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Im Winter 1980 beging mein jüngerer Bruder Selbstmord...

Aus der September 1988-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im Winter 1980 beging mein jüngerer Bruder Selbstmord. Das war für meine Eltern und mich ein schwerer Schock. Wir vier hatten immer einander sehr nahegestanden. Wir hatten zwar alle gewußt, daß mein Bruder eine sehr harte Zeit durchmachte, und wir waren über seine tiefe Verzweiflung äußerst bekümmert gewesen, doch hatten wir irrtümlicherweise angenommen, daß jemand, der von liebevollen Angehörigen und Freunden umgeben war wie er, unmöglich solch eine Tat begehen könnte.

Innerhalb einer Stunde nach Empfang dieser Nachricht rief ich einen Ausüber der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) an. Ich werde nie seine Worte vergessen, die er ohne Zögern und mit Autorität am Telefon zu mir sagte. Auf liebevolle, aber bestimmte Weise half er mir zu verstehen, daß mein Bruder eins war mit seinem Vater-Mutter Gott, wie er es schon immer gewesen war.

Dieser Gedanke stärkte mich sehr in den nächsten Stunden, als ich nach Hause flog und meine Eltern unterstützte, so gut ich konnte. Ich erinnere mich jedoch, daß ich spät am Abend, als wir endlich zu Bett gingen, noch wachlag und dachte, es sei für uns drei sinnlos, weiterzuleben, weil es für uns nie wieder wahre Freude oder echten Frieden geben könne.

In den nächsten Tagen blieb ich mit dem Ausüber in Kontakt, dessen geistige Ruhe und Stärke unschätzbar für mich waren. Ich empfand ein Bedürfnis nach seinen Gebeten, aber am Tage nach dem Begräbnis rief ich ihn an und sagte, ich fühlte mich jetzt dazu imstande, allein weiterzubeten. Er bestärkte mich in meinem Vorsatz und erinnerte mich daran — was er bereits mehrmals getan hatte —, daß ich eine vollständige Heilung erwarten könne und keinen emotionellen Schaden davontragen werde.

Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, begann ich über das wahre Selbst meines Bruders nachzudenken, über sein wahres geistiges Sein. Als ich mich immer ernsthafter in diese Tatsachen vertiefte, durchflutete mich plötzlich ein wunderbarer Friede. Ich hatte einen Schimmer von der Wahrheit erhascht, daß jeder von uns eine geliebte geistige Idee ist, und ich war von der Sorge, wie es meinem Bruder wohl gehe, befreit. Nach dieser geistigen Erkenntnis habe ich nie wieder daran gezweifelt, daß sein Leben ewig ist und er von Gott zärtlich geliebt und umsorgt wird.

Die Herausforderung bestand jedoch darin, zu beweisen, daß auch meine Eltern und ich dieselbe Liebe und Fürsorge erleben konnten. Ich mußte am selben Tag in die Stadt, in der ich lebte, zurückkehren und wieder zur Arbeit gehen, aber es war schwer, meine Eltern zu verlassen, wo sie doch so sehr der Liebe und des Trostes bedurften.

Erfahrungsgemäß kommen jedoch die Segnungen der göttlichen Liebe oft so, wie wir es uns nicht hätten träumen lassen. Einige Monate zuvor war ein jüngeres Ehepaar in das Nachbarhaus meiner Eltern eingezogen. In Anbetracht der Unterschiede in Alter und Lebensstil war das Verhältnis zwischen den beiden Ehepaaren zwar recht herzlich, doch eine echte Freundschaft hatte sich nicht entwickelt. Nun fühlte dieses Ehepaar das Bedürfnis, sich um meine Eltern zu kümmern, und eine wunderbare Freundschaft bahnte sich an. Die beiden sorgten für Lebendigkeit und Wärme, die meine Eltern in jenem Lebensabschnitt brauchten. Diese Freundschaft hat sich in den folgenden Jahren vertieft und segnet weiterhin beide Familien.

