Einem jeden, der die Worte Jesu aufmerksam liest, muß die Kürze und Bündigkeit seiner Ausdrucksweise auffallen; so z. B. in seiner Bemerkung gegenüber den Jüngern: „Ihr seid das Salz der Erde.” Die erhaltende Eigenschaft des Salzes ist so allgemein bekannt wie dessen Gebrauch. Als Sinnbild für die christlichen Tugenden öffnet es uns die Tür zu einer Reihe von interessanten Vergleichen.
Dem Christlichen Wissenschafter ist es augenscheinlich, daß die Erde durch etwas erlöst werden muß, was ihr ganz und gar ungleich ist. Er hat einsehen gelernt, daß alles Irdische aus verborgenen oder offenkundigen falschen Vorstellungen des sterblichen Sinnes zusammengesetzt ist, und daß die Gehaltlosigkeit und Unbeständigkeit materieller Dinge fortwährend durch Krankheit und Verfall zum Ausdruck kommt. Erlösung bedeutet für den Christlichen Wissenschafter das Erscheinen des Lichtes der Wahrheit im Bewußtsein — der Wahrheit, welche die Finsternis des Unwahren verscheucht. Er erkennt, daß Jesus mit den obenangeführten Worten den geläuterten menschlichen Sinn oder den Menschen anredete.
Die Menschheit sieht sich in unsern Tagen sehr wichtigen Problemen gegenüber. In allen Ländern gibt es Menschen, die ernstlich nach wirksamen Mitteln gegen Furcht, Krankheit, Krieg und Armut forschen. Diese Übel bilden jedoch Klippen, an denen menschliches Streben und Hoffen in der Regel gescheitert ist. Obgleich man da und dort heldenmütige Anstrengungen gemacht hat, so ist doch das Ergebnis sehr entmutigend gewesen. Wer nicht in gewissem Maße eingesehen hat, daß der Glaube an die Wirklichkeit und Macht des Übels hinfällig ist, und daß das scheinbare Übel nach der Weise Christi Jesu vernichtet werden kann, wird beim Anblick der traurigen Ereignisse des Lebens gar leicht von einem Gefühl der äußersten Mutlosigkeit befallen. Sobald aber für ihn die Morgendämmerung der Christlichen Wissenschaft angebrochen ist, sieht er, wie die Wolken des Irdischen vor dem stets zunehmenden Licht der geistigen Erkenntnis verschwinden, und er faßt dann neuen Mut. Er erkennt, daß das Christus-Bewußtsein den zweifelnden und verzagten menschlichen Sinn erlösen kann. Für die Wahrheit hat der Irrtum keinen Aufenthaltsort und keine Macht. Diese Tatsache ist dem Freund der Wahrheit ein Grund zu großer Freude und ein Antrieb zu reger Tätigkeit.
„Ihr seid das Salz”! Dieser Ausspruch kann nicht mißverstanden werden, mögen wir auch das „ihr” nicht auf uns beziehen — mögen wir auch zögern, die Macht der wahren Selbstheit geltend zu machen. Ist dies der Fall, so sollten wir daran denken, daß unser Wegweiser seine wahre Selbstheit nicht verleugnet, sondern ihr Einssein mit der Wahrheit bekräftigt hat. Hier nun tritt der Unterschied zutage zwischen seinem Begriff von Selbstheit und dem, welcher uns davon abhalten möchte, unsre Stellung als „Miterben Christi” einzunehmen. Die Erklärung, daß das geistige Bewußtsein „das Salz” ist, welches die Menschheit erretten wird, identifiziert es als den Christus; und dies ist eine der bedeutungsvollsten Lehren des Meisters. Die individuellen Erfahrungen sind somit der Inbegriff der Geschichte. „Die Erde” stellt den Glauben an das Nebeneinander des Guten und des Bösen dar, und von diesem Glauben müssen wir erlöst werden. Der Christus ist die göttliche Idee, welche den Irrtum verscheucht und die Selbstheit des wahren Bewußtseins feststellt. Dies ist Erlösung.
Mehr Gemeinsinn, mehr Staatsmannskunst, mehr Selbstlosigkeit, mehr wahre Aufklärung — das alles ist zu billigen und zu ermutigen; es drückt in gewissem Maße die berichtigende Tätigkeit der Wahrheit aus, die sich durch den menschlichen Sinn bekundet. Aber nur die beweisbare Erkenntnis Gottes, nur der „Christus in euch”, wie Paulus sagt, kann unsre Probleme und somit die Probleme der Welt lösen. Der Beweis, den die Christliche Wissenschaft durch ihr Heilungswerk liefert, stützt ihre Lehre von der Erlösung. Die Allgemeinheit und Beharrlichkeit der Wahrheit ist uns eine Gewähr für endgültige Freiheit und ewiges Leben. Dies ist unser Evangelium. Wir werden es in dem Maße demonstrieren, wie wir der Selbstverleugnung des falschen Sinnes entrinnen und in beherzter Demut die geistige Herrschaft erkennen und ausüben, welche Christus Jesus in so hohem Maße besaß und welche er in uns ehrte, als er sagte: „Ihr seid das Salz der Erde”.