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Selbsterkenntnis

Aus der Mai 1911-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie wir aus der Geschichte ersehen, ist es stets das Streben der Menschen gewesen, die Herrschaft über widerwärtige Umstände zu erringen und die Lebensdauer zu verlängern. Daß dieses Streben berechtigt ist, geht aus den Worten Christi Jesu hervor: „Ich bin gekommen, daß sie das Leben und volle Genüge haben.” Diese Worte lassen erkennen, worum die Menschheit hauptsächlich fleht und bittet. Als Erhörung ist die Christian Science erschienen. Diese Lehre enthüllt die einfachen Tatsachen, daß nichts andres das Wohl des Menschen bedroht, als der Irrglaube; daß alles, was die Eigenschaften und die Fortdauer des wahren Seins des Menschen zu beeinträchtigen scheint, Täuschung ist, und daß diese Täuschungen dem Menschen in der Gestalt seiner eignen Gedankengebilde erscheinen. In Kürze: Der einzige Widersacher, den es gibt, ist die Verneinung der Wahrheit oder der Irrtum, der ohne Substanz, Macht und Wirklichkeit ist. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der Selbsterkenntnis. Wenn die Zeit gekommen ist, da niemand mehr dem Irrtum Gehör schenkt, sind wir im Himmel. Ja, in dem Maße, wie der Einzelne sich weigert auf den Irrtum zu hören, tritt er in den Himmel ein. Würden die Menschen standhaft im Guten verharren und für alle Arten des Übels stets ein taubes Ohr haben, so könnten sie nie von demselben beeinflußt werden; auch wäre es ihnen nicht möglich, es auf andre zu übertragen. Daher ist es buchstäblich wahr, daß die tägliche Aufgabe eines Christian Scientisten darin besteht, der Stimme der Wahrheit zu lauschen, ihr zu gehorchen und die Einflüsterungen des Übels als solche zu erkennen und zurückzuweisen.

Nun entsteht die Frage: Wie können wir uns diese Fähigkeit aneignen? Unsre Führerin hat diese Frage an vielen Stellen beantwortet; so z. B. in ihrer Zuschrift gelegentlich der Einweihung der Kirche in Concord: „So zu leben, daß das menschliche Bewußtsein in steter Beziehung steht zu dem Göttlichen, dem Geistigen, dem Ewigen, heißt die unendliche Macht individualisieren; und das ist Christian Science” („The Christian Science Journal“, August 1904). Mit andern Worten: Man muß erstens den Ursprung und das Prinzip alles wahren Denkens kennen, zweitens die Funktion des Menschen in der Tätigkeit des Geistes (Mind) sehen, und drittens, echte Gedanken von bloßen Nachahmungen unterscheiden.

Ehe wir zu dem vierten Punkt kommen, sei erwähnt, daß man über die drei angeführten Punkte in den Jahrhunderten vor der Entdeckung der Christian Science wenig unterrichtet war. Die Bibel enthält allerdings richtige Erklärungen des Wesens Gottes und des wahren Menschen, und weist auf ihr völliges Getrenntsein vom Übel hin; aber selbst das Christentum wurde nicht von Christo Jesu aufgezeichnet, und es ist wohl möglich, daß das Wesen und die Verfahrungsart des Übels den Jüngern nicht völlig bekannt war. So beschreiben z. B. Matthäus und Lukas eine Versuchung, bei welcher der Teufel dem Meister in seiner wahren Gestalt erscheint. Diese Allegorie genügt ohne Zweifel ihrem Zweck, legt aber keineswegs die Art und Weise dar, in welcher der Irrtum in der Regel dem Menschen entgegentritt. Paulus war mehr metaphysisch. Er hatte ein klareres Verständnis von Gott als Geist und erkannte deshalb, daß der Mensch in Gott lebt, in Ihm sich bewegt und sein Dasein hat. Das vermeintliche Gegenteil von Gott oder die Feindschaft gegen das Gute nannte er die fleischliche Gesinnung. Er untersuchte seine eigne Gedankentätigkeit, bis er ein anwendbares Verständnis vom wahren Denken im Gegensatz zum Irrtum erlangt hatte. So sagte er z.B.: „So tue ich nun dasselbige nicht; sondern die Sünde, die in mir wohnet.” Er erkannte offenbar, daß die scheinbaren Einflüsterungen des Irrtums sich uns als unsre eignen Gedanken kundtun.

