Christus Jesus erklärte die Unendlichkeit und Allheit des Reiches Gottes und die sich daraus ergebende Nichtigkeit und Machtlosigkeit des Übels in dem Schlußsatz jenes wunderbar umfassenden und für die Christian Scientisten heutigentages so tief bedeutungsvollen Gebetes, das er seine Nachfolger vor neunzehnhundert Jahren lehrte: „Denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit.” In seiner Erklärung dieses Gebetes ermahnte er seine Nachfolger mit den Worten: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches [die sogenannten Unentbehrlichkeiten des Daseins] alles zufallen.”
In den Berichten über König Salomo finden sich wohl mit die treffendsten Beispiele zur Erläuterung dieser Lehre. Wir lesen da: „Salomo hatte den Herrn lieb, und wandelte nach den Sitten seines Vaters David”; und als ihm Gott gebot, um eine Gabe zu bitten, lautete sein Gebet: „So wollest du deinem Knecht geben ein gehorsam Herz”— eine Bitte, die Gott so wohl gefiel, daß Er dem Salomo nicht nur ein weises und verständiges Herz gab, sondern auch diejenigen Dinge, um die er nicht gebeten hatte — Reichtum und Ehre und ein langes Leben. Dies ist also das Reich Gottes, nach welchem wir am ersten trachten sollen, nämlich Weisheit und Verständnis, das uns zu der Erkenntnis von Gottes Allmacht und Allgegenwart verhilft, durch welche die Obergewalt der Wahrheit bei der Überwindung von Sünde, Krankheit und Tod wirksam in die Erscheinung tritt. Dadurch sammeln wir uns nicht nur die verheißenen Schätze im Himmel”, die Gabe ewigen Lebens, sondern empfangen zur Belohung für alles, was wir des Meisters wegen an irdischen Gütern aufgegeben haben, „hundertfältig ... jetzt in dieser Zeit”.
Als Nachfolgerin des Meisters schreibt Mrs. Eddy auf Seite 183 von „Science and Health“: „Der göttliche Geist fordert mit Recht des Menschen vollen Gehorsam, seine ganze Zuneigung und Stärke. Einer geringeren Gesinnungstreue wird kein Platz eingeräumt.” „Den Christian Scientisten sollte es klar sein, daß sie zwischen zwei Ansichten nicht hin und her schwanken, ihren Dienst nicht teilen können; sie können nicht zugleich auf Seiten des Geistes und der Materie, der Wahrheit und des Irrtums arbeiten” (siehe „Science and Health“, S. 167). Die Menschen müssen unter allem Umständen dem Prinzip treu bleiben, wenn das nach Jesu Aussage inwendig in uns befindliche Himmelreich in unserem Leben zum Ausdruck kommen soll. Gesinnungstreue dem Prinzip gegenüber muß sich in unserem Denken, Reden und Handeln offenbaren. Jede große Errungenschaft weist auf ein beharrliches Verfolgen eines Zweckes, auf ein durchaus gewissenhaftes Streben hin. Es gibt keinen höheren, heiligeren Zweck, kein unserer besten Kraft würdigeres Bestreben, als eine volle Hingabe an das vom Meister begonnene Werk — die Gründung des Reiches Gottes in den Herzen der Menschen, jenes Vertrauen auf die Macht der Wahrheit, die von allem Übel befreit, und vor der jeder sich geltendmachende Anspruch des Feindes vergeht, wie Stoppeln von dem Feuer verzehrt werden. Nur durch ein solches Streben können wir jene geistige Erleuchtung erhoffen, die der Welt den Beweis liefern wird, daß wir Kinder des Lichts sind; nur so können wir die Fülle des Reichtums, der Ehre und Herrlichkeit herniederbringen, die des Menschen göttlich verliehenes Erbteil ist.
Jesus sagte seinen Jüngern nicht, sie sollten das Reich Gottes suchen, damit ihnen „solles alles” zufallen möge. Weit davon entfernt! Der erste und einzige Beweggrund alles Trachtens solle sein, das Reich Gottes zu finden; beim Finden desselben würde auch die Erkenntnis kommen, daß die Dinge, die ihnen zufallen, nur eine Begleiterscheinung oder Folge dieses Trachtens sei und neben den geistigen Schätzen des himmlischen Reiches zur Bedeutungslosigkeit herabsinken. Dies muß auch das Verhalten derer sein, die der Christian Science näher treten. Die Lehren dieser Religion bieten der Menschheit die Kenntnis und das Verständnis von Gott, das notwendigerweise eine gleiche Kenntnis und ein gleiches Verständnis von dem Menschen, dem Ebenbild und Gleichnis Gottes, in sich schließt. Der vollkommene Gott und der vollkommene Mensch werden daher in den menschlichen Angelegenheiten offenbart, und die Heilung der Kranken kommt somit zustande.
Mit anderen Worten, wir dürfen das Reich nicht um der Brote und Fische willen suchen, sondern müssen klar erkennen, daß ein selbstloses und uneigennütziges Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit die Hauptsache ist, zugleich aber die Belohnung mit sich bringt, denn die Verheißung lautet, daß diejenigen, die hungert und dürstet, satt sein sollen; d. h. sie werden von der Macht und Wahrheit der Liebe so erfüllt werden, daß Heilung von Sünde sowohl wie von Krankheit ebenso sicher eintritt, wie die anbrechende Morgendämmerung die Schatten der Nacht verscheucht. Wer sich dem Dienste für das Reich „inwendig” angeschlossen hat, wird finden, daß er durch gute Taten an anderen sein eigenes Heil bewirkt, d. h. daß jedes seiner Bedürfnisse befriedigt werden und er sich von dem Überfluß Seines Hauses laben wird (siehe Psalm 36:9, Züricher Bibel). Dazu gehört aber, daß er einfältigen Auges nach der Herrlichkeit Gottes trachtet.
