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Der erschlaffende Einfluß der Umgebung

Aus der August 1915-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wenn ein Mensch durch die Christliche Wissenschaft von üblen Zuständen befreit worden ist, hat er den sehnlichen Wunsch, sich so schnell wie möglich mit den Forderungen der Liebe und Wahrheit vertraut zu machen. Er ist sich bewußt, eine große Aufgabe vor sich zu haben, eine freudige und glückbringende Aufgabe.

Seit ich mit der Christlichen Wissenschaft bekannt wurde, habe ich die meiste Zeit in einer Bergbaugegend gelebt, abseits von der Welt und ihren Leidenschaften, ihrem Streit und Hader. Meine Frau und ich hatten unsre Kinder daselbst aufgezogen, fern von allen schädlichen Einflüssen geistiger oder körperlicher Art. Wir priesen uns oft glücklich, so abgesondert zu leben und somit der Mühe und Arbeit enthoben zu sein, der sich so viele unsrer Freunde unterziehen mußten, um ihr Recht gegen die vielen Formen der sterblichen Annahme aufrechtzuerhalten, die einem in der Stadt entgegenzutreten scheinen. Solange wir auf der Feste unsrer Berggegend weilten, blieben wir von all den Krankheiten, von denen die Menschen gewöhnlich heimgesucht werden, so ziemlich unberührt; so oft wir uns aber besuchsweise in der Stadt aufhielten, brachten wir bei unsrer Rückkehr etwas Unerwünschtes mit. Natürlich sahen wir uns hierdurch zu fleißigerer Arbeit veranlaßt, auch kam es vor, und zwar des öfteren, daß wir einen ausübenden Vertreter telephonisch um Hilfe anrufen mußten. Wie gesagt, wir priesen uns jahrelang glücklich, in einer so günstigen Lage und Umgebung zu sein, wo uns so vieles erspart blieb und wir so sorgenfrei inmitten der Natur leben konnten.

Natürlich studierten wir die Lektions-Predigt täglich, desgleichen unsre übrige Literatur, ja wir lasen wenig andres. Jahrelang kam es uns aber gar nicht in den Sinn, daß wir unser Teil dazu beitragen müßten, die Wahrheit an dem kleinen Ort, wo wir auch jetzt noch leben, zu verbreiten. Wir nahmen an, die Leute um uns her hätten kein Verlangen nach der Christlichen Wissenschaft und es sei zwecklos, Gottesdienste abzuhalten. So führten wir eine Art Idealleben und betrachteten es als einen Segen, daß uns ein solches Dasein beschieden sei. Allmählich kamen wir aber doch zu der Einsicht, daß dieses unser Dasein im Grunde nichts andres war als ausgesprochene Trägheit, ein Zustand der Erschlaffung, den das sterbliche Gemüt in uns erzeugte und wodurch es uns davon abhielt, unser wenn auch noch so geringes Teil im Weinberge zu tun, wo es der Arbeit so viel gibt, der Arbeiter aber so wenige.

