Es war mir so klar, dass es ihn irgendwann von all diesen schrecklichen Gedanken, die er gehabt hatte, befreien würde.
Wenn Sie einen Fall haben, der schon lange dauert — und ich weiß, dass jeder Fall anders ist — wie gehen Sie mit solch einer Situation gebetvoll um?
Ich versuche jeden Tag neu anzufangen ... neu inspiriert zu sein. Wir müssen in der Tat den Patienten jeden Tag als den wunderbaren Ausdruck eines wunderbaren Gottes sehen, bis der Zustand geheilt ist, ohne dabei dem Patienten irgendetwas vorzuwerfen, wenn der Zustand lange anhält. Heilung geschieht immer augenblicklich, wenn der Patient versteht, dass er geistig ist. Aber manchmal dauert es eine Zeit, bis dieser Punkt der Erkenntnis erreicht wird.
In dem Buch Wir kannten Mary Baker Eddy [eine Sammlung von Erinnerungen von Menschen, die Mary Baker Eddy kannten], schrieb Frank Gale, dass sie in ihrem Unterricht betonte: „Damit wir schnell heilen könnten, dürften wir keine Krankheit in einem Patienten anerkennen, nicht einmal als Annahme, denn wenn wir das täten, machten wir mehr oder weniger eine Wirklichkeit daraus; vielmehr sollten wir zu einem Patienten gehen in dem Bewusstsein, dass er gesund ist ...“ Dann sagte er: „Sie sagte uns, sie habe augenblicklich geheilt, wenn sie die Person ganz aus den Augen verloren und nur die Gegenwart des Geistigen und Vollkommenen wahrgenommen habe.“ (S. 71)
Als Ausdruck Gottes, der sowohl Gemüt als auch Liebe ist, hat der Patient nur die Gedanken, die von diesem Gemüt kommen. Also kann er unmöglich glauben, dass er ein X oder Y Problem hat. Gott würde nie zu uns sagen, dass wir krank sind oder voller Sünde!
Ich denke, das ist ein sehr guter Punkt, denn wenn die Heilung nicht gleich kommt, wenn ich bete, frage ich mich manchmal, ob der Patient etwas in seinen Gedanken bewegt, das er nicht erkennt und das die Heilung verhindert. Und Eddy sagt in ihren Schriften auf verschiedene Weise sinngemäß: „Nein. Glauben Sie niemals, dass der Patient überhaupt denkt, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung ist.“
Wenn Sie jemandem eine christlich-wissenschaftliche Behandlung geben, behandeln Sie immer das Denken, nicht wahr?
Ja, das ist der einzige Ort, an dem die Krankheit wirklich zu sein scheint.
Manchmal muss der Heiler mit geistiger Autorität zum Patienten sprechen, um ihn aus der Annahme, Krankheit sei wirklich, aufzuwecken, so wie Elisa, als er zu Naaman sagte: „Geh hin und wasche dich siebenmal im Jordan.“ (2. Könige 5) Und so wie Jesus zu dem Kranken sagte, der wahrscheinlich alle Hoffnung auf Heilung verloren hatte: „Nimm dein Bett und geh hin!“ (Johannes 5) Es ist doch wirklich außergewöhnlich, welch hohes Vertrauen in die Macht Gottes sowohl Elisa als auch Jesus hatten, dass sie auf diese Weise mit den Kranken sprechen konnten!
Ich finde es bemerkenswert, dass Jesus zu der Witwe sagte: „Weine nicht“, als ihr einziger Sohn, ihr einziges Kind — der Einzige, der für sie sorgen konnte — gestorben war. Es war, als hätte Jesus gesagt: „Glaube nicht, dass Leben in der Materie ist. Schau von diesem falschen Bild weg und erkenne, dass dein Kind nie von Gott, der das wahre Leben ist, getrennt sein kann.“ Und wie wir wissen, wurde ihr Sohn wieder lebendig. (Siehe Lukas 7)
Mussten Sie schon einmal zu jemandem mit einer solchen Autorität sprechen?
Ja, manchmal ist es gut, dem Patienten zu sagen: „Sie können entscheiden, ob Sie im Bett bleiben oder ob Sie aufstehen wollen und nicht auf die Gedanken hören, die sagen ‚Ich bin krank.‘“ Manchmal kommen sie dadurch an den Punkt, an dem sie dies verstehen und sich fragen: „Bin ich bereit, auf den Christus zu hören, der zu mir spricht, aufzustehen und klar für die Wahrheit Stellung zu beziehen?“ Und wenn sie das tun, kommt die Heilung. War das nicht das, was Jesus erwartete, als er zu dem Gelähmten sagte: „Steh auf, hebe dein Bett auf und geh heim!“ (Matthäus 9) Was wäre, wenn er nicht gehorcht hätte?
