Diejenigen, welche die heilende Wirkung der Wahrheit an sich erfahren haben, nachdem alle materiellen Mittel fehlgeschlagen hatten, erkennen in einem jeden der zahllosen Zeugnisse, die in den Mittwochabend-Versammlungen abgegeben und in unsern Zeitschriften veröffentlicht werden, eine neue Bestätigung ihres Glaubens. Ihnen erscheint es nicht unglaublich, daß „des Gerechten Gebet”— sein „absoluter Glaube, daß bei Gott alle Dinge möglich sind” („Science and Health“, S. 1)— sowohl die Kranken heilt als die Sünder bekehrt. Es stört sie deshalb nicht im geringsten, wenn diejenigen, die sich der Christian Science oder vielmehr ihrer eignen Auffassung von der Christian Science widersetzen, öffentlich behaupten, diese Heilungszeugnisse seien wertlos, da die Christian Scientisten keine ärztliche Ausbildung hätten und aus diesem Grunde keine Diagnose stellen könnten.
Wenn nun die Christian Scientisten in erster Linie die Art der Leiden bestimmt hätten, von denen diese Leute geheilt worden sind, so wäre vielleicht etwas an der Behauptung, daß die durch die Christian Science bewirkten Heilungen unglaubwürdig seien. Tatsächlich aber sind weitaus die meisten Personen, die diese Zeugnisse abgeben, von einem oder mehreren angesehenen Ärzten ohne Erfolg behandelt worden, und in vielen Fällen hatte der Arzt nicht nur die Diagnose gestellt, sondern er hatte auch den Patienten nach langer Behandlung für unheilbar erklärt. Ferner gibt es solche, die mit einer fremdartigen Krankheit befallen waren, welche den Ärzten nach eigner Aussage völlig unbekannt war und gegen welche sie kein Mittel wußten, so daß sie sich genötigt sahen, den Patienten aufzugeben.
In dieser Nummer des Herold (S. 80) erscheint das Zeugnis eines dieser „Unheilbaren”, nämlich des Herrn Walter Keßler aus Denver, Colorado. Unter etlichen zwanzig Ärzten, die diesen Patienten untersuchten, scheint kein einziger gewesen zu sein, der die Krankheit kannte oder ein Mittel vorzuschlagen hatte. Nur in einem Punkte waren sie sich einig, nämlich, daß der Patient mehrere Stunden später sterben müßte. Trotzdem lebt er noch heute, und zwar deshalb, weil er auf dem Wege der Christian Science Beistand erhielt. Angenommen nun, die ärztliche Voraussage wäre eingetroffen: hätte man die Ärzte auf Grund der Tatsache, daß ihnen die Krankheit fremd war, für den Fehlschlag verantwortlich machen können?
In den verhältnismäßig wenigen Fällen, wo Patienten gestorben sind, die sich unter der Obhut von ausübenden Vertretern der Christian Science befanden, behaupten die Gegner dieser Lehre gewöhnlich, der Patient hätte gerettet werden können, wenn man „rechtzeitig” einen Arzt gerufen hätte. In Herrn Keßlers Fall erwies es sich jedoch, daß, weil man rechtzeitig einen Christian Scientisten um Hilfe ersuchte, der Patient geradezu dem Nachen des Todes entrissen wurde. Nach Aussage nicht nur eines, sondern mehrerer Ärzte, stand der tödliche Ausgang der Krankheit an einem bestimmten Tage um zwei Uhr zu erwarten, und es fehlte nur eine halbe Stunde an der festgesetzten Zeit, als ein Christian Scientist den Fall übernahm. Der Zustand des Patienten besserte sich sofort. Nach etwa zehn Tagen war er so weit hergestellt, daß man ihn nach Hause bringen konnte, und zwei Monate darauf kehrte er zur Arbeit zurück.
Die Ärzte scheinen sich über den Ausgang dieses Krankheitsfalles völlig klar gewesen zu sein, und man darf wohl annehmen, daß ihre Voraussage sich erfüllt haben würde, wenn kein Christian Scientist gerufen worden wäre. Sind wir nun nicht zu der Frage berechtigt, ob nicht täglich viele solche Fälle vorkommen? Gesetzt den Fall, es käme dahin, daß jedesmal, wenn ein Patient unter ärztlicher Behandlung stirbt, eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet werden müßte: was würde man dazu sagen, wenn dann ein Christian Scientist auf dem Zeugenstand erklären würde, der Patient hätte geheilt werden können, wenn rechtzeitig ein ausübender Vertreter der Christian Science gerufen worden wäre? Natürlich würde sich kein Christian Scientist eine solche Rücksichtslosigkeit und Geschmacklosigkeit zuschulden kommen lassen. Wir wollen mit diesem Beispiel nur sagen, daß eine solche Erklärung seitens eines Christian Scientisten mindestens ebenso berechtigt wäre, wie ähnliche Erklärungen, die seitens der Ärzte in Fällen abgegeben worden sind, wo ein Christian Scientist keinen Erfolg gehabt hat.
Da nun diese Tatsachen jedem ehrlichen Forscher zugänglich sind, so drücken wir uns gewiß sehr gelinde aus, wenn wir erklären, daß die Frage in Bezug auf richtige Diagnose ein scharfes Werkzeug ist, das man sorgfältig handhaben sollte. Wenn also die Zeugnisse der Christian Science von dieser Basis aus für unzuverlässig erklärt werden, so ist eine solche Kritik absolut wertlos. Wer durch die Christian Science geheilt worden ist, hat diesen Einwänden gegenüber einen ähnlichen unwiderlegbaren Beweis, wie jener blindgeborene und durch die heilende Berührung des Meisters geheilte Mann ihn vor neunzehnhundert Jahren den Einwendungen der Schriftgelehrten und Pharisäer gegenüber hatte, indem er erklärte: „Eines weiß ich wohl, daß ich blind war und bin nun sehend.”