Wo soll das Herz inmitten der scheinbar endlosen Wirren des menschlichen Lebens Ruhe finden? Wie soll es die geistige Spannkraft erlangen, um sich über die Flut des Elends zu erheben, die sich gegenwärtig über die schönsten Gefilde der Erde ergießt? Auf diese Fragen kann die Weltweisheit keine befriedigende Antwort geben. Angesichts der gegenwärtigen grauenhaften Ereignisse in der Alten Welt verschwinden die angeblichen Werte sterblichen Besitzes an Reichtum, Bildung, Stellung und Ehre, und alle Menschen werden hinsichtlich ihrer Bedürfnisse und ihrer Hilflosigkeit auf die gleiche Stufe gestellt. Wenn die gewohnten Genüsse versagen, wenn die heiligsten Bande der Familie rücksichtslos zerrissen werden, wenn selbst die einfachen Freuden, die Feld und Wald bieten, vergangen sind und kein froher Gesang mehr ertönt — wie soll das Herz in solchen Stunden den Klippen der Angst und Verzweiflung ausweichen, wenn es nicht bewußt im Hafen der Wahrheit und Liebe geankert hat?
Obschon Paulus und Silas zerschlagen, blutig und schmerzhaft gefesselt in der Finsternis des „innersten Gefängnisses” lagen, so ertönte doch zur Mitternachtsstunde ihr Lobgesang durch die öden Räume. Sie hatten offenbar den Quell der Freude gefunden — des Friedens, „welcher höher ist denn alle Vernunft”, und sie wurden in der Stunde, da das Übel seinen Triumph zu feiern schien, von ihren Banden befreit. Die wahre geistige Basis der Freude, auf welcher diese Apostel standen, haben wir in der Christlichen Wissenschaft wiedererlangt, zum großen Trost aller, die in der Not sind. Das Geheimnis, wie man diese Freude erlangen kann, wird in Mrs. Eddys Worten genannt, wenn sie sagt, daß wir „keine andre Wirklichkeit kennen — kein andres Lebensbewußtsein haben [dürfen]— als das Gute, als Gott und Seine Widerspiegelung” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 342). Welch ein Segen wäre ein solches Sichbewußtwerden für die unglücklichen und trauernden Millionen der jetzigen Stunde!
Die Weltereignisse, die sich gegenwärtig abspielen, sind solch grauenhafter Art, daß man fast an der Erlösung der Menschheit verzweifeln möchte. Und doch können sie auch nicht den kleinsten Teil des wahren Seins zerstören oder aus dem Gleichgewicht bringen, wie wir in der Christlichen Wissenschaft gelernt haben. Gott und Seine Ideen bleiben unberührt. Im Reich des Geistes ist lauter Friede, der Friede, welcher herrschte, „da die Morgensterne miteinander lobeten und jauchzeten alle Kinder Gottes”. Wer sich dieser hohen Wahrheiten bewußt ist, kann sich über jedwede Umstände und Ereignisse erheben.
Jesus sagte zu seinen Jüngern: „In der Welt [solange ihr den materiellen Sinnen unterworfen seid] habet ihr Angst; aber seid getrost. Ich habe die Welt überwunden.” Sie sollten in der gleichen Weise überwinden. Er hatte von dem Aufruhr geredet, den ihre Bekräftigung der Wahrheit hervorrufen würde, worauf er ihnen die folgende bestimmte Zusicherung ihrer Herrschaft über menschliche Gefühle und Regungen gab: „Eure Freude soll niemand von euch nehmen. ... Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Frieden habet.”
In unsern Tagen können Christliche Wissenschafter in allen Teilen der Welt von der zunehmenden Herrschaft über sterbliche Erfahrungen reden —über Prüfungen, Versuchungen, Trübsal, Verlust usw.— und zwar deshalb, weil sie die Dinge von dem Gesichtspunkt aus sehen, den man erreicht, wenn man die Falschheit des Sinnenzeugnisses erkennt. Daher sagt der Psalmist: „Vor dir ist Freude die Fülle und lieblich Wesen zu deiner Rechten ewiglich.” Diese Worte, im Lichte der Christlichen Wissenschaft betrachtet, zeigen uns, wie wir die wahre Freude, die Befreiung von jeder Art der Furcht erlangen können. Die Erkenntnis, daß Gott, das Gute, und Seine Kundwerdung die allumfassende Wirklichkeit ausmachen, ist in der Tat das Leben. Sie bedeutet Befreiung von allen Banden. Sie bedeutet die Verwirklichung der Verheißung Jesu: „Meinen Frieden gebe ich euch.” Fürwahr, die Freude am Herrn ist unsre Starke geworden.
