Es ist von allergrößter Wichtigkeit, daß beim Studium der Bibel und des Lehrbuches der Christian Science, „Science and Health with Key to the Scriptures“ von Mrs. Eddy, klar unterschieden wird zwischen den Erklärungen, die in ihrer Bedeutung absolut sind und eine geistige Tatsache ausdrücken, und den Erklärungen, die relativ sind und eine menschliche Auffassung, den materiellen Standpunkt ausdrücken. Das Wort absolut ist eine endgültige Bezeichnung, der bestimmteste Ausdruck, der in irgendeiner Sprache bekannt ist. Er läßt keinerlei Abstufungen zu. Viele Darlegungen der Bibel und unseres Lehrbuches sind absolut. Sie drücken unbedingte Wissenschaft oder göttliche Wahrheit aus. Die relativen Bezeichnungen sind solche, die sich auf die materielle Auffassung der Dinge beziehen, auf den Zustand, von dem wir Kenntnis zu nehmen haben, weil die Menschheit so zäh am Glauben an Körperlichkeit haftet.
Wenn in unserem Lehrbuche erklärt wird, daß es keine Sünde gibt, so ist damit eine absolute Tatsache festgestellt, weil es im Reich der göttlichen Wahrheit, wo alles rein und heilig ist, keine Sünde geben kann. Wenn dann unser Lehrbuch erklärt, Sünde müsse zerstört werden, so dürfen wir in den beiden Behauptungen keinen Widerspruch sehen, sondern wir müssen erkennen, daß die erste eine Erklärung absoluter Wahrheit, die zweite aber nur relativ ist; d. h. daß sich die erste auf die göttliche Wahrheit, die zweite auf menschlichen Irrtum bezieht. Der Begriff Sünde, wie ihn die Verfasserin des Lehrbuches erklärt, ist, allgemein gesagt, einfach der Unterschied zwischen göttlicher Wahrheit und menschlicher oder sterblicher Annahme. In dem Maße, wie der Gedanke nicht mit der göttlichen Wahrheit im Einklänge steht, ist er unter der Herrschaft von Irrtum oder Sünde. Wenn daher unser Lehrbuch das Vorhandensein von Sünde anzuerkennen scheint, so versteht es darunter die sterbliche Annahme, die große Täuschung, die das Dasein dessen behauptet, was gar nicht wirklich ist. Wenn das Lehrbuch von Krankheit spricht, so nimmt es ebenfalls auf sterbliche Annahme Bezug; denn im Reiche der göttlichen Wahrheit gibt es keine Krankheit. Wenn es aber vom Leben spricht, so meint es damit das ewige Leben, das Gott ist, und seine wiederholte Behauptung, daß alles Leben ist, stellt die absolute Tatsache fest, die die Wirklichkeit der ganzen Welt ausmacht.
Wenn behauptet wird, es gebe keinen Tod, so ist das nur eine andere Art, eine negative Art zu sagen, daß alles Leben sei; denn wenn dieses wahr ist, muß jenes auch wahr sein. Wenn gesagt wird, der Tod sei ein Feind, der vernichtet werden muß, so ist das eine relative Behauptung, die auf eine sterbliche Annahme und nicht auf eine göttliche Tatsache Bezug hat. Wenn es auch im Reiche der absoluten, geistigen Wahrheit keinen Tod gibt noch geben kann, so berechtigt das dennoch nicht zu der Ansicht, die Erscheinung des Todes bestehe auch als sterbliche Annahme nicht.