Als einer der Jünger Jesu den Sohn eines Mannes nicht heilen konnte, der „mondsüchtig“ war, — die Bibelgelehrten sagen, dass er wahrscheinlich Epileptiker war — sagte Jesus zu ihnen, dass es ihnen an Glauben mangele und dass diese Heilung, die ein schwieriger Fall zu sein schien, nur durch „Beten und Fasten“ geschehen kann. (Siehe Matthäus 17) Für mich bedeutet das ein großes geistiges Wachstum. Wie fördern Sie das in Ihrer eigenen Praxis?
Ich habe gelernt, mir jeden Morgen eine christlich-wissenschaftliche Behandlung zu geben, um mich auf eine feste Grundlage zu stellen. Ich denke viel nach und bete für mich und ich schreibe es immer auf. Jeden Morgen schreibe ich viele Seiten einer Behandlung, bei der ich die Synonyme Gottes nutze [Leben, Prinzip, Geist, Seele, Gemüt, Wahrheit und Liebe] und dann denke ich darüber nach, welche Beziehung sie zu mir haben. Nachdem ich meine Gedanken aufgeschrieben und die Behandlung beendet habe, zerknülle ich die Seiten und werfe sie in den Papierkorb, weil jeder Tag neu ist und ich mir jeden Tag eine andere Behandlung gebe. Dann lese ich die Bibellektion der Christlichen Wissenschaft und bete für die Welt. Um dies zu tun, stehe ich manchmal um fünf Uhr morgens auf, damit ich vorbereitet bin, wenn ab acht die ersten Anrufe mit Anfragen um Hilfe kommen.
Mit dieser Art geistiger Vorbereitung muss die Heilarbeit leichter sein.
Ja, aber sehr interessant ist, dass es manchmal leichter scheint, Menschen zu helfen, für die die Christliche Wissenschaft neu ist, als Menschen, die schon ihr ganzes Leben lang Christliche Wissenschaftler sind.
Das habe ich auch schon von anderen gehört. Was meinen Sie, woran das liegt?
Ich weiß es wirklich nicht ... Wir alle haben Zeiten, in denen die Wellen des Lebens hochschlagen und wir uns für die Heilung, nach der wir suchen, verantwortlich fühlen, also studieren und beten wir sehr fleißig. Aber manchmal scheint das Problem dadurch für uns wirklicher zu werden. Wenn wir die Christliche Wissenschaft schon seit langer Zeit studieren und ein Praktiker der Christlichen Wissenschaft uns bittet, einen bestimmten Absatz in der Heiligen Schrift oder in Wissenschaft und Gesundheit zu lesen und darüber nachzudenken, könnten wir auch versucht sein zu denken: „Ja, mit dieser Bibelstelle oder mit diesem Abschnitt in Wissenschaft und Gesundheit habe ich schon gearbeitet — ja, das kenne ich schon alles.“ Wir sind oft so an diese Worte aus den Schriften gewöhnt, dass wir manchmal die Kraft vergessen, die dahinter steht. Und dann geht die Inspiration, die zur Heilung führt, an uns vorbei. Aber wenn wir zu unserem kindlichen Vertrauen zu Gott zurückfinden, dann kommt die Heilung. Mit langjährigen Christlichen Wissenschaftlern zu beten ist meistens auch sehr inspirierend, wenn sie durch unsere Gebete ihren Weg zu ihrer ersten Liebe — der heilenden Botschaft der Christlichen Wissenschaft — zurückfinden.
Also müssen wir uns nicht abstrampeln und stundenlang diese Bücher lesen und sie studieren, um heilende Inspiration zu erlangen.
Zu jemandem, der so kämpft und es sich so schwer macht, diese Inspiration zu finden, würde ich sagen: „Kämpfen Sie nicht so — hören Sie damit auf und lassen Sie die göttliche Liebe die Arbeit machen.“ Wenn wir beten, müssen wir nichts verändern. Wir müssen nur erkennen, was Gott hier und jetzt für uns geschaffen hat — und es anerkennen.
