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Gehorsam

Aus der April 1912-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Gehorsam ist der Sprößling der Liebe” sagt uns Mrs. Eddy in „Miscellaneous Writings“ auf Seite 117. Gehorsam ist, vielleicht mehr als irgendeine andere geistige Eigenschaft, besonders bei denen so ausgeprägt charakteristisch, die Gott zur Ausführung des göttlichen Willens erwählt; ebensowenig kann Gehorsam von dem Gesetz des Fortschritts getrennt werden, das stets zur Hebung des Menschengeschlechts gedient hat. Kein großes Werk, ganz gleich auf welchem Gebiet, ist ohne die treuen Dienste irgendeines Menschen vollbracht worden, der über die Grenzen des Gewöhnlichen hinaus von dem Geiste des Gehorsams durchdrungen war. Gehorsam zeigt oftmals die Berufung zu einem Dienst an, welcher die vollständige Aufopferung des eigenen Selbst und die Dahingabe jeder vorgefaßten Idee oder persönlichen Neigung verlangt. Es ist mit Recht gesagt worden, daß der, der nur mit Widerstreben gehorcht, oder sich erst unschlüssig über das Weshalb und Warum der erhaltenen Aufträge erkundigt, in keiner Weise den wahren Geist des Gehorsams beweist, von dem unsere Führerin sagt, wer ihn besitze, sei „niemals fern von seinem Posten, niemals unachtsam, niemals schlecht gelaunt, und niemals zur Arbeit im Dienste Gottes ungerüstet” („Miscellaneous Writings“, S. 116).

Die Heilige Schrift sowohl wie die Weltgeschichte legt gar häufig Zeugnis ab von Taten der Selbstaufopferung, die von edlen Menschen im Gehorsam gegen Gottes Ruf oder dem Befehl derer, die mit der gerechten Gewalt bekleidet waren, vollbracht wurden. Doch nirgends können wir eine Tat des Gehorsams finden, die sich mit der von Johannes im zwanzigsten Kapitel seines Evangeliums berichteten vergleichen ließe. In den ersten Versen wird uns erzählt, daß Maria Magdalena am ersten Tage der Woche, als es noch dunkel war, in den Garten kam, wo sich die Grabstätte des Joseph von Arimathia befand. Es war der Ort, wohin man den Leichnam Jesu gelegt hatte, der von den Juden und Hohenpriestern während der Vorbereitung zum Passah, dem größten ihrer Feste des ganzen Jahres, so grausam am Kreuz hingerichtet worden war. Die Gedanken und Erwartungen, die Maria zu diesem frühen Besuch veranlaßten, sind nicht angegeben, aber als sich der dunkle Vorhang der Nacht zu heben begann und die ersten Strahlen der Morgendämmerung zum Durchbruch kamen, machte sie die Entdeckung, daß der Stein, welcher den Zugang zu der Grust verwahrte, beiseite gerollt worden war, und man den Leichnam ihres geliebten Herrn weggetragen hatte.

Von dem Gedanken erfüllt, daß Petrus und die anderen Jünger sofort von den Geschehnissen benachrichtigt werden müßten, eilte Maria zu ihnen in die Stadt. Auf die Nachricht hin liefen die beiden Jünger schnell nach dem Garten und fanden dort die Aussagen Marias bestätigt. Die leeren Grabtücher waren der einzige Beweis, daß die Gruft den Leichnam ihres geliebten Meisters geborgen hatte. „Da”, so fährt die Erzählung fort, „gingen die Jünger wieder heim”; doch Marias tiefe Liebe und Ergebenheit für den Meister fesselte sie an den Ort, ungeachtet der Furcht, von der sie ohne Zweifel verfolgt wurde. Allein und weinend stand sie bei dem Grabe, und als sie sich vorwärts beugte, um in die Gruft hineinschauen zu können, gewahrte sie zwei Engel, die sie fragten, warum sie weine. Das Licht des Auferstehungsmorgens begann in ihr Bewußtsein zu leuchten. Sie antwortete: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.”