Nehmen wir als Beispiel, um die Darlegungen der Bibel zu erläutern, das erste der zehn Gebote: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.” Dies ist eine absolute Erklärung der göttlichen Wahrheit; denn in Wirklichkeit ist es nicht möglich, andere Götter zu haben als den einen und einzigen Gott, weil es in Wirklichkeit keine anderen Götter gibt noch geben kann. Etwas, was gar nicht besteht, können wir nur als falsche Annahme haben. Wenn Gott wirklich allmächtig ist, d. h. alle Macht hat, so muß man annehmen, daß Er der einzige Gott, die einzige Macht ist. Wenn es wirklich andere Götter gäbe, so müßte ein jeder derselben eine Macht in sich sein, müßte wenigstens etwas Macht besitzen, und es beständen so viele Mächte als Götter. Wenn das wahr wäre, wie stünde es dann um den allmächtigen einzigen Gott? Um folgerichtig zu sein und nicht in Widersprüche zu geraten, müssen wir uns daher an die absolute Tatsache halten, daß es nur einen Gott und folglich nur eine Macht gibt.
Aber wie steht es mit dem Relativen? Dem sterblichen Sinn gemäß gibt es viele Götter und viele Mächte, d. h. der sterbliche Sinn möchte uns glauben machen, daß eine unendliche Mannigfaltigkeit von Mächten neben oder getrennt von Gott bestehe. In dem Maße, wie wir uns an die Aussage der körperlichen Sinne halten, müssen wir viele Götter annehmen. Wie können wir die Tatsache, daß Gott allmächtig ist, mit der Aussage der sterblichen, körperlichen Sinne anders in Einklang bringen, als daß wir die Richtigkeit dieser Sinne verneinen? Es gibt keinen anderen Weg, die Allmacht Gottes zu erkennen, als zu wissen, daß das Zeugnis der sterblichen Sinne unwahr ist. Wird aber diese Unwahrheit, diese falsche Ansicht von Gott und dem Menschen für wahr gehalten, so bildet sie die Grundlage alles Irrtums.
Alle Sünde, die laut der sterblichen Sinne je begangen worden ist, ist das Ergebnis dieser falschen Annahme. Alle Verbrechen, die seit dem Anfang der Welt verübt worden sind, haben ihre Ursache in dieser falschen Annahme. Alles Unrecht, das von Völkern und Personen getan worden ist, kommt von dieser falschen Auffassung von Gott und dem Weltall her. Es gibt keinen einzigen falschen Zustand in der Menschheit, der nicht auf diese negative Ursache zurückzuführen ist. Daraus folgt, daß alle Sünde, alles Unrecht, alle Falschheit in der Welt das Ergebnis einer Täuschung ist, die Folge einer unrichtigen oder irrtümlichen Auffassung von dem einen Allmächtigen und Seiner Beziehung zu Seinen Geschöpfen. Unser Lehrbuch macht dies in folgenden Worten klar: „Gewaltherrschaft, Unduldsamkeit und Blutvergießen, wo sie auch vorkommen, rühren von der Annahme her, daß das Unendliche nach dem Vorbilde der sterblichen Persönlichkeit, Leidenschaft und Regung gebildet sei” („Science and Health“, S. 94). All diese Täuschung ist selbstverständlich auf der relativen Seite. Die einzige Beziehung zwischen dem Absoluten und dem Relativen besteht darin, daß die Wahrheit den Irrtum zerstört und das Gute das Böse überwindet. Das ist die einfache aber wunderbare Lehre des Lehrbuches der Christian Science, und wenn wir ihre ganze Vernünftigkeit und unwiderlegliche Folgerichtigkeit einsehen, so wundern wir uns, daß die Welt ihr gegenüber so lange blind geblieben ist.