Das klingt so, als würden Sie sagen, dass wir diese Wissenschaft mit einem unkomplizierten, empfänglichen Denken angehen müssen. Und wir müssen bereit sein, gelehrt, umgewandelt zu werden, ganz egal, wie viele Jahre wir sie schon studieren.
Ich versuche immer, meine Patienten an diesen Punkt zu führen, wo sie diese wunderbare Nähe Gottes wieder spüren. Und wie ich schon sagte, es ist, als würden sie diese Nähe neu entdecken. Im Vorwort von Wissenschaft und Gesundheit schrieb Eddy: „Die Weisen wurden so geführt, dass sie diesen Morgenstern der göttlichen Wissenschaft, der den Weg zur ewigen Harmonie erleuchtet, erblicken und ihm folgen konnten.“ (WuG, S. vii) Was mir daran so gut gefällt ist, dass sie nicht nur vom Stern geführt wurden, sondern ihm auch folgen konnten. Gott hat auch uns befähigt, diesem Stern folgen zu können, der uns zu dem neugeborenen Kind führt, dieser neuen Inspiration des Christus, der heilt.
Dies führt uns zu einem anderen Punkt, den die Menschen oft fragen. Brauchen wir eine Kirchenorganisation, um Gottes Liebe zu fühlen und diese göttliche Wissenschaft zu praktizieren? Wie Ihnen bekannt ist, ist organisierte Religion in Deutschland recht unbeliebt.
Ich höre das oft von meinen Schülern und anderen Menschen. Sie erinnern mich manchmal an das, was Eddy in den Vermischten Schriften 1883-1896 (S. 145) schreibt: „Aber die Zeit wird kommen, da das religiöse Element oder die Kirche Christi allein im Herzen der Menschen bestehen wird und keiner Organisation bedarf, um sich auszudrücken.“ Die Leute sagen dann, Mary Baker Eddy hat das gesagt. Und ich sage: „Leben wir wirklich Kirche? Machen wir das, was Mary Baker Eddy erwartete, was Kirche machen soll — bringen wir den „Beweis ihrer Nützlichkeit“? Rütteln wir „das schlafende Verständnis“ auf? Treiben wir „... die Teufel oder Irrtum aus“ und heilen die Kranken? (WuG, S. 583) Wenn wir dies ständig tun, brauchen wir vielleicht keine Gebäude. Aber ich glaube nicht, dass wir schon in den nächsten hundert Jahren so weit sind.
Ich sehe wirklich, dass Menschen die Kirche brauchen, so wie ich sie gebraucht habe. Sie müssen Gottes Liebe fühlen und einander helfen. Gemeinsam im Gottesdienst zu beten hat mich oft geheilt. Ich erinnere mich an eine meiner Heilungen, als ich wieder anfing, in die Kirche zu gehen, die wirklich bedeutsam war. Viele Jahre lang bin ich drei- bis viermal im Jahr krank geworden mit hohem Fieber und Schmerzen und eines Sonntags fühlte ich mich wieder krank. Ich dachte, ich sollte nicht in die Kirche gehen. Aber dann hatte ich das starke Bedürfnis zu gehen und das tat ich. Die Heilung dieses Zustands kam im Gottesdienst und ich habe nie wieder darunter gelitten.
Wenn Sie wissen, dass Sie in die Kirche gehen, um ein besonderes Geschenk mitzubringen — Ihr Verständnis von Gott, Ihre Beweise der Christlichen Wissenschaft, Ihre Erfahrungen — dann kann nichts anderes als Segen dabei herauskommen.
Und wenn wir den jungen Menschen in unserer Sonntagsschule zeigen könnten, dass Christliche Wissenschaft wirklich wirkt, dann würden die, die nicht mehr kommen, wieder zurückkommen.
Ohne Zweifel braucht es eine ganze Menge Selbstlosigkeit, um ein aktives Mitglied einer Kirche zu sein.
Wenn wir in der Kirche arbeiten, müssen wir lernen, über Dinge zu beten, über die wir für uns allein nicht beten müssten, genau wie in einer Ehe. Und wir lernen viel durch die Arbeit mit anderen Menschen, das uns in unserem eigenen Leben hilft.
