Wenn auch die folgenden Worte eines bekannten Schriftstellers über Volkswirtschaft vom rein materiellen Standpunkt aus geschrieben wurden, so enthalten sie doch eine wertvolle Lehre: „Der Schüler beinahe jeder Wissenschaft stößt anfangs auf Hindernisse. Gelingt es ihm, sie zu beseitigen, so scheint sein Fortschritt gesichert.” Der Schüler der Christlichen Wissenschaft macht hierin keine Ausnahme, ist aber im Vergleich zu dem Schüler der materiellen Wissenschaften insofern im Vorteil, als er sich die in der Heiligen Schrift verkündete Allwissenheit, Allgegenwart und Allmacht Gottes zur grundlegenden Voraussetzung erkoren hat. Deshalb erlangt er auch „einen Sieg nach dem andern,” denn er weiß, daß irgend etwas, was sich dem Guten widersetzt, oder was vorgibt, eine dem Guten entgegengesetzte Macht zu sein, ein unrechtmäßiger Machthaber von Anfang ist und somit überwunden und ausgetrieben werden kann.
Dieses Überwinden ist aber mitunter nicht so leicht, denn der Widersacher, mit dem es die Sterblichen zu tun haben, treibt sein Werk heute ebenso heimlich, schlau und geschickt wie damals, als er den Erlöser der Menschheit mit scheinbar annehmbaren Versprechungen von Macht und Ehre von seiner hohen Aufgabe ablenken wollte. Die gleichen Schmeicheleien nebst andern Künsten dieser Art tun auch heute noch gute Dienste. Wenn aber der Christliche Wissenschafter auf der Hut ist vor heimlichen Gefahren und sich sowohl der Versuchung wie dem Versucher entschieden widersetzt, so ist er des Sieges gewiß. Er darf und muß wie der Meister sagen: „Heb dich weg von mir, Satan! denn es stehet geschrieben: ‚Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen‘.” Auf diese Weise kann er den Friedensstörer verscheuchen, denn das Böse erweist sich stets als Feigling, wenn die Wahrheit ihm entgegentritt und ihm die Maske abreißt.
Anfänger im Studium der Christlichen Wissenschaft und zuweilen auch solche, die schon mehr Erfahrung haben, lassen in Zeiten der Prüfung ihres Glaubens an die Macht der Wahrheit gar zu leicht Zweifel und Entmutigung in ihr Bewußtsein eindringen. Wenn sie auch recht treu gewesen sind im Studium der Lektionspredigt und in ihrem Bestreben, dieselbe in die Tat umzusetzen, mit andern Worten, wenn sie auch ernstlich bemüht waren, gegen andre so zu handeln, wie sie erwarteten, daß diese gegen sie handeln sollten, so scheint es doch das Mißgeschick zuweilen gerade auf sie abgesehen zu haben. Verluste treten ein, Krankheit und Kummer verlangen Tribut von ihnen, ja selbst unter ihren Mitschülern gibt es welche, die sie von der Seite ansehen und ihre Prüfungen einem Mangel an geistiger Erkenntnis zuschreiben. Es folgt nun aber durchaus nicht, daß diejenigen, die auf solche Art sozusagen in die Acht erklärt worden sind, Tadel verdient haben, denn selbst Menschen von der reinsten Gesinnung haben zuweilen Prüfungen zu bestehen. Ja die Christliche Wissenschaft lehrt, daß „Prüfungen ... Beweise von der Fürsorge Gottes” sind (Wissenschaft und Gesundheit, S. 66).
Diese Prüfungen sind nur auf eine Art aufzufassen, nämlich als mentale Erziehungsmittel, die uns dazu antreiben sollen, den Irrtum zu überwinden, wie ja auch der Schüler der Mathematik sich vertrauensvoll an die Lösung seiner Probleme macht. Jedes Überwinden bedeutet mehr Kraft und ein höheres Maß des Vertrauens für den nächsten Kampf, denn die Wahrheit ist stets zur Hand, die Wahrheit, bei welcher ist „keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis,” und die im Maße unsres Vertrauens zu ihr unsern Bedürfnissen abhilft. „Euch geschehe nach euerem Glauben,” sagte Jesus zu den beiden Blinden; und groß war ihr Glaube, denn ihre Augen wurden geöffnet.