Wir haben bisher verallgemeinert und wollen nun auf Einzelheiten eingehen. Wir haben das Recht zu behaupten, es gebe keine Sünde, vorausgesetzt, daß wir den Sinn klar verstehen, in dem wir diese Behauptung aufstellen. Wenn wir jedoch den Anspruch der Sünde außer acht lassen, so sündigen wir selber; denn gerade dieses Verhalten macht uns zu Opfern der Sünde und unterwirft uns ihren Leiden und Strafen im Reiche der falschen Annahme. Gerade diese falsche Haltung bringt alle Krankheiten und Leiden mit sich, denen die Sterblichen unterworfen sind. Alle diese Zustände kommen davon her, daß wir nicht die volle Bedeutung des Gebotes erkennen: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.” Diese erhabene Äußerung ist die absolute Wahrheit. Alles was nicht mit derselben übereinstimmt, ist die relative Unwahrheit. In dieser Hinsicht werden wir gut tun, über den letzten Abschnitt des Kapitels, Science of Being“ (Wissenschaft des Seins) nachzudenken („Science and Health“, S. 340). Wir wollen nun einige Beispiele von den absoluten und den relativen Erklärungen unseres Lehrbuches anführen:
Das Absolute:
„Er [Gott] erfüllt allen Raum, daher ist es unmöglich, sich solche Allegegenwart und Individualität anders vorzustellen, denn als unendlichen Geist. Daher ist alles Geist und geistig” (S. 331).
Das Relative:
„Die sogenannten Freuden und Schmerzen der Materie vergehen; sie müssen vor dem hellen Lichte der Wahrheit, vor dem geistigen Sinn und der Tatsächlichkeit des Seins verschwinden. Die sterbliche Annahme muß alle Befriedigung im Irrtum und in der Sünde verlieren, um sich von ihnen zu trennen” (S. 296).
Wenn „alles Geist und geistig” ist, so gibt es vom absoluten Standpunkte aus weder Materie, Irrtum noch Sünde, auch nicht einmal als sterbliche Annahme. Aber im relativen Sinn besteht der Glaube an Wohlgefühl und Schmerz in der Materie, eine Annahme, die als falscher Anspruch erkannt und zerstört werden muß. So liegt auch in der obigen relativen Darlegung, auf gewöhnliche Art gelesen, eine Anerkennung der Materie, und nur wenn wir diesen relativen Satz in Verbindung mit dem angeführten absoluten Satze und im Lichte desselben lesen, erlangen wir das richtige Verständnis von der Meinung der Verfasserin. Im absoluten Sinn gibt es weder Irrtum, Sünde, noch Materie. Im relativen Sinn sind diese Dinge in der sterblichen Annahme als eine schreckliche Täuschung vorhanden, und sie müssen ausgerottet und zerstört werden, damit die große Wahrheit, daß „alles ... Geist und geistig” ist, im menschlichen Bewußtsein befestigt werde.
Eine andere absolute Erklärung lautet:
„Das Übel besteht nicht, es ist weder Ding, Geist, noch Macht” (S. 330).
Die relative Erklärung lautet:
„Das Übel, das in den körperlichen Sinnen herrscht, aber im Herzen verurteilt wird, hat keine Grundlage; aber wenn das Übel nicht verurteilt wird, bleibt es unverneint und wird genährt. Unter solchen Umständen zu behaupten, es gebe kein Übel, ist an sich schon ein Übel” (S. 448).
Wenn wir bei der ersten, der absoluten Erklärung stehen blieben, so wären wir gezwungen zu schließen, daß das Übel, da es kein Ding ist, nicht einmal als ein Anspruch bestehe. Wenn wir aber auf der zweiten, der relativen Erklärung beharrten, so hätten wir anzunehmen, das Übel sei eine Wirklichkeit, die überwunden und vernichtet werden müsse. So sehen wir denn, daß wir nur dann die Lehre der Christian Science richtig verstehen und anwenden können, wenn wir das Absolute und das Relative zusammen lesen, das eine durch das andere erklären und den Unterschied zwischen beiden klar vor Augen behalten. Die Beispiele ließen sich fast ins Unendliche vermehren; aber für unseren Zweck mögen die angeführten genügen.