Der Irrtum täuscht niemand, wenn er in der Gestalt des Satans erscheint, sondern nur, wenn sein wahres Wesen nicht erkannt wird. Mrs. Eddy hat der Welt nicht nur einen wahren Begriff von Gott und Seinem Weltall, einschließlich des Menschen, gegeben, sondern auch die Selbsterkenntnis, welche zu entscheiden weiß zwischen echten Gedanken, die dem göttlichen Geist (Mind) entspringen, und unechten Gedanken, die die Regungen und Einflüsterungen des animalischen Magnetismus sind. Sie hat die geistige Praxis gelehrt, welche diese wahre Selbsterkenntnis in sich schließt und welche es den Christian Scientisten ermöglicht, den von Gott kommenden Gedanken zu gehorchen und alle andern abzuweisen. Nur dadurch kommt die Erlösung des Einzelnen wie der Menschheit im allgemeinen zustande, denn nur durch scientifische geistige Arbeit wird die wahre Idee von Wirklichkeit demonstriert. Wer daher die Bibel im Lichte der Christian Science liest, der findet in ihr einen reichen Schatz an Unterweisungen und Vorbildern. Die Wissenschaft des Christentums, zu der wir uns bekennen und die wir ausüben, wurde einer Frau geoffenbart, die eifrig in der Bibel forschte, wodurch sie die Fähigkeit erlangte, die endgültige Offenbarung der Wahrheit zu erlangen — der Wahrheit, welche schließlich Sünde, Krankheit und Tod gänzlich vernichten wird.

Der oben erwähnte vierte Punkt betrifft die Notwendigkeit der Übung jenes Denkens, welches das Schwinden der sterblichen Elemente aus der menschlichen Vorstellungswelt herbeiführt. Mit andern Worten: Der Christian Scientist muß durch fortschreitende Selbstberichtigung Gott ähnlicher zu werden suchen. Auf Seite 462 von „Science and Health“ sagt Mrs. Eddy, das Erkennen der eignen Sinnesart entfalte „den geheiligten Einfluß der Selbstlosigkeit, Menschenfreundlichkeit und vergeistigten Liebe.” Als Christian Scientisten wollen wir daher anfangen, die Sterblichkeit dadurch abzulegen, daß wir unsre Menschlichkeit berichtigen. Zu allererst wollen wir eine freundliche Gesinnung gegen einander pflegen und uns denen gegenüber, die nicht unsres Glaubens sind, als bessere Nachbarn zeigen. Ferner wollen wir darauf sehen, daß sich unsre Teilnahme an dem Wohl des Menschen erweitere und auf die ganze Menschheit erstrecke. Der Wunsch unsrer Führerin ist, daß wir alle „Menschenfischer” werden möchten, und zu diesem Zweck muß unser Leben ein Ideal zum Ausdruck bringen, welches andre Leute nicht abstößt, sondern anzieht.

Indem der Christian Scientist die gröberen Arten des Irrtums überwindet, gewinnt er nach und nach die Fähigkeit, den heimlichen Einflüsterungen desselben zu widerstehen; er erkennt sie immer mehr als bloße Lügen. Wenn er durch wahre Selbsterkenntnis und durch die Ausübung der Christian Science seine falsche Persönlichkeit ablegt und seine wahre Identität in Gott findet, wird er zuletzt, wie der Meister, imstande sein zu erklären und zu beweisen, daß der Fürst dieser Welt nichts an ihm hat.

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