Wenn wir unsere Mitgliederversammlung haben, sind wir nicht immer einer Meinung. Wenn dann abgestimmt wird und manchmal das beschlossen wird, was ich für falsch halte, dann habe ich gelernt, darüber zu beten und Gott zu bitten, mir zu sagen, ob ich unrecht habe. Wenn ich Recht hätte, würde Gott es allen zeigen und die Entscheidung ändern. Es ist so wunderbar zu wissen, dass Gott uns zeigt, ob wir Recht haben oder nicht, wenn wir darauf vertrauen. Und so war es dann auch immer.
In der Kirche lernen wir, einander wirklich zu respektieren, uns gegenseitig zu helfen und auch einander zu vergeben. Und in unserer Kirchenfamilie in Hamburg lachen wir auch viel miteinander! Wir haben alle einen guten Sinn für Humor ... es gibt immer etwas, über das man sich freuen kann. Ich bin der Meinung, dass das zeigt, dass wir einander vertrauen, und es vereint uns wirklich.
Diese Unbeschwertheit ist so wichtig in unserer Kirchentätigkeit. Es scheint ganz leicht zu sein, den Sinn für Fröhlichkeit zu verlieren, besonders dann, wenn eine kleinere Gruppe von Mitgliedern in einer Zweigkirche sich dadurch belastet fühlt, viel Arbeit in Komitees zu machen. Es scheint leicht zu sein, die freudige Mission aus den Augen zu verlieren, das Evangelium zu verkündigen und die Kranken zu heilen!
Mary Baker Eddy hat davor gewarnt, dass die Kirchen überorganisiert werden. (Siehe Irving Tomlinson, Twelve Years with Mary Baker Eddy, Amplified Version, S. 156) Wir machen zu viel, um alles richtig und ordentlich zu machen, und dann verlieren wir die Liebe und Freude der Heilarbeit aus den Augen. Ja, wir müssen göttliches Prinzip ausdrücken, aber Prinzip beinhaltet Liebe. Wir brauchen beides im richtigen Gleichgewicht. Wir müssen erkennen, welche Arbeit notwendig ist, um den Auftrag der Kirche zu erfüllen, und wir müssen uns fragen: „Wie viel Organisation brauchen wir wirklich, um zu demonstrieren, was Kirche wirklich bedeutet?“ Diesen Punkt arbeitet Eddy in ihrer Definition von Kirche in Wissenschaft und Gesundheit heraus. Und wenn wir in der Kirche nicht heilen, was tun wir dann? Dieser heilende Aspekt unserer Gottesdienste ist so wichtig, weil es das ist, das die Menschen in die Kirche zieht.
Als Christliche Wissenschaftler müssen wir wirklich tiefer eindringen ... um zu verstehen, dass Gott Alles ist. Es gibt keine andere Macht. Niemand — weder unsere Freunde noch unsere Nachbarn — können davon zurückgehalten werden, die geistige Inspiration zu bekommen, die sie brauchen. Gott wird sie führen. Aber wenn die Mitglieder in der Kirche einander nicht lieben, einander nicht respektieren, dann werden die Menschen dies spüren. Sie kommen ein oder zwei Mal und dann kommen sie nicht wieder. Wir müssen wirklich auch das leben, was wir sagen und was wir lehren.
Und wenn wir „Kirche leben“, scheint es ganz natürlich, dass wir die Christliche Wissenschaft mit unserem Nachbarn teilen möchten.
Ich denke oft, dass wir Angst davor haben, unseren Nachbarn zu sagen, wer wir sind und was wir tun. Ich hatte gerade ein nettes Erlebnis mit meinen neuen Nachbarn, die ein kleines Kind haben. Als es ungefähr vier oder fünf Monate alt war, hörte ich es eines Tages weinen. Ich traf seine Mutter und fragte sie, was los sei, und sie sagte, ihr Kind würde Zähne bekommen. Ich sagte: „Soll ich für es beten?“ Sie sah mich erstaunt an, aber sie sagte: „Okay“. Ich betete und hörte es nicht mehr weinen.
Einige Monate später, als ich die Mutter wieder etwas fragen musste, kam sie in ihrem Morgenmantel zu mir und sagte, ihre ganze Familie hätte die Grippe. Und wieder fragte ich sie, ob ich für sie beten soll. Diesmal sagte sie ganz schnell: „Ja.“ Am nächsten Tag traf ich sie und ihre Tochter auf der Straße und es ging beiden gut. Wir sollten keine Angst davor haben, unseren Nachbarn gebetvolle Hilfe anzubieten.
Die Angst zu versagen scheint ein Grund dafür zu sein, warum Menschen oft zögern, dies zu tun.