Nachdem wir aus diesem Schlaf der Selbstzufriedenheit aufgewacht waren, hielten wir im Schulgebäude Gottesdienste ab, und über ein Jahr lang setzten wir nicht einen einzigen Sonntag aus. Wenn auch die Zahl der Besucher immer klein war, so fand sich doch jederzeit jemand ein. Wir mußten eine Meile Weges durch Schnee und Sturm zurücklegen, um diese Versammlungen abzuhalten, hatten mit allerlei Widerstand zu kämpfen und wurden durch gewisse Bekundungen des sterblichen Gemüts in jeder Weise belästigt; doch hatten wir auch während dieser Zeit einige wundervolle Demonstrationen zu verzeichnen und wurden für unsre Mühe hundertfältig belohnt. Wir fanden, daß wir nicht andern, sondern uns selber am meisten Gutes erwiesen. Die uns auferlegte Arbeit, indem wir uns auf die Gottesdienste vorbereiten und passende Bibelabschnitte und Lieder auswählen mußten, nahm unsre ganze freie Zeit in Anspruch, und wir saßen abends oft lange bei unsrer Arbeit. Doch wie viel schneller kamen wir vorwärts und wie klar erfaßten wir den Sinn der Lektionen! Nie zuvor in den Jahren selbstzufriedenen Studiums, da die eigne Förderung unsern einzigen Ansporn bildete, kamen wir so rasch vorwärts. Wenn wir vor einer Versammlung zu lesen hatten, wurden wir zur Anstrengung aller unsrer Kräfte veranlaßt, und es war uns jedesmal klar, daß wir den zum Vortrag kommenden Gegenstand verstehen müßten, wenn wir von den Hörern Verständnis für die darin enthaltene Wahrheit erwarten wollten. Wir fanden es für nötig, uns mit dem Kirchenhandbuch gut vertraut zu machen, um die Gottesdienste richtig zu leiten. Der Segensspruch mußte passend sein, und alles mußte ein harmonisches Gepräge haben. Unsre Führerin schreibt: „Wir müssen vollkommene Vorbilder im Gedanken formen und beständig auf sie hinschauen, sonst werden wir sie niemals zu einem großen und edlen Leben ausgestalten” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 248).

Unser ganzes Leben in dem ruhigen kleinen Ort gestaltete sich zu einem froheren, und wir waren voll Eifers, denn wir wollten das Beste leisten, selbst wenn unsre Zuhörerschaft klein war. Sodann fanden wir, daß es viel Arbeit gab für willige Hände, wenn die Betreffenden erst die Notwendigkeit strebsamer Tätigkeit klar erkannt hatten. Trotz der engen Verhältnisse gab es Gelegenheiten, Gutes zu stiften, Gelegenheiten, die wegen unsrer jahrelangen Untätigkeit unbenutzt geblieben waren. So lehrte uns auch die Erfahrung, daß es nichts ausmacht, ob man weit abseits von der geschäftigen Welt lebt, oder ob die unmittelbare Umgebung eng und das scheinbare Feld der Betätigung beschränkt ist. Es sind stets Menschen da, die nach der Wahrheit verlangt, die hungernden Herzens eines liebevollen Gedankens harren, die sehnsüchtig darauf warten, daß ihnen jemand die Hand in Freundschaft reiche. Unser Meister sagte, wer einem der Geringsten einen Becher kalten Wassers darbiete, werde nicht unbelohnt bleiben.

Jedem aufrichtigen Christlichen Wissenschafter möchten wir zurufen: Es tut nichts zur Sache, wie eng deine Umgebung zu sein scheint, wie wenig Menschen an deinem Ort leben, oder welchem Widerstand du bei deinen Bestrebungen begegnest — laß dich dadurch in nichts hindern. Gewähre keiner Form des Übels Macht über dich. Tue deine Arbeit sorgfältig und mit Verständnis und befolge dabei ebenso genau die Vorschriften des Kirchenhandbuchs, als ob sich tausend Menschen zum Gottesdienst einfänden. Du wirst dann die Wahrheit der Worte Christi Jesu erfahren: „Wo zween oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.” Dein Brot, wenn du es übers Wasser fahren läßt, wird zu dir zurückkehren, wenn auch vielleicht erst nach langer Zeit. Man braucht nicht der Untätigkeit zu verfallen, weil man scheinbar durch die eigne Umgebung oder durch kleine Verhältnisse von andern getrennt ist, denn im Gemüt gibt es keine Enge, in der Wahrheit keine Kleinheit, und liebevoller Beistand ist überall nötig. Wir müssen bedenken, daß es eine Zeit gab, da unser Meister allein dastand, ohne ein menschliches Wesen zum Geführten. Auch unsre Führerin war allein, ohne eine einzige hilfreiche Hand, ohne Rat und Hilfe von Menschen. Und doch wich weder er noch sie vor ihrer Aufgabe zurück. Wir wollen also ihrem Beispiel folgen. Möchten doch Mrs. Eddys Worte in dem Buch „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (S. 355) von uns allen gelten: „Ihre Gedanken sind nach oben gerichtet, ihr Weg geht aufwärts, und ihr Licht leuchtet.”

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