Die angegebenen Unterschiede muß man sich auch klar vergegenwärtigen in Bezug auf Persönlichkeit und alles, was dazu gehört. Absolut gesprochen gibt es keine Persönlichkeit im Sinne von „sterblicher Persönlichkeit” („Science and Health“, S. 94). Es gibt Individualität oder individuelle Wesenheit im Reiche des geistig Wirklichen, aber keine Persönlichkeit, wie sie die sterblichen Sinne sehen oder erklären. Relativ betrachtet ist die Welt von Leuten oder Personen erfüllt, und jede Person ist laut den sterblichen Sinnen ein getrenntes, unteilbares Wesen. Absolut gesprochen kann kein individueller Mensch sündigen oder sich irren; denn der individuelle sowohl als der generische oder universale Mensch ist das Bildnis und Gleichnis Gottes, und Gottes Bildnis und Gleichnis kann ebensowenig unrecht tun oder Sünde begehen wie Gott selber. Relativ betrachtet begehen die Menschen Unrecht und Sünde, so daß es im sterblichen Reiche der Annahme beides gibt, Sünde und Sünder. Laßt uns auch dies näher erläutern:
Die absolute Erklärung lautet:
„Der Mensch ist geistig und vollkommen; und weil er geistig und vollkommen ist, muß er in der Christian Science also verstanden werden” (S. 475).
Die relative Erklärung lautet:
„Sünde tötet den Sünder und wird fortfahren ihn zu töten, solange er sündigt.” „Da die Sterblichen nur wenig von dem göttlichen Prinzip verstehen, das erlöst und heilt, werden sie nur der Annahme nach von Sünde, Krankheit und Tod befreit. Diese Irrtümer sind also nicht wirklich zerstört und müssen daher den Sterblichen anhaften, bis sie hier oder hiernach das wahre Verständnis von Gott in der Wissenschaft erlangen, das Verständnis, welches menschliche Täuschungen über Ihn zerstört und die erhabenen Wirklichkeiten Seiner Allheit offenbart” (SS. 203, 328).
Wenn wir die absolute Erklärung: „Der Mensch ist geistig und vollkommen”, annähmen und die darauffolgende relative Erklärung außer acht ließen, so wäre es ein Irrtum, auch nur einen Augenblick zuzugestehen, daß „die Sünde den Sünder tötet und fortfahren wird, ihn zu töten, solange er sündigt.” Wir wären ferner im Irrtum, wenn wir zugeben würden, daß Sünde, Krankheit und Tod „den Sterblichen anhaften, bis sie hier oder hiernach das wahre Verständnis von Gott in der Wissenschaft erlangen, das Verständnis, welches menschliche Täuschungen über Ihn zerstört und die erhabenen Wirklichkeiten Seiner Allheit offenbart” (S. 328).
Nur indem wir diese Sätze nebeneinander stellen und sie im Lichte der ganzen Lehre des Lehrbuches auslegen, können wir unser Denken klar erhalten. Wir können Irrtum oder Sünde nicht von dem Sünder trennen, wenn es wahr ist, was unser Lehrbuch sagt, daß „Sünde den Sünder tötet und fortfahren wird, ihn zu töten, solange er sündigt” (S. 203). Wir können Sünde, Krankheit und Tod nicht von der Person trennen oder ablösen, solange Personen, d. h. Sterbliche, „nur der Annahme nach von Sünde, Krankheit und Tod befreit” werden, und solange diese Irrtümer „den Sterblichen anhaften, bis sie hier oder hiernach das wahre Verständnis von Gott in der Wissenschaft erlangen, das Verständnis, welches menschliche Täuschungen über Ihn zerstört und die erhabenen Wirklichkeiten Seiner Allheit offenbart” (S. 328).
Im Lichte der Lehre der Christian Science müssen wir zugestehen, daß es unmöglich ist, unrechte Handlungen der Sterblichen von ihnen zu trennen, bis sie sich selbst davon getrennt haben, indem sie aufgehört haben unrecht zu tun. Es wäre daher irreführend und hieße eine gefährliche Lehre verbreiten, wenn wir behaupteten, wir dürften der Persönlichkeit, der „sterblichen Persönlichkeit” keinen Irrtum in Gedanken beimessen. Ein solcher Standtpunkt gäbe einem Menschen die Erlaubnis zu sündigen, wann und wie er wollte, und er könnte dies mit der Ausrede entschuldigen, Sünde gehöre ihm nicht an und er sei deshalb nicht für dieselbe verantwortlich.