Auch meine Erfahrung wurde auf wunderbare Weise gelenkt. In den Monaten, die auf den Tod meines Bruders folgten, konnte ich ganz normal meine Arbeit fortsetzen, aber ich lebte etwas zurückgezogen. Ich fühlte mich oft verwirrt und suchte Antworten auf bestimmte Fragen. Die Folge davon war, daß ich die Christliche Wissenschaft eingehender und konsequenter studierte. Es war für mich eine Zeit großen geistigen Wachstums.

Eines Mittwochabends saß ich in Der Mutterkirche und wartete auf den Beginn der Zeugnisversammlung. Plötzlich wurde ich von einem Gefühl des Kummers fast überwältigt; ich glaubte, die Kirche verlassen zu müssen. Ich wollte jedoch unbedingt die Lesungen und die Zeugnisse hören, die, wie ich wußte, Heilung bringen konnten. Anstatt wegzugehen, griff ich nach einem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft. Ich schlug es auf, und mein Blick fiel auf die ersten Zeilen des Liedes Nr. 135:

Ich weiß von keinem Leben
Getrennt, mein Gott, von Dir;
Du hast das Sein gegeben
Den Menschen all’n und mir...

Als ich das las, dachte ich: „Ja, ich weiß. Ich verstehe, daß das Leben meines Bruders ewig ist, und ich bin auch dankbar für dieses Verständnis. Aber wie steht es mit uns? Wir müssen ohne ihn leben und mit schmerzlichen Erinnerungen fertigwerden.” Augenblicklich fiel mein Auge wieder auf das Liederbuch, und ich las die ersten Zeilen der zweiten Strophe:

Ich weiß von keinem Leiden,
Denn alles Kreuz und Leid
Kann mich von Dir nicht scheiden,
Du Quell der Seligkeit...

Hier hatte ich die Antwort. Ebenso wie das Leben des Menschen ewig ist, sind auch Güte und Freude ewig. Ebenso wie die, die von uns gehen, niemals von Gottes Liebe getrennt werden können, können auch diejenigen, die hier ihre Erfahrung fortsetzen, niemals von Gottes Liebe getrennt werden. Der Kummer war verschwunden, und als ich nach dem Gottesdienst die Kirche verließ, fühlte ich mich erfrischt und frei.

Die völlige Heilung kam langsam, aber sicher. Ich mußte oft an die Versicherung des Ausübers denken, daß ich keinen emotionellen Schaden davonzutragen brauche, weil Gott so etwas nicht kennt. Mein Bruder und ich haben uns immer sehr nahe gestanden, und ich fühle diese Liebe und innige Verbundenheit auch heute noch. Ich bin überzeugt, daß Gott gut für ihn sorgt; ich empfinde keinen Schmerz, wenn ich an ihn denke. Im Gegenteil, ich kann kaum an ihn denken, ohne zu lachen oder zu schmunzeln, denn aus unserer gemeinsamen Zeit ist mir sein wunderbarer Sinn für Humor am lebhaftesten in Erinnung.

In den ersten Monaten nach dieser Erfahrung begann ich, mich immer rückhaltloser auf Gott zu verlassen. Dieses rückhaltlose Vertrauen hat mein Leben auf unzählige Art und Weise gesegnet; es hat mein Denken und meine Erfahrung für Interessen und Tätigkeiten aufgeschlossen, die mir ein höheres und volleres Glücksgefühl brachten. Mehrere Charakterschwächen sind ebenfalls von mir abgefallen. Eine Neigung zu zwanghaftem Essen wurde fast mühelos geheilt. Mein Begriff von Liebe hat sich erweitert, und dadurch haben sich die verschiedensten Freundschaften ergeben.

Unsere Familie hat großen Fortschritt und einen unglaublichen Strom von Segnungen erlebt. Der folgende Bibelvers gehört nun zu meinen Lieblingsversen, weil er meine Erfahrung so gut beschreibt (Jes 35:1): „Die Wüste and Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien.“


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