Die Christliche Wissenschaft hat die Schätze der Bibel erschlossen, so daß dieses Buch der Bücher jetzt mehr allgemein verstanden und gewürdigt wird. Sogar der Anfänger im Studium dieser Wissenschaft wundert sich fortwährend über den Reichtum von Wahrheiten, die sich vor ihm entfalten, und er beweist täglich, daß die Lösung seiner Probleme in der Bibel zu finden ist, seien diese einfach oder verwickelt. In dem Maße, wie sich dem Schüler der Christlichen Wissenschaft die geistige Bedeutung der Heiligen Schrift erschließt, wird es ihm offenbar, daß der Menschheit Sehnen erst dann gestillt wird, wenn sie einsehen gelernt hat, daß man, um Gott wahrhaft zu dienen, so denken lernen muß, wie der Meister dachte.
Laßt uns zur besseren Veranschaulichung betrachten, wie weitgehend die Ermahnung des Paulus an die Galater war: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.” Eine wissenschaftliche Auslegung dieser Schriftstelle erweitert des Menschen Gelegenheit, nützliche Arbeit zu verrichten, indem sie ein weites Feld zu wahrer Tätigkeit eröffnet, ein Arbeitsfeld, wo sich jeder Mann und jede Frau täglich, ja stündlich betätigen kann. Einander dienen oder einander die Last tragen heißt, allgemein gesprochen, sich um das Wohl des Nebenmenschen bemühen. Meistens hat dies Bezug auf gewisse äußere Handlungen oder auf materielles Geben. Die Tatsache, daß eine rein metaphysische Dienstleistung Gutes bewirken kann, wird gewöhnlich als von geringer Bedeutung angesehen, wenn sie überhaupt anerkennt wird. Legt man also den genannten Bibelspruch in materieller Weise aus, so begrenzt man dadurch sein Arbeitsfeld. Es bleibt dann für Dienstleistungen im weiteren Sinn, d. h. außerhalb des engeren Familien-, Verwandten- und Bekanntenkreises, wenig Zeit übrig.
Die Christliche Wissenschaft betont die höhere Bedeutung von Dienstleistung. Sie beseitigt das entmutigende Gefühl der Beschränkung, indem sie uns lehrt, daß Handlungen, Bemühungen und Gaben im Verkehr mit unserm Nächsten nebensächliche Bedeutung haben, obschon sie die natürliche Folge einer liebevollen, hilfsbereiten und intelligenten Denkweise sind. Die Christliche Wissenschaft lehrt und beweist, daß Gedanken Dinge sind, daß das Metaphysische das Physische zu jeder Zeit übersteigt, und daß ein jeder von uns seinem Nächsten dann am besten dient, wenn er sich weigert, Gedanken zu denken, die nicht christusähnlich sind. Wenn wir gelernt haben, „an der Tür des Gedankens” Wache zu stehen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 392), wenn wir nichts in unser Bewußtsein eindringen lassen, was den gottgleichen Menschen erniedrigt, dann wenden wir das Gesetz Christi auf alles an, was wir sehen und tun; dann sind wir in der Tat Wohltäter, denn alle, auf denen unsre Gedanken ruhen, werden gesegnet.
Wenn wir von Beschränkung oder Mangel bedroht sind, sollten wir den Gedanken sofort von dem Sinnenzeugnis abwenden und uns vergegenwärtigen, daß Gott, die unendliche Weisheit und Liebe, das unendliche Gute, der Alles-in-allem, Seine eigne Idee, den Menschen, nie einschränkt oder knapp hält, sondern ihm weit mehr gibt als er zu empfangen vermag. Ein jeder von uns kann sich über den sterblichen Augenschein erheben, indem er sich weigert, dessen Wirklichkeit anzuerkennen, und stets ernstlich bestrebt ist, mit der göttlichen Wahrheit eins zu werden.
Wer Krankheit irgendwelcher Art sieht oder von ihr sprechen hört, muß unerschrocken und mit festem Vertrauen auf Gott diese sterblichen Bilder der Disharmonie durch die Wahrheit über des Menschen wahres Erbe ersetzen. Da Gott der einzige Schöpfer ist, der alles, „was gemacht ist,” zu Seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat, so kann jede Erscheinungsform von Krankheit aus dem Bewußtsein ausgemerzt, kann verneint und gerügt werden, gerade wie ein Mathematiker sich weigert, ein auf Grund eines falschen Gesetzes oder einer falschen Regel erzieltes Resultat anzunehmen. Er braucht einfach das richtige Gesetz in Anwendung zu bringen, und die Unwirklichkeit der Disharmonie ist bewiesen.
Wenn sich aus irgendeinem Grunde Gedanken der Unruhe, der Unzufriedenheit, der Furcht usw. einstellen, so laßt uns auch dieses mentale Unkraut ebenso sorgfältig und gründlich ausrotten, als handle es sich um die Kundwerdung eines körperlichen unharmonischen Zustandes. Seien wir bestrebt, gottähnliche Gedanken zu denken, und bestehen wir auf des Menschen Erbrecht — der Fähigkeit, nur Gutes zu sehen, zu hören, zu empfinden und zu denken. Mrs. Eddy sagt auf Seite 210 von „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“: „Laßt euer Denken so von Wahrheit und Liebe erfüllt sein, daß Sünde, Krankheit und Tod nicht in dasselbe eindringen können.”
Dies ist die Art und Weise, das Gesetz Christi täglich und stündlich zu erfüllen. Christus Jesus sah seinen Mitmenschen nicht als krank, gelähmt, arm, oder bekümmert, sondern er schaute über das Sinnenzeugnis hinaus und erkannte den von Gott geschaffenen Menschen. Er wandte sich ab von jedem materiellen Augenschein der Disharmonie und sah das vollkommene Weltall und den vollkommenen Menschen — die Allheit und Unveränderlichkeit der Schönheit, der Harmonie und des Überflusses. Indem er sich weigerte, das Böse als wirklich anzuerkennen, zerstörte er es. Die Christliche Wissenschaft lehrt die Menschen, alles zu verwerfen, was dem Wesen Gottes nicht entspricht.