Soeben las ich in einer kürzlichen Nummer dieses Blattes einen Artikel mit der Überschrift „Ein Plan für Marshalltown,” worin von der Gründung einer Genossenschaft zur Kranken-Unterstützung die Rede ist. Besonders scheinen sich die Geistlichen der Stadt für diesen Plan zu interessieren. Bei der Besprechung desselben äußerte sich Herr Pastor — dem Berichte nach wie folgt: „Die Zeit ist gekommen, wo die Mitglieder der christlichen Kirchen bei der Ausübung ihrer Religion auch Heilungen bewirken müssen, wie es Christus tat. Lehren und Predigten nehmen den ihnen gebührenden Platz ein und erfüllen ihren Zweck; doch auch das Heilen gehörte zu der Wirksamkeit des Christus, und hierin sollten es ihm seine Bekenner gleichfalls nachtun.” Ferner sagte er: „Der Christliche Wissenschafter scheint erkannt zu haben, daß Glaube und Religion die Vernichtung von Krankheit bewirken muß; aber er verfährt durchaus unzweckmäßig, indem er verneint, daß Krankheit eine materielle Tatsache sei, wo doch die Bibel von so vielen Krankheitsfällen berichtet. Dennoch bewirkt der Christliche Wissenschafter viel Gutes, insofern die Gemüter der Menschen über ihre eingebildeten Leiden erhoben werden können. Den Mitgliedern der christlichen Kirchen fällt nun die Aufgabe zu, die Ärmel aufzustreifen und sich in der richtigen Weise ans Werk zu machen, indem sie Leute heilen, die wirklich krank sind.”
Dieser Geistliche, das geht aus obigem klar hervor, ist zu der Erkenntnis gekommen, daß die Religion Christi eine heilende Religion ist, und daß das Heilen der Kranken mit der Umwandlung der Sünder Hand in Hand gehen muß. Ich möchte mir jedoch erlauben, ihn darauf hinzuweisen, daß die Anhänger der von Mrs. Eddy entdeckten und gegründeten und in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift dargelegten Religion, der Christlichen Wissenschaft das christliche Heilen seit etwa fünfzig Jahren ausgeübt haben, und daß diese Religion genau mit den Lehren Christi Jesu übereinstimmt, auf die der geehrte Herr Pastor Bezug nimmt. Wie sich der aufmerksame Leser dieses Lehrbuchs leicht überzeugen kann, stellt die Christliche Wissenschaft die scheinbare materielle Tatsächlichkeit von Krankheit oder Leiden nicht in Abrede, sondern sie lehrt, daß Krankheiten und Leiden kein Teil von Gottes geistiger Schöpfung sind und daß sie daher nicht zum ewig Wirklichen gehören, wenn sie auch der menschlichen Vorstellungs- und Empfindungsweise durchaus wirklich erscheinen. Sicher ist jedenfalls, daß die Menschheit als Ganzes ihr Denken über die Materie oder über sogenannte materielle Dinge erheben und den Blick auf die höheren Wirklichkeiten heften muß.
Was nun die Behauptung betrifft, der Christliche Wissenschafter verfahre „durchaus unzweckmäßig,” so möchte ich folgendes bemerken. Wenn das durch die Christliche Wissenschaft bewirkte Heilen unzweckmäßig ist, dann war auch das Heilungswerk Jesu und seiner Jünger unzweckmäßig, dann waren alle in der Bibel verzeichneten Fälle geistiger Heilung unzweckmäßig. Das Heilen der Christlichen Wissenschaft beruht auf dem einen unendlichen, göttlichen Prinzip und stimmt daher mit dem biblischen Heilen überein. Wenn, wie der Herr Pastor sagt, die Zeit gekommen ist, „wo Mitglieder der christlichen Kirchen bei der Ausübung ihrer Religion auch Heilungen bewirken müssen, wie es Christus tat,” dann ist auch die Zeit gekommen, wo die Mitglieder der christlichen Kirchen insgesamt die Verfahrungsart der Christlichen Wissenschaft annehmen sollten, denn durch diese Verfahrungsart sind bei dem Werk des Überwindens von „allerlei Seuche und Krankheit im Volk” die denkbar besten Ergebnisse erzielt worden. Aus den Berichten von Jesu Lebenswerk und dem seiner Jünger sowie aus der Geschichte der Urkirche bis gegen Ende des dritten Jahrhunderts geht hervor, daß das Heilen der Kranken auf geistigem Wege als ein wesentlicher Bestandteil, ja als ein Grundelement der christlichen Religion angesehen werden muß. Mit diesem Heilungswerk hätte die christliche Kirche niemals aussetzen sollen.
Es dürfte in der Regel schwer halten, einem Kirchenmitglied einzureden, daß die Menschen, denen Jesus und seine Schüler Heilung brachten, von Zuständen befreit wurden, die sie nicht für wirkliche Krankheiten sondern für „eingebildete Leiden” hielten. In gleicher Weise wäre es keine leichte Sache, die Empfänger der Segnungen der Christlichen Wissenschaft zu überzeugen, daß die Übel, von denen sie Befreiung gefunden haben, „eingebildete” Leiden im gewöhnlichen Sinn des Wortes gewesen seien. Auf Grund ihrer Erfahrungen, und den Ansichten der Ärzte nach zu urteilen, die in ihren Fällen die Diagnose stellten, schienen diese Leiden eher alles andre als unwirklich. Tatsächlich liegen Beweise vor, daß sehr viele, wenn nicht alle Arten von Krankheit, die die Ärzte als unheilbar oder als äußerst gefährlich angesehen haben, durch die im Sinne der Christlichen Wissenschaft werktätig bewiesene Kraft Gottes geheilt worden sind. Und warum denn nicht? Ist doch Gott allwissende, allmächtige und allgegenwärtige Liebe.
Wie der betreffende Geistliche eine bessere Verfahrungsart finden will, eine Verfahrungsart, durch die bestimmtere Ergebnisse erzielt werden können als die bereits in der Christlichen Wissenschaft erzielten, ist schwer verständlich. Jeder Versuch, geistiges Heilen mit dem Gebrauch materieller Mittel zu verbinden, muß fehlschlagen, weil ein solcher Versuch darauf hinausläuft, gleichzeitig Gott und dem Mammon, dem Geist und der Materie zu dienen, was der Bibel zufolge nicht möglich ist. Wenn der Herr Pastor über die Verfahrungsart und den Erfolg der Christlichen Wissenschaft genauer unterrichtet wäre, würde er erkennen, daß diese Lehre dem Wesen des Christentums in jeder Weise entspricht, und er würde dem Empfehlenswerten, das er bereits in ihr gefunden hat, noch sehr vieles hinzufügen können.