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Etwas über den Himmel

Aus der November 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der sterblichen Vorstellung zufolge ist es ein gut Stück Weges von der Erde bis zum Himmel, und einen Richtweg, auf dem man rascher dahin kommen könnte, gibt es nicht. Die Entfernung zwischen der Erde und dem Himmel ist für alle Menschenkinder genau gleich; aber die Zeit, die nötig ist, um den Weg zurückzulegen, richtet sich nach der Bereitwilligkeit des Wanderers, den schmalen Pfad zu verfolgen, der ihn ans Ziel führt. Das sehnliche Verlangen, dieses Ziel zu erreichen, läßt ihn zuweilen Nebenwege einschlagen, wodurch sich die Reise nur ausdehnt, wohingegen sein ernstes, beharrliches Streben, getreulich allen Vorschriften des Meister-Christen zu folgen, wie die Christliche Wissenschaft sie auslegt, seinen Fortschritt in der Richtung jenes Himmels beschleunigt, nach welchem sich die müden Erdenpilger sehnen. In Wissenschaft und Gesundheit (S. 587) definiert Mrs. Eddy den Himmel als: „Harmonie; die Herrschaft des Geistes; Regierung durch das göttliche Prinzip; Geistigkeit; Glückseligkeit; die Atmosphäre der Seele.“

Seufzend nach dem Himmel zu verlangen, richtet ebensowenig aus, wie wenn ein Kind schreiend den Mond verlangt. Und doch haben wohlmeinende Christen aller Zeiten nicht nur ihre Sünden und Fehler bejammert, sondern sich auch nach einem Zufluchtsort vor dem gesehnt, was zum großen Teil die Folge ihrer falschen Begriffe von Gott und von dem Himmel war, der für die Seinen bereitet ist. Wenn die von den meisten Christen so viele Jahre vertretene Anschauung vom Himmel wirklich auf Wahrheit beruhte, so müßte man sterben, um die himmlische Heimat zu erreichen. Und an dieser Anschauung halten immer noch viele fest. Sie glauben, der Tod werde sie in verklärte Wesen umwandeln, denen in der Gemeinschaft Gottes und Seiner heiligen Engel ein ungetrübtes Glück hervorstehe. Nun nennt aber die Heilige Schrift den Tod ausdrücklich einen Feind. Paulus sagt, der Tod sei „der letzte Feind, der aufgehoben wird.“ Christus Jesus erklärte, er sei gekommen, den Willen des Vaters zu tun, worauf er nicht nur Sünde, sondern auch Krankheit und den Tod vernichtete. Schon allein diese Tatsache sollte ein genügender Beweis sein, daß der Tod kein Freund sondern ein Feind der Menschen ist; und gewiß wird uns ein Feind nicht nach dem Himmel befördern, wenn der Himmel ein solch wünschenswerter Ort ist. Das Grab mag gerade und schmal sein, aber es ist gewiß nicht der gerade und schmale Weg, den alle wandeln müssen, die in den Himmel kommen wollen.

Der Heiligen Schrift zufolge ist das Reich Gottes „inwendig in euch.“ Deckt sich dieser Ausspruch mit der Anschauung, daß der Himmel an einem weitentfernten Ort jenseits des gestirnten Himmels gelegen sei? Gewiß nicht. Diese Worte waren an eine Volksmenge gerichtet, haben aber Bezug auf die allgemeine Menschheit. Das Reich Gottes ist also in einem jeden Menschen. „Ihr seid von untenher, ich bin von obenher,“ sagte der Meister. Die scholastische Theologie hat die Worte „von obenher“ als Beweis angeführt, daß der körperliche Jesus direkt vom Himmel gekommen sei; aber sie folgert gewöhnlich nicht in der gleichen Weise in bezug auf diejenigen, zu denen Jesus sagte, sie seien „von untenher,“ denn das würde bedeuten, daß seine Zuhörer aus der Hölle seien — einem durchaus nicht erwünschten Ort der Abstammung!