Wenn wir erklären, man dürfe wahrer Individualität nicht Irrtum oder Sünde beimessen, so nehmen wir damit den absoluten und daher wissenschaftlichen Standpunkt ein und stimmen mit der Lehre unseres Lehrbuches überein; aber wir dürfen den Unterschied nicht vergessen zwischen dem Bildnis und Gleichnis Gottes und dem sündigen Sterblichen. Wer dürfte in unserem Zeitalter behaupten, es sei irgendein Sterblicher so hoch gestiegen, daß er frei von Irrtum und Sünde sei? Und von wem könnte gesagt werden, daß ihm der sterblichen Annahme zufolge Sünde und Irrtum nicht anhaften? Die Behauptung, daß man, obwohl noch in den Fesseln des sterblichen Sinnes, doch ganz sündlos sein könne, würde der Behauptung gleichkommen, daß Sterbliche geistig vollkommen und heilig sein können.
Beachten wir, wie klar unser Lehrbuch in folgenden Worten den Unterschied zwischen dem Absoluten und dem Relativen darlegt: „Jedermann, der fähig ist, das Mißverhältnis zwischen Gottes Idee und der armseligen Menschheit wahrzunehmen, sollte auch fähig sein, den Unterschied (den die Christian Science macht) zwischen dem Menschen Gottes, der zu Seinem Bilde geschaffen ist, und dem sündhaften Geschlecht Adams zu erkennen” (S. 345). In unserem Denken und in stiller Arbeit können wir uns nicht bestimmt genug an den wahren und wirklichen Menschen halten; aber wir müssen zugleich vermeiden, den sündigenden und sterbenden Menschen mit den Gewändern zu bekleiden, die nur dem geistigen Menschen, dem Ebenbilde Gottes angehören. Der „alte Mensch” mit seinen Sünden muß „ausgezogen” werden, wie Paulus sagt, bevor der neue Mensch, nach dem Ebenbilde Gottes erschaffen, „angezogen” werden kann.
Die Verfasserin unseres Lehrbuches fragt treffend: „Kann daher Gott das Gesetz der Gerechtigkeit übersehen, das die Annahme zerstört, die Sünde genannt wird? Zeigt nicht die Wissenschaft, daß Sünde heute ebensoviel Leiden bringt als gestern? Wer sündigt, muß leiden” (S. 36). Das bedeutet, daß die sterbliche Person, die sündigt, leiden muß, bis sie aus ihrer Sünde aufgewacht und durch Christus, die Wahrheit, erlöst ist.
Laßt uns sehen, wie klar unser Lehrbuch wiederum den Unterschied zwischen dem Absoluten und dem Relativen macht: „Der Mensch ist der Sünde, der Krankheit und des Todes unfähig. Der wirkliche Mensch kann nicht von Heiligkeit ablassen, noch kann Gott, der den Menschen entfaltet hat, die Fähigkeit oder die Freiheit zur Sünde erzeugen. Ein sterblicher Sünder ist nicht Gottes Mensch” (S. 475). Keine Worte könnten deutlicher sein. Doch wenn wir erklären, wir dürften einer Person, im Sinne von sterblicher Person, keinen Irrtum beimessen, so erklären wir tatsächlich, daß ein „sterblicher Sünder” Gottes Mensch sei und kehren so die Lehre unseres Lehrbuches um. Der ganze Gegenstand ist von unserer Führerin in dem Artikel, der im Herold vom Oktober 1910 erschienen ist, kurz zusammengefaßt, uns es sollte derselbe sorgfältig studiert werden, wenn es nicht schon geschehen ist. Wenn wir diese Erklärung unserer Führerin erforschen und verstehen, so werden wir nicht irre gehen oder in unseren Gedanken und unserem Werke verwirrt werden. Indem wir unsere eigenen Irrtümer von unserem eigenen sterblichen Begriff von Person trennen und danach streben, sie zu überwinden, werden wir befähigt, bei der Beurteilung anderer „ein recht Gericht” zu richten.