Derselbe liebevolle, barmherzige Erlöser ermutigte seine wankelmütigen Jünger mit der Erklärung: „Bei Gott sind alle Dinge möglich.” Auch uns gelten diese Worte. Sie sind uns ein Quell des Trostes, wenn Gefahr droht, wenn es dem menschlichen Sinn zufolge keinen Ausweg mehr gibt. Wir wollen uns um Schutz und Hilfe mit unerschütterlichem Vertrauen an Gott wenden und zuversichtlich in dem Bewußtsein verharren, daß Er Seinen Engeln befehlen wird, uns zu behüten auf allen unsern Wegen. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß ein absolutes Sichverlassen auf die Wahrheit genügt, uns von allem Übel zu erlösen. Kein Hindernis ist so groß, daß es unsern Fortschritt aufhalten könnte, wofern wir es im wahren Lichte sehen — nicht als eine Strafe oder Wiedervergeltung, sondern als ein Ansporn zu ernsterem Streben, zu stärkerem Vertrauen auf die Wahrheit, einem Vertrauen, das von keinen Einsprüchen des Irrtums erschüttert wird.
Wenn unsre Last sehr zu drücken scheint und wir uns nach einer helfenden Hand sehnen, dann laßt uns an unsre mutige Führerin denken, deren unerschütterliches Vertrauen auf Gott sie aus tausend Ängsten errettete. Besonders hilfreich ist die folgende Botschaft an ihre Schüler, in welcher sie ihr Vertrauen so treffend zum Ausdruck bringt: „Das Prinzip statt der Person ist unserm Herzen am nächsten, ist auf unsern Lippen und in unserm Leben. Unsre Losungsworte sind Wahrheit und Liebe; und wenn wir in ihnen verharren, werden sie uns in reichem Maße erfüllen, und wir werden eines Herzens sein — die gleichen Beweggründe und Absichten haben und die gleichen Zwecke verfolgen. Verharren wir in der Liebe, so kann nicht ein einziger von euch von mir getrennt werden. Das trostreiche Gefühl, daß wir gemeinschaftlich pilgern und gegen andre so handeln, wie wir wünschen, daß sie gegen uns handeln sollen, besiegt alle Schwierigkeiten und sichert Erfolg” („Miscellaneous Writings,“ S. 153). Wie groß sollte doch unser Glaube sein einem solchen Beispiel gegenüber!
Mrs. Eddy wußte, was es heißt, auf Hindernisse zu stoßen; aber sie legte das Fundament zu ihrem Glauben tief und fest. Sie baute auf den Felsen Christus Jesus und strebte ernstlich danach, den Oberbau seiner Grundfeste würdig zu machen — der hilfsbedürftigen Menschheit die hellende und erlösende Wahrheit wiederzugeben, die Wahrheit, welche Jesus lehrte, betätigte und seinen Nachfolgern überlieferte. Wir werden die uns begegnenden Hindernisse nie dadurch aus dem Wege räumen, daß wir uns hinsetzen und unser Mißgeschick beklagen. Wenn wir hingegen diese Hindernisse als das erkennen, was sie in Wirklichkeit sind, und uns ihnen gegenüber in der rechten Weise verhalten, so gehen wir als Sieger und nicht als Besiegte aus dem Kampf hervor. Wir dürfen der festen Zuversicht sein, daß heute wie zur Zeit des Propheten „des Herrn Hand ... nicht zu kurz [ist], daß er nicht helfen könne, und seine Ohren ... nicht hart worden [sind], daß er nicht höre.” Diese Hilfe ist uns gewiß, wenn wir im Einklang mit den folgenden Worten unsrer Führerin leben: „Betätigung, nicht Bekenntnis, Verständnis, nicht Annahme, gewinnen das Ohr und die rechte Hand der Allmacht und rufen sicherlich unendliche Segnungen herab” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 15).