Wir sollten wirklich vertrauen. Nicht wir, sondern Gott macht die Arbeit. Wenn wir unseren Nachbarn helfen wollen, ist die Liebe da, um uns dabei zu helfen.
Hat Jesus nicht gesagt: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen.“ (Johannes 12) So ist es auch mit Kirche, nicht wahr? Die Kirche wächst, wenn die Mitglieder geistig wachsen und „erhöht werden“.
Ja, und wir müssen gemeinsam wachsen. Kirche kostet uns viel Zeit und viel Engagement, aber wer möchte des geistigen Wachstums beraubt werden, das wir dadurch erleben? Kirche ist das Beste, was wir haben können — sie ist so wertvoll!
Ich habe viel über das Thema auf dem Titelblatt des Journal vom Januar 2010 nachgedacht: „Sich zu der Sache bekennen“. Was ist es, was unsere Kirchen heutzutage brauchen? Ist es nicht die Rückkehr zu unserer ersten Liebe? Unsere Herzen brennen zu lassen — Feuer und Flamme für Jesu Lehren zu sein und das Evangelium zu predigen und in seinem Namen zu heilen, so wie es bei den beiden Jüngern Jesu auf dem Weg nach Emmaus nach seiner Auferstehung war. In der Bibel steht, dass Jesus sie all die Dinge gelehrt hat, die über ihn in den Heiligen Schriften standen, und danach sagten sie zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Weg und uns die Schrift öffnete?“ (Lukas 24) Sollten wir nicht auch dieses brennende Herz fühlen, wenn die Schriften geöffnet werden und für uns bei unseren Gottesdiensten zusammen mit den Worten aus Wissenschaft und Gesundheit gelesen werden?
Fast jeden Tag lerne und verstehe ich mehr über Gott und meine Einheit mit Ihm aus diesen beiden Büchern und das lässt auch mein Herz brennen. Für mich ist die Christliche Wissenschaft die „kostbare Perle“ (Matthäus 13), die ich selbst für alle Reichtümer der Erde nicht aufgeben würde.
Dieses Interview ist ursprünglich im Christian Science Journal erschienen.
Wenn Sie Irmela Wigger treffen, werden Sie sofort von der Wärme angesprochen, die aus ihren klaren blauen Augen strahlt. Wenn sie spricht, fühlen Sie die Aufrichtigkeit und die geistige Überzeugung, die ihre Worte antreiben. Und wenn sie sagt, sie habe in der letzten Zeit viel über die Bedeutung von Liebe nachgedacht — so wie sie sagte, als wir uns das erste Mal trafen — dann haben Sie das Gefühl, dass sie dazu etwas zu sagen hat.
Immerhin haben ihre Eltern sie — und ihre zwei Geschwister — im zarten Alter von 6 Jahren aus Liebe zu den Großeltern nach Dänemark geschickt, damit sie ein besseres Leben führen können. In den nächsten sieben Jahren besuchte Irmelas Vater, der darum rang, als Musiker in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg seinen Lebensunterhalt zu verdienen, seine Kinder nur ein, zwei Mal im Jahr — immer dann, wenn er zu einem Konzert nach Kopenhagen reiste.
Trotzdem hat sie eine schöne Erinnerung an jene Jahre. Unter anderem an freudiges Singen von Kirchenliedern im Haus ihrer Großeltern und ein inneres Bild ihres morfar (dänisch für den Vater ihrer Mutter), der einmal studiert hatte, um Pfarrer zu werden, wie er seine vielbenutzte bibel durch ein Vergrößerungsglas las. Es war ein früher Einfluss in ihrem Leben, dass ihr Großvater sie und ihren Bruder und ihre Schwester mit der Bibel vertraut machte, indem er sie immer wieder mit Bibelgeschichten unterhielt. „Wir haben nicht über Religion gesprochen“, erzählte mir Frau Wigger in vorbildlichem Englisch, „aber mein Großvater war offen für alle unsere Fragen und immer fröhlich. Er — und auch meine Großmutter — zeigten uns wirklich die Liebe Gottes.“
Dieses greifbare Gefühl der göttlichen Liebe trug dazu bei, Frau Wigger durch die großen persönlichen Herausforderungen in ihrem Leben zu tragen, als sie von einer Erzieherin zu einer jungen Mutter wurde. Und es brachte sie schließlich zurück in die Kirche der Christlichen Wissenschaft, die sie als Teenager besucht hatte.