Das folgende dürfte diesen Gedanken noch weiter erläutern. Im absoluten Sinne ist ein Denkmal nichts. Im relativen Sinne ist es ein Zeichen von Liebe und Achtung für eine Person, die vom Schauplatz irdischer Tätigkeit geschieden ist, eine Erinnerung an die Nützlichkeit des beendeten Menschenlebens und ein Mittel, das Andenken guter Taten zu bewahren. Das Wort Denkmal (Zeichen zum Andenken) schließt eine Mahnung in sich, des Lebens und der Errungenschaften eines Menschen, nicht des Todes einer Person zu gedenken.
Wenn wir die Westminsterabtei besuchen und da die Denkmäler betrachten, so erinnern uns die eingegrabenen Namen nicht an den Tod, sondern an das vortreffliche Leben ihrer Träger. Wenn wir in Mt. Vernon an Washingtons Grab stehen, so denken wir nicht an Washingtons Tod, sondern an Washington den Soldaten, den Patrioten, den Staatsmann und den „Vater seines Landes”. Wenn wir in Springfield an Lincolns Denkmal stehen, so denken wir nicht an Lincolns tragischen Tod, sondern an seinen großen Charakter und sein Leben; wir denken an den Staatsmann und den Befreier Lincoln. Ein Denkmal ist also nicht dazu bestimmt, uns an den Tod, sondern nachdrücklich an das Lebenswerk derer zu erinnern, die hier auf Erden gut und treu gearbeitet haben.
Es ist selbstverständlich, daß Christian Scientisten nicht andere tadeln und verurteilen sollten, weil sich in deren Leben noch Irrtum kundgibt; mit anderen Worten, weil dieselben noch nicht eine höhere Demonstration der Wahrheit erreicht haben. Die Menschen leben noch in einer Annahme sterblicher Zustände, und wir alle geben deshalb in unserem Leben mehr oder weniger Unvollkommenheit zu erkennen. Nur indem wir aus diesen falschen Zuständen heraus- und in das geistige Verständnis hineinwachsen, können wir andere gerecht beurteilen. Keiner von uns ist im Verständnis des Geistes genügend vorgerückt, daß er fähig wäre, seine Mitmenschen auf der Wage absoluter Gerechtigkeit zu wägen. Zugleich dürfen wir nie vergessen, daß das Geistige und Vollkommene allein wirklich, allein der Maßstab ist, nach dem alle Dinge beurteilt werden müssen. Laßt uns auf die Worte unserer geliebten Führerin hören, wie wir sie auf Seite 280 von „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften) lesen: „Es gibt nicht zweierlei, Geist und Materie. Wir müssen diese Vorstellung los werden. In unserem gewöhnlichen Denken bilden wir uns ein, es sei alles in Ordnung, wenn wir etwas auf die Wagschale des Geistes legen; aber wir müssen einsehen, daß Geist nicht mit Materie auf die Wage zu legen ist; dann allein arbeiten wir auf einer Seite und in der Wissenschaft.”
Solche absolute Erklärungen unserer Lehre werden uns genügend an das Geistige und Wirkliche einerseits und an das Materielle und Unwirkliche andererseits erinnern, wenn wir sie sorgfältig erforschen, beachten und in unserem täglichen Leben anwenden. Die sichere und vernünftige Art und Weise, den Irrtum wahrzunehmen, besteht darin, daß man die Allheit der Wahrheit erkennt.
Copyright, 1912, by The Christian Science Publishing Society
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