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„Heilig dem Herrn”

Aus der Juni 1914-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es findet sich zuweilen, daß Christliche Wissenschafter bei ihrem Bestreben, die alten Vorstellungen und die damit verknüpften Bräuche abzulegen, nicht ganz im klaren sind wegen der richtigen Feier des Sonntags. Manche deuten folgenden Ausspruch Jesu zu wörtlich oder zu frei: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, und nicht der Mensch um des Sabbats willen.” In ihrer ersten Begeisterung sind sie dazu geneigt, dem Sonntag geradezu einen weltlichen Anstrich zu geben, mit Ausnahme der Zeit des Gottesdienstes. Es handelt sich hier um einen weiteren Fall, wo dadurch großer Schaden angerichtet wird, daß man eine Stelle der Heiligen Schrift aus dem Zusammenhang herausgreift und sie dazu gebraucht, eine zweifelhafte Ansicht oder Handlungsweise zu stützen.

Bei näherer Betrachtung wird es offenbar, daß bei der Begebenheit, durch welche obige tadelnden Worte des Meisters veranlaßt wurden, durchaus nichts vorkam, was die Verfahrungsart, der diese Worte als Stütze dienen sollen, irgendwie rechtfertigt. Die den Buchstaben so streng beobachtenden Pharisäer hätten nämlich Jesus gern vor Gericht gezogen, weil er am Sabbattag durch das Heilen des Mannes mit der verdorreten Hand eine Tat der Barmherzigkeit vollbracht, und weil er und seine Jünger an diesem Tage mit den Weizenkörnern auf dem Felde ihren Hunger gestillt hatten. Jesus wollte einfach zeigen, wie töricht ihre Einwände waren, und er legte ihnen daher eine Frage vor, die nur eine Antwort zuläßt: „Soll man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun, das Leben erhalten oder töten?”

Durch die Erklärung, daß man am Sabbat ebenso wie an andern Tagen der Woche Gutes tun solle, machte es Jesus klar, daß der Geist über dem Buchstaben steht. Wenn wir als Christliche Wissenschafter uns befleißigen, nur das zu tun, was gut ist, nur das, was dem vom Meister festgelegten Maßstab entspricht, dann wird es uns nicht schwer werden, den Tag des Herrn in der richtigen Weise zu feiern. Wenn manche Christliche Wissenschafter Fehler begangen haben, so sind sie nur in die Fußtapfen vieler andrer erklärter Christen getreten. Sie dürfen jedoch nicht vergessen, daß ein großer Unterschied besteht zwischen Freiheit und Ungebundenheit, und daß sie durch ihren Übertritt zu einer andern Religion nicht der Pflicht entbunden wurden, sich am Sonntag in der bei guten Bürgern üblichen Weise zu verhalten.

Wahres Christentum hat allerdings ein und denselben Maßstab für alle Tage der Woche, nämlich den der höchsten Sittlichkeit, und diesen Maßstab wird jeder wahre Christ im Auge behalten. Man darf jedoch nicht vergessen, daß neben diesem Maßstab der Maßstab der Schicklichkeit und Üblichkeit besteht, den wir nicht außer acht lassen dürfen. Wenn auch sehr oft das Befolgen gewisser Anstandsregeln als Deckmantel dieser oder jener Handlungsweise benutzt wird, die in keiner Weise mit dem höheren Begriff von Sittlichkeit in Einklang steht, so entbindet doch diese Tatsache den moralischen Menschen durchaus nicht der Pflicht, die Sitten und Bräuche zu beobachten, welche ihm die gute Meinung seiner Mitmenschen sichern.

Die mangelhafte Kenntnis von der Christlichen Wissenschaft seitens mancher Christlichen Wissenschafter ist oft schuld daran, daß die Anhänger dieser Lehre mit Kälte und Mißtrauen behandelt werden. Nur durch ein tadelloses Leben und ein strenges Beobachten bestehender Formen können sie den Eindruck ausmerzen, daß sie „verschrobene” Menschen seien. Tatsächlich werden ihre guten Werke oft gerade deshalb „verlästert”, weil sie nicht für völlig normale Menschen gelten, und weil man glaubt, sie hätten über fast jeden Gegenstand sonderbare Ansichten. Nun sind aber wahre Christliche Wissenschafter gewiß völlig normal in allen Dingen. Sie behalten den von der Welt festgelegten Maßstab der Schicklichkeit und des guten Geschmacks stets im Auge und nehmen die peinlichste Rücksicht auf die Rechte, ja selbst auf die Gefühle ihrer Mitmenschen.

Einen Punkt sollte man stets im Auge behalten, nämlich, daß die Welt bei den Christlichen Wissenschaftern einen Lebenswandel erwartet, der sowohl mit dem Buchstaben wie mit dem Geist ihres Bekenntnisses übereinstimmt, und daß es daher die Pflicht aller derer ist, die diesen Namen angenommen haben, durch einen tadellosen Lebenswandel sich die Achtung ihrer Mitbürger zu erwerben. Als Christliche Wissenschafter führen wir oft die Worte Jesu im Munde: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.” Wir müssen stets bedenken, daß die Welt ihre Ansicht über die Christliche Wissenschaft nicht nur auf das Heilungswerk stützt, das „im Namen Jesu Christi von Nazareth” getan wird, sondern auch auf die Lebensführung der Christlichen Wissenschafter. Mrs. Eddy sagt: „Wir wissen, daß ein Verlangen nach Heiligkeit erforderlich ist, um Heiligkeit zu gewinnen; wenn wir aber Heiligkeit mehr als alles andre begehren, so werden wir alles für sie opfern” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 11). Wenn wir diese Ermahnung im Gedächtnis behalten, kann es uns gewiß nicht schwer fallen, jeden Tag der Woche so zu gestalten, daß er „heilig dem Herrn” sei.

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