Paulus gibt uns die Ermahnung: „Verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes,“ und diese Worte bestätigen den Ausspruch des Jesaja: „Sondern soviel der Himmel höher ist denn die Erde, so sind auch meine Wege höher denn eure Wege und meine Gedanken denn eure Gedanken.“ Ist es im Hinblick auf solche Zeugnisse vernünftig, anzunehmen, daß man von dem Todesengel durch den Weltenraum nach dem Reich Gottes getragen werden müsse? Eine derartige Auffassung wird keineswegs durch die aufgezeichneten Äußerungen dessen bestätigt, der gekommen war, um uns den Weg zum Himmel zu weisen. Geistig verstanden, lassen die vielen Aussprüche Jesu über den Himmel deutlich erkennen, daß es sich um keine Örtlichkeit handelt, sondern um einen mentalen oder geistigen Zustand, und daß der gerade und schmale Weg, der nach dem Himmel führt, geistige Entfaltung bedeutet. Wenn gewisse Bibelstellen, die angeführt werden, um den Glauben an einen örtlich bestimmbaren Himmel zu stützen, im materiellen Sinne zu verstehen sind, dann muß es derselben Autorität zufolge eine ganze Anzahl materieller Himmel geben, denn wir lesen von solchen, die in den dritten Himmel, und von anderen, die in den siebenten Himmel erhoben wurden. Die Christen im allgemeinen stimmen darin überein, daß der Himmel der Wohnort der Erlösten ist. Es ist sehr leicht zu sagen: „Herr ich glaube,“ denn dadurch überträgt man das Werk der Erlösung von dem eigenen Rücken auf das Kreuz Jesu. Solches stimmt aber nicht mit der Ermahnung überein: „Arbeitet eure eigene Erlösung aus“ (n. d. engl. Bibelübersetzung). Wenn der sterbliche Mensch erst seine volle Erlösung von Sünde, Krankheit, Kummer, Schmerz und Tod ausgearbeitet hat, dann ist er im Himmel.

Auf der einsamen Insel Patmos durfte Johannes, noch ehe er seine sterbliche Hülle abgelegt hatte, einen Blick tun auf die Schönheit und Pracht der himmlischen Stadt, „deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.“ Der geliebte Jünger beschreibt das neue Jerusalem in erhabener, bilderreicher Sprache. Er erzählt uns, er habe „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ gesehen, „denn der erste Himmel und die erste Erde verging.“ Im weiteren sagt er, die Stadt sei „viereckig,“ ihre Mauern seien von Jaspis, ihre Tore Perlen, ihre Straßen von lauterem Golde, ihr Strom klar wie Kristall, und sie bedürie „keiner Sonne noch des Mondes, daß sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes“ erleuchte sie, und „ihre Leuchte“ sei „das Lamm;“ und er fügt hinzu: „Ihre Tore werden nicht verschlossen des Tages; denn da wird keine Nacht sein.“ Diese Beschreibung ist natürlich sinnbildlich. Selbst diejenigen, die noch an einen örtlich bestimmbaren Himmel glauben, behaupten nicht, dessen Straßen seien mit materiellem Gold gepflastert, die Mauern seien buchstäblich von Jaspis und die Tore beständen aus kostbaren Perlen.

Ein sorgfältiges Studium der johanneischen Beschreibung des neuen Jerusalems im Buch der Offenbarung in Verbindung mit Mrs. Eddys Auslegung in dem Kapitel „Die Apokalypse“ in Wissenschaft und Gesundheit bahnt den Weg zu einem besseren Verständnis der Visionen, die der Apostel hatte. Auf Seite 575 sagt sie: „Diese heilige Stadt, die in der Offenbarung (21, 16) beschrieben wird als eine, die da liegt ‚viereckig‘ und herabfährt ‚von Gott aus dem Himmel,‘ stellt das Licht und die Herrlichkeit der göttlichen Wissenschaft dar. ... Die vier Seiten unsrer Stadt sind das Wort, der Christus, das Christentum und die göttliche Wissenschaft.“ Auf der gleichen Seite gibt Mrs. Eddy der Welt die geistige Bedeutung der „vier Seiten“ der himmlischen Stadt, die Johannes in bildlicher Ausdrucksweise beschreibt.

