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Das Amt der Geduld

Aus der August 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wohl eine der schönsten Eigenschaften, die Jesus von Nazareth an den Tag legte, war seine erhabene Geduld. Die Evangelien sind voll von Beispielen, wo er sich mit der zärtlichsten Teilnahme von seinem hohen geistigen Gesichtspunkte abwandte, um einem schwachen, nach Licht ringenden Gedanken auf dessen eigner Stufe zu begegnen. Wir erinnern uns, wie er seiner Mutter gehorchte und mit seinen Eltern nach Hause ging, als sie ihn nach langem Suchen im Tempel zu Jerusalem gefunden hatten „unter den Lehrern.” Schon in seinem zwölften Jahr hatte er ein tieferes Verständnis von Gott und Seinen Gesetzen als seine Eltern; aber er war bereit zu warten, bis sie es selbst herausfanden. Daß sie seine Überlegenheit in geistiger Erkenntnis bald einsahen, bewies die Mutter bei seinem ersten öffentlichen Auftreten nach dem Vorfall im Tempel, dem Hochzeitsmahl zu Kana in Galiläa, indem sie die Diener ermahnte, alles zu tun, was er ihnen befehlen würde

Jesus erzwang nie eine Sache. Sein Vertrauen auf das Gute war unerschütterlich; deshalb wußte er, daß er getrost abseits stehen und die schließliche Berichtigung durch das vollkommene und unveränderliche Gesetz des Vaters erwarten konnte. Er wußte, daß die göttliche Tätigkeit trotz des gegenteiligen Zeugnisses des materiellen Sinnes nicht unterbrochen werden kann, obschon der bleierne Stumpfsinn der Umgebung seine Geduld oft auf eine harte Probe gestellt haben muß.

Es gibt wohl keinen rührenderen Vorfall im irdischen Leben unsres Meisters, als die Zusammenkunft im „großen Saal,” wo er seine letzte Unterredung mit seinen Jüngern hatte. Drei Jahre lang waren sie seine beständigen Begleiter gewesen, hatten täglich seinen Ermahnungen, Aufmunterungen, Verweisen und Erklärungen gelauscht. Durch Beispiele und Vorschriften lehrte er sie „die Tiefen der Gottheit.” Und doch bewiesen ihre Fragen bei diesem denkwürdigen Anlaß, wie sehr sie ihn mißverstanden hatten. Judas betrachtete seines Meisters Leben als weniger wert denn dreißig Silberlinge; Petrus wollte wissen, wohin er ginge; Thomas beklagte sich, daß sie ihm nicht folgen könnten, da sie den Weg nicht wüßten, während Philippus als endgültigen Beweis seines Messiasamtes verlangte, er solle ihnen den Vater zeigen. Das alles erscheint wie ein trauriger Kommentar über seine drei Jahre geduldigen Lehrens. Man kann sich wohl denken, daß ein Ton des Unwillens aus seiner sanften Stimme klang, als er auf die letztgenannte Forderung antwortete: „So lang bin ich bei euch, und du kennest mich nicht, Philippus?” Und doch finden wir ihn einen Moment später mit solch unaussprechlicher Zärtlichkeit für seine Jünger beten, daß alle nach hohen Zielen strebenden Menschen diesem Gebet noch heute mit Verwunderung und Erstaunen lauschen.

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