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Die Liebe, welche heilt

Aus der Mai 1911-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wohl keine Begebenheit der Heiligen Schrift enthält eine größere Anzahl nützlicher Lehren, als diejenige von der Heilung des Gadareners, wie die Evangelisten Markus und Lukas sie uns erzählt haben. Jesus und seine Jünger fuhren über das Galiläische Meer, als ein großer Sturm entstand, so daß das Schiff und die Insassen in Gefahr waren, von den Wellen verschlungen zu werden. Furcht und Schrecken ergriff die Jünger; Jesus aber „war hinten auf dem Schiff und schlief auf einem Kissen.” Durch ihren Hilferuf und ihre flehentliche Bitte um Rettung aufgeweckt, sprach er sein ruhiges und bestimmtes „Schweig und verstumme”, wodurch er sowohl den Aufruhr der Elemente als auch die Furcht der Jünger beschwichtigte.

Diese Begebenheit bildet ein passendes Vorspiel zu dem, was folgte. Als sie nämlich das entgegengesetzte Ufer des Meeres erreicht hatten und bei den Gadarenern gelandet waren, lief ihnen ein armer Wahnsinniger entgegen, der in einem solchen Zustande des Selbsthasses und der Verzweiflung war, daß ihn niemand bändigen konnte. Er bat den Meister flehentlich, ihn nicht zu quälen, worauf Jesus dem unsauberen Geist gebot auszufahren. Der arme Gadarener glaubte, das Übel sei in ihm selbst, und er erkannte, daß dasselbe in Gegenwart der in Jesu zum Ausdruck kommenden Lauterkeit und Harmonie nur Qual erdulden könnte; deshalb sah er in Jesu nicht einen Erretter, sondern einen Richter, der ihm mit Vernichtung drohte. Der Meister bewies durch seine Antwort vollkommenes geistiges Verständnis. Er sah die Ehrerbietung des armen Gadareners, sah dessen Bereitwilligkeit, die Lauterkeit und Heiligkeit, in deren Gegenwart er sich befand, anzuerkennen und ihr Ehrerbietung zu erweisen, sah mit unendlichem Mitleid die Fesseln der Furcht und des Hasses, mit welchen der Glaube, daß der Mensch mit dem Übel eins sei, den Wahnsinnigen gebunden hatte, und fragte ihn deshalb: „Wie heißest du?” Diese wichtige Frage sollte das Denken des Mannes auf sein wahres Wesen lenken; sie sollte ihn auf die Lüge hinweisen, die er nicht als solche erkannt hatte. Und die Wirkung blieb nicht aus, indem eine große Erregung in dem menschlichen Bewußtsein stattfand. Das Übel wurde zur scheinbaren Tätigkeit angeregt und äußerte sich in der prahlerischen Erklärung: „Legion heiße ich, denn unser ist viel.”

Wie schrecklich müssen diese Worte den Umstehenden geklungen haben! Welch ein Gefühl des hoffnungslosen Unterdrücktseins mußte es in ihnen erwecken! Der Meister jedoch erkannte die Nichtigkeit des Übels, das sich hier geltend machen wollte. Er scheint demselben nicht einmal widersprochen zu haben. In unerschütterlicher Ruhe wartete er, bis die seinen Worten zugrundeliegende Wahrheit den Gadarener zur Erkenntnis seines (des Gadareners) wahren Wesens erweckt hatte — zur Erkenntnis, daß er kein Teil des Übels sei und nicht von demselben besessen sein könne. Und was war das Ergebnis? Der falsche Begriff wurde von dem Manne getrennt, und das Übel, welches soeben noch die Gewalt und Unüberwindbarkeit einer römischen Legion beansprucht hatte (obschon es kein selbstständiges Dasein besaß), hörte man nun flehentlich bitten, daß, wenn es ausgetrieben werden müsse, es in sein ursprüngliches Element, in das Säuische und Tierische fahren möge, wo Stolz und ruhmrediger persönlicher Sinn hingehören. Jesus gewährte dies, worauf das Übel seiner Vernichtung entgegeneilte.

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