Die Freundschaft mit ihrem Glück, ihrem Trost und ihrer Anregung übt einen allgemein wohltuenden Einfluß aus. Ein Verständnis von der Christlichen Wissenschaft veredelt und stärkt die Bande der Freundschaft und bringt das ewige Wesen alles Guten und Wahren, das sie in sich schließt, ans Licht. Um vollkommen und unwandelbar zu sein, muß die Freundschaft auf einem gegenseitigen Verständnis von der Wahrheit des Seins beruhen; mit andern Worten, um ihre Freuden in vollem Maße schätzen zu können, muß man erst ihr wahres Wesen erkennen. Es wird allgemein zugegeben, daß Kameradschaft erst dann hilfreich und dauernd ist, wenn sie das Gute zur Grundlage hat. Der höhere Begriff von Freundschaft, den die Christliche Wissenschaft verleiht, macht die Menschen zu besseren Freunden. Diese Lehre erweist sich als ein unfehlbares Mittel gegen alles, was unedel, niedrig und selbstsüchtig ist, alles, was die Schönheit und Harmonie der gegenseitigen Beziehungen vernichten könnte. Welche Genugtuung bringt doch Freunden die Erkenntnis, ja die Fähigkeit, einigermaßen zu beweisen, daß des wahren Menschen Wesenheit nicht materiell ist, daß sie weder von Sünde noch von Krankheit beeinflußt werden kann, sondern geistig und vollkommen ist.
Die Christliche Wissenschaft zerstört unsern Glauben an Unvollkommenheit. Sie befähigt uns, auf dem Guten zu beharren und das Böse zu verneinen und zu überwinden. Mit der Erkenntnis, daß das wahre Wesen des Menschen geistige Individualität ist, verschwindet allmählich der Glaube an eine materielle Persönlichkeit. Wenn wir erst verstehen, daß der wahre Mensch eine Idee Gottes ist, und daß Gottes Ideen allein von dem göttlichen Gemüt, dessen Ausfluß sie sind, bestimmt und regiert werden, dann werden wir auch „allesamt gleichgesinnet” sein. Groß ist unsre Freude, wenn wir anfangen zu beweisen, daß Uneinigkeit, Mißhelligkeit oder Zwist unter den Ideen des Vaters, „bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis,” unmöglich sind. Die gegenseitigen Beziehungen werden dadurch angenehmer, hilfreicher und weniger selbstsüchtig.
Auf Seite 100 von „Miscellaneous Writings“ schreibt Mrs. Eddy: „Die Wissenschaft hat das Wort, wenn die Sinne zum Schweigen gebracht sind,” und sie fährt weiter: „Wahres Menschentum, Freundschaft, das Heim, gegenseitige Liebe geben dieser Welt einen Vorgeschmack des Himmels.” Alle wahre Freundschaft beruht auf dem, was gut ist, und da Gott das allmächtige Gute ist, so können wir erst dann mit Gott eins und untereinander einig sein, wenn wir gut sind. Ferner ist Gott die Liebe, und das Verständnis dieser Tatsache in der Christlichen Wissenschaft läßt uns unsre Freunde in so wahrhafter Weise lieben, daß wir uns weigern, dem falschen Zeugnis der Sinne, daß der Mensch materiellen Einflüssen unterworfen sei, Glauben zu schenken, und zu jeder Zeit auf seiner geistigen Wesenheit beharren.
Hieraus ist ersichtlich, wie der Glaube an die Trennung durch Zeit und Raum vermöge des Verständnisses, daß Gott und Seine Ideen eins und stets gegenwärtig sind, überwunden werden kann. Wenn wir einmal einsehen gelernt haben, daß es im unendlichen Gemüt keine Trennung gibt zwischen Gottes Kindern, dann werden wir auch nicht mehr in so hohem Maße auf der persönlichen Gegenwart unsrer Freunde bestehen und ihre persönliche Aufmerksamkeit verlangen. Wir wissen, daß es im Reich Gottes keinen Zufall gibt, sondern daß alles in Übereinstimmung mit dem vollkommenen Gesetz, im Einklang mit dem unveränderlichen göttlichen Prinzip vor sich geht. In Wirklichkeit trägt alles zu unserm Wohlergehen und zu dem unsrer Freunde bei, und den Beweis davon erlangen wir in dem Maße, wie wir Gott als unsern ersten und besten Freund anerkennen. Wir ängstigen uns dann nicht um unsre Freunde, denn wir wissen, daß, wo sie auch sein mögen, Gott Seine Kinder segnet, erhält und beschützt. Durch das Festhalten an dieser Wahrheit können wir unsre Liebe zu unsern Freunden am besten beweisen und ihnen helfen.
Daß dies nicht weit hergeholt und unpraktisch ist, beweisen die Christlichen Wissenschafter zur Genüge im täglichen Leben. Weil die Freundschaft eine notwendige, rechtmäßige und gute Beziehung ist, müssen wir uns ihrer in jeder Weise würdig erzeigen; und wie alles andre, so müssen wir auch unsre Freunde von Gott erwarten. Welch ein Gefühl der Freude und des Trostes bringt uns doch die Erkenntnis, daß wir unsre Freunde nie verlieren können, daß wahre Freundschaft nie ein Ende nehmen kann! Als der Ausfluß Gottes, des Guten, ist sie unzerstörbar, ewig. Unsres Meisters Auffassung von Freundschaft geht aus den folgenden Worten an die Jünger hervor: „Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich habe von meinem Vater gehöret, hab ich euch kundgetan.”