Im hundertundsiebten Psalm findet sich eine merkwürdige Beschreibung der Kämpfe, welche die Sterblichen zu Wasser und zu Land durchmachen in ihrem Bestreben, sich von den Banden der Sünde und Krankheit und von der Furcht des Todes zu befreien. Wahrlich, die Probleme der Menschheit haben sich im Verlauf der Jahrhunderte unter dem Einfluß der materiellen Vorstellungen nur wenig verändert! Wie ein helles Licht leuchtet jedoch durch diese Aufzeichnung menschlicher Erfahrungen hindurch die Tatsache, daß die göttliche Liebe die Menschheit stets unwiderstehlich von den sterblichen Vorstellungen weg- und der Wahrheit zuführt, der Wahrheit, die alles Böse überwindet. Beim Lesen dieses Psalms werden wir an die Worte unsrer Führerin erinnert: „Die heilsamen Züchtigungen der Liebe fördern uns auf dem Wege zur Gerechtigkeit, zum Frieden und zur Reinheit” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 323).
Gar verschieden ist die Wesensart derer, die uns der Psalmist vor Augen führt. Wir sehen hier solche, die nach der Wahrheit hungern und dürsten, andre, „die da sitzen mußten in der Finsternis und Dunkel,” weil sie Gottes Geboten nicht gehorchten, und wieder andre, die krank und elend waren; aber allen, die in ihrer Not zum Herrn schrien, sandte Er „sein Wort und machte sie gesund.” Der Studierende der Christlichen Wissenschaft gibt sich gerne der Betrachtung dieser Worte hin. Er beweist ihre Wahrheit im täglichen Leben, denn er weiß, daß es stets das göttliche Wort ist, das da heilt, möge ein erleuchteter Schreiber es zum Ausdruck bringen, oder sonst jemand, der die Kraft des Wortes Gottes kennt. Nicht einmal der Meister behauptete, er könne aus eigner Kraft die Kranken heilen; stets schrieb er seinen Erfolg dem Wort der Wahrheit zu, das er redete. „Die Worte, die Ich rede, die sind Geist und sind Leben,” sagte er. Kein Wunder, daß die Menschen, welche seine Werke sahen und seiner Lehre lauschten, zu einander sagten: „Was ist das für ein Ding? Er gebeut mit Macht und Gewalt den unsaubern Geistern, und sie fahren aus.”
Wie sonderbar, ist es doch, daß in unsrer Zeit so viele erklärte Nachfolger des Meisters die Macht des göttlichen Wortes nicht kennen und daher in Zeiten der Not dieses Wort nicht bekräftigen, ja daß sie sogar andre verdammen, die dies durch die Christliche Wissenschaft gelernt haben. In auffallendein Gegensatz zu solch geistiger Blindheit ist der klare Blick des Hauptmanns zu Kapernaum, der sich um Hilfe für seinen Knecht an Jesus wandte. Als der Meister erbötig war, mit dem Hauptmann zu gehen, erklärte dieser, er sei einer solchen Ehre nicht wert. „Sprich ein Wort,” sagte er, „so wird mein Knabe gesund.” Wie uns im weiteren erzählt wird, wunderte sich Jesus über den Glauben dieses Mannes und sagte, er habe dergleichen nicht in Israel gefunden. Und zum Schluß lesen wir, daß der Knecht gesund ward zur selbigen Stunde.
Durch alle Evangelien und Episteln hindurch fließt die heilende Macht des Wortes als ein lebenspendender Strom. Zu verwundern ist nur, daß wir für seine herrlichen Verheißungen so lange blind gewesen sind. Der Apostel Paulus gibt uns dafür eine Erklärung, wenn er sagt, „Der Gott dieser Welt” habe „der Ungläubigen Sinn verblendet.”
Im vierzehnten Psalm ist die Rede von den „Toren,” welche „sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott.” Gewiß würden die meisten Menschen entschieden Einwand erheben, wenn man sie zu den Toren zählen wollte. Wer aber leugnet, daß die Macht Gottes heute ebenso heilen kann wie zur Zeit Christi Jesu, der nimmt im wesentlichen denselben Standpunkt ein wie diejenigen, die Gott ganz und gar leugnen.
Je mehr die göttliche Wahrheit, Christliche Wissenschaft genannt, sich dem menschlichen Sinn entfaltet, desto mehr Menschen werden durch das Wort geheilt, wie es der Welt in der Bibel und in Wissenschaft und Gesundheit dargeboten wird. Und darüber dürfen wir uns gewiß freuen. Die Arbeit des Praktikers erscheint oft recht mühevoll, besonders wenn die Kranken und die sie Umgebenden sich fortwährend in Klagen ergehen; aber diese Last kann dadurch beseitigt werden, daß der Patient ermutigt wird, sich direkt an das göttliche Wort zu wenden und in der dadurch erlangten Kraft selber zu arbeiten. Dies bedeutet durchaus keinen Tadel gegen die Arbeit des Praktikers, sondern es soll gesagt sein, daß durch das Befolgen dieses Rates seine Arbeit besser verstanden und gewürdigt wird. Letzten Endes muß ja doch „das Wort Gottes” als der alleinige Sieger über Sünde, Krankheit und Tod erkannt werden, wie es Johannes in der Offenbarung deutlich darlegt. (Siehe K. 19, V. 11–16.) Wie wichtig ist es daher, daß wir uns besser mit diesem Wort vertraut machen und immer weiter vordringen, denn nur dadurch wird uns das Lob zuteil werden: „Du hast ... mein Wort behalten und hast meinen Namen nicht verleugnet.”
