Gehorsam ist der Sprößling der Liebe” sagt uns Mrs. Eddy in „Miscellaneous Writings“ auf Seite 117. Gehorsam ist, vielleicht mehr als irgendeine andere geistige Eigenschaft, besonders bei denen so ausgeprägt charakteristisch, die Gott zur Ausführung des göttlichen Willens erwählt; ebensowenig kann Gehorsam von dem Gesetz des Fortschritts getrennt werden, das stets zur Hebung des Menschengeschlechts gedient hat. Kein großes Werk, ganz gleich auf welchem Gebiet, ist ohne die treuen Dienste irgendeines Menschen vollbracht worden, der über die Grenzen des Gewöhnlichen hinaus von dem Geiste des Gehorsams durchdrungen war. Gehorsam zeigt oftmals die Berufung zu einem Dienst an, welcher die vollständige Aufopferung des eigenen Selbst und die Dahingabe jeder vorgefaßten Idee oder persönlichen Neigung verlangt. Es ist mit Recht gesagt worden, daß der, der nur mit Widerstreben gehorcht, oder sich erst unschlüssig über das Weshalb und Warum der erhaltenen Aufträge erkundigt, in keiner Weise den wahren Geist des Gehorsams beweist, von dem unsere Führerin sagt, wer ihn besitze, sei „niemals fern von seinem Posten, niemals unachtsam, niemals schlecht gelaunt, und niemals zur Arbeit im Dienste Gottes ungerüstet” („Miscellaneous Writings“, S. 116).
Die Heilige Schrift sowohl wie die Weltgeschichte legt gar häufig Zeugnis ab von Taten der Selbstaufopferung, die von edlen Menschen im Gehorsam gegen Gottes Ruf oder dem Befehl derer, die mit der gerechten Gewalt bekleidet waren, vollbracht wurden. Doch nirgends können wir eine Tat des Gehorsams finden, die sich mit der von Johannes im zwanzigsten Kapitel seines Evangeliums berichteten vergleichen ließe. In den ersten Versen wird uns erzählt, daß Maria Magdalena am ersten Tage der Woche, als es noch dunkel war, in den Garten kam, wo sich die Grabstätte des Joseph von Arimathia befand. Es war der Ort, wohin man den Leichnam Jesu gelegt hatte, der von den Juden und Hohenpriestern während der Vorbereitung zum Passah, dem größten ihrer Feste des ganzen Jahres, so grausam am Kreuz hingerichtet worden war. Die Gedanken und Erwartungen, die Maria zu diesem frühen Besuch veranlaßten, sind nicht angegeben, aber als sich der dunkle Vorhang der Nacht zu heben begann und die ersten Strahlen der Morgendämmerung zum Durchbruch kamen, machte sie die Entdeckung, daß der Stein, welcher den Zugang zu der Grust verwahrte, beiseite gerollt worden war, und man den Leichnam ihres geliebten Herrn weggetragen hatte.
Von dem Gedanken erfüllt, daß Petrus und die anderen Jünger sofort von den Geschehnissen benachrichtigt werden müßten, eilte Maria zu ihnen in die Stadt. Auf die Nachricht hin liefen die beiden Jünger schnell nach dem Garten und fanden dort die Aussagen Marias bestätigt. Die leeren Grabtücher waren der einzige Beweis, daß die Gruft den Leichnam ihres geliebten Meisters geborgen hatte. „Da”, so fährt die Erzählung fort, „gingen die Jünger wieder heim”; doch Marias tiefe Liebe und Ergebenheit für den Meister fesselte sie an den Ort, ungeachtet der Furcht, von der sie ohne Zweifel verfolgt wurde. Allein und weinend stand sie bei dem Grabe, und als sie sich vorwärts beugte, um in die Gruft hineinschauen zu können, gewahrte sie zwei Engel, die sie fragten, warum sie weine. Das Licht des Auferstehungsmorgens begann in ihr Bewußtsein zu leuchten. Sie antwortete: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben.”
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