Vollkommene Harmonie bedeutet den Himmel. Jedes Element der Disharmonie, sei es auch noch so gering, ist ein Hindernis, das vollständig vernichtet werden muß, ehe der Himmel erlangt werden kann. „Darum sollt ihr vollkommen sein,“ gebietet die Heilige Schrift. Man achte darauf, daß es nicht heißt, man solle „annähernd“ vollkommen sein. Kein anderes Mittel als absolute Vollkommenheit ist genannt. Selbst das, was in der menschlichen Erfahrung der Vollkommenheit am nächsten kommt, enthält eine Beimischung von Irrtum, und kein Irrtum geht in den Himmel ein. Am Schluß seiner Beschreibung der himmlischen Stadt stellt Johannes der Menschheit folgendes in Aussicht: „Selig sind, die seine Gebote halten, auf daß sie Macht haben an dem Holz des Lebens und zu den Toren eingehen in die Stadt.“ Der bloße Glaube und die Wirksamkeit des Opfers Jesu befähigt uns nicht, zu den Toren einzugehen in die Stadt, denn die Verheißung gilt nur denen, die seine Gebote halten.

Lange Jahre vor dem Kommen Jesu von Nazareth sagte ein alttestamentlicher Verfasser vom Menschen: „Wie er in seinem Herzen denkt, so ist er“ (n.d. engl. Bibelübersetzung). So lange sich der sterbliche Mensch für ein gefallenes Kind Gottes hält, wird er sich nicht über den Irrtum erheben, der ihn aus dem Himmel ausschließt. In bezug auf diesen Punkt schreibt Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit (S. 476): „Die Sterblichen sind nicht gefallene Kinder Gottes. Sie haben niemals einen vollkommenen Zustand des Seins besessen, der später wiedergewonnen werden könnte. Von Anbeginn der sterblichen Geschichte waren sie ‚in Sünde empfangen und in Missetat geboren.‘ “ Der Heiligen Schrift gemäß hat Gott den Menschen zu Seinem Bilde geschaffen. Wäre nun der sterbliche Mensch das Ebenbild Gottes, so würde Gott dem sterblichen Menschen ziemlich ähnlich sehen, denn sonst wäre der Begriff der Ebenbildlichkeit hinfällig. Tatsächlich war der sterbliche Mensch nie das Ebenbild Gottes, und er wird es nie sein. Die Heilige Schrift erklärt, daß Gott Geist ist; folglich ist der Mensch geistig, und nur dieser geistige Mensch, nur diese Ebenbild Gottes hat seine Heimat im Himmel.

Indem sich unsere Gedanken höher und höher in das Reich des Geistes erheben, verschwinden die unharmonischen Zustände aus unserer Erfahrung und wir erhalten dann öfters einen Vorgeschmack von den Freuden des Himmels. Wer beharrlich Gutes denkt und lebt, nähert sich dem Himmel in seinem Bewußtsein; er fühlt nicht mehr so sehr den Lärm und die Augregung, von denen niedere Gedanken begleitet sind.

Die scharfe Linie, die Mrs. Eddy zwischen dem sterblichen Menschen und dem unsterblichen Menschen zieht, zeigt uns, wo wir suchen müssen, um den zum Bilde Gottes geschaffenen Menschen, den Erben des Himmelreichs zu finden. Und Mrs. Eddys Gesichtspunkt ist nicht das Ergebnis menschlicher Philosophie, sondern er wird durch die Lehren der Bibel gerechtfertigt. Wenn die Sterblichen über das Zeugnis der physischen Linie hinaus in das Reich des Geistes schauen, „in das vollkommene Gesetz der Freiheit,“ wie sich ein neutestamentlicher Verfasser ausdrückt, dann fangen sie an, ihre Beziehung zu Gott und Seinen unsterblichen Kindern zu verstehen. Dann wird die Hoffnung auf den Himmel nicht mehr vom Tode abhängig sein, sondern vom Leben, von dem Leben, das Gelegenheit bietet, das Problem des Seins durch die Vergeistigung der Gedanken auszuarbeiten — durch die Wiederspiegelung des Wesens und der Eigenschaften Gottes.

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