Kaum hatte Maria dies gesagt, als sie sich umwandte und Jesus neben sich stehen sah, ohne zu wissen, daß er es war. Der Herr wiederholte sofort die Frage der Engel, und Maria, die ihn für den Gärtner hielt, wandte sich mit den flehentlichen Worten an ihn: „Herr, hast Du ihn weggetragen, so sage mir, wo hast du ihn hingelegt? so will ich ihn holen.” Welch wunderbare Macht der Liebe spiegelt sich hier im Menschentum wieder! Seit jener Zeit war weder eine Maria von Magdala, noch irgendein anderer Sterblicher imstande, die unsterbliche Christus-Idee, das unvergängliche Abbild des ewigen Vaters, wegzunehmen. Voll Zartheit und menschlichem Mitleid, wie er ja stets war, rief der Erlöser sie dann bei ihrem Namen, „Maria”. Von welch hoher Bedeutung muß dieser erhebende Gruß für Maria gewesen sein. Etwas von dem Entzücken und der Freude, die ihr sorgenvolles Herz erfüllte, als sie den Meister wieder lebend sah, kann man sich vorstellen, wenn man der überwältigenden Schmerzen gedenkt, die sie gelitten hatte.

Die folgenden Worte, die der Besieger des Todes an sie richtete, müssen ihr gewiß fremdartig geklungen haben: „Rühre mich nicht an; denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater.” Welche Bedeutung mögen seine Worte für diese treue Freundin gehabt haben, die seit dem Tage, da er die sieben Teufel aus ihr austrieb, für seine bescheidenen irdischen Bedürfnisse gesorgt hatte; die seine Füße mit ihren Tränen gebadet und mit ihrem Haar getrocknet hatte, die, von Schmerz gebeugt, mit seiner Mutter unter dem Kreuze gestanden und sodann ihre Liebe zu ihrem Meister dadurch bezeugt hatte, daß sie einsam bei seiner abgelegenen Grabstätte Nachtwache hielt.

Sicherlich war es nicht nur die physische Umarmung, die er abwehrte, sondern überhaupt die Tiefe ihrer Zuneigung, ihre liebevollen Gedanken, die vielleicht seine Demonstration, seine Himmelfahrt aus dem Traum des materiellen Lebens in die herrliche Wirklichkeit des geistigen Reiches hätten hindern können.

Dieser Aufforderung zum Gehorsam folgte eine weitere Aufforderung: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.” Dies war der Befehl, den Maria jetzt vernahm. Es muß ihre Kräfte fast überstiegen haben, sich jetzt, im überwältigenden Gefühl ihrer neuerlangten Freude von ihrem Meister zu trennen. Aber „Gehorsam ist der Sprößling der Liebe”, und Liebe schenkt selbstsüchtigem Verlangen und selbstsüchtigen Wünschen kein Gehör, wie verlockend zudringlich dieselben auch sein mögen. Daher sehen wir, daß „Maria kommt und verkündiget den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen.” Sie hatte angefangen zu verstehen, daß die Christus-Idee weder von dem sterblichen Menschen getötet werden noch Verwesung sehen kann, da Christus Jesus ihrem Bewußtsein demonstriert hatte, daß Leben Gott ist und weder in der Materie wohnt noch aus Materie besteht. Wie wir sehen, wurde Maria mit der Botschaft des Meisters betraut — mit der glorreichen Augenscheinlichkeit des ewigen Lebens, welches er nicht nur für seine Jünger, sondern auch für alle seine Nachfolger in allen Zeiten demonstriert hatte.

Liebevoller Gehorsam gegen die Stimme der Wahrheit, und ergebenes Befolgen der Gebote unseres Meisters, Christus Jesus, ermöglichten es einer Frau in unserer Zeit, die göttliche Idee, den auferstandenen Christus zu erblicken, welcher der sterblichen Annahme gemäß jahrhundertelang in der versiegelten Gruft der Materialität begraben war. „Science and Health with Key to the Scriptures“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift), wovon sie die Verfasserin ist, verkündet der Menschheit aufs neue die „frohe Botschaft” von der Auferstehung, welche in vollem Glänze erscheinen wird, wenn sich die Menschheit über alle materiellen Annahmen zu dem Verständnis erhoben hat, daß der Mensch nicht der Sklave der Sinne ist, sondern daß er im Geiste lebt, in Übereinstimmung mit der ewigen Anordnung des göttlichen Prinzips, des all-liebenden Vater-Mutter Gottes.

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