Im Gebrauch der neueren Zeit berührt sich oft Gefühl mit Gemüth, dem wir nunmehr nachzugehen haben. Es gehört schon dem Ahd. an und findet sich mhd. in häufiger Verwendung. Meist wird es so allgemein genommen, daß man Geist überhaupt dafür einsetzen könnte. Eine Aussonderung und Vertiefung beginnt auch hier bei Eckhart. Auch ihm ist Gemüth freilich im weniger strengen Sprachgebrauch Bezeichnung sür Geist überhaupt; wo er es aber genauer erklärt, ist es ihm (= mens) die tiefste Innerlichkeit, das eigentlichste Wesen des Geistes. Auch die Philosophen des 16. Jahrhunderts, Paracelsus, Weigel, Boehme geben dem Gemüth eine solche ausgezeichnete Stellung, vornehmlich der letzte. Ihnen allen ist Gemüth die Übersetzung von mens (in dem specifischen Sinne der Mystik). Später herrscht die allgemeine Bedeutung = Geist in der Philosophie ganz vor. Bei Leibnitz sind Gemüth und Gemüthskräfte nichts andres als Geist und Geisteskräfte. Thomasius (Von der Kunst vernünftig und tugendhaft zu lieben S. 83) sagt: „Der Verstand und Wille denken alle beyde und wenn wir alles beydes zusammen nehmen, pfleget man es das Gemüthe des Menschen zu nennen”. Lessing stellt Gemüths- und Leibeskräfte einander entgegen.—
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