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Unsere Nächsten

Aus der November 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als die Frage an Jesus gerichtet wurde: „Wer is denn mein Nächster?“ antwortete er mit jenem kostbarsten aller Gleichnisse, welches allen Bibelforschern so wohl bekannt ist — dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Dieses Gleichnis ist seit der Zeit Jesu bis auf unsere Tage als der Inbegriff aller Lehren über die wahre Nächstenliebe betrachtet worden, und gar viele Menschen sind bestrebt gewesen, dessen hohen sittlichen Forderungen gerecht zu werden. In dem Maße der Selbstlosigkeit dieses Bestrebens war Erfolg zu sehen; aber sehr oft erwies sich der Ausgangspunkt als falsch, und der Erfolg blief deshalb aus. Wer seinen Nächsten vom sterblichen, persönlichen Standpunkt aus sieht, wird sich gestehen müssen, daß sein Umgang mit ihm manches zu wünschen übrig läßt. Allerhand Schwierigkeiten, die ihm unüberwindlich vorkommen, scheinen sein Streben, Nächstenliebe zum Ausdruck zu bringen, verhindern zu wollen. Erst wenn er von der Christlichen Wissenschaft gelernt hat, das Prinzip zur Grundlage jedes Gedankens und jeder Tat zu machen, kann er auf die Ergebnisse rechnen, die Jesus aufzuweisen hatte.

Früher oder später muß ein jeder seine Liebe zu Gott und zu den Menschen vollkommen ausarbeiten. Dabei darf er aber nie vergessen, daß das Problem seines Nächsten nicht sein Problem ist. Er hat bloß auf sein Verhalten dem Nächsten gegenüber zu achten. Man muß also ohne Zögern den Lehren der Christlichen Wissenschaft gehorchen, indem man die Gedanken von dem Zeugnis des sterblichen Gemüts abwendet und sich der Betrachtung des Christus, des Ebenbildes Gottes, widmet. Die Bekräftigung der Allgegenwart Gottes und Seiner vollkommenen Kundgebungen kann niemandem schaden. Im Gegenteil, nur durch diese Treue gegen das göttliche Gemüt und dessen Ideen kann man die Weisheit und Intelligenz erlangen, welche nötig ist, um die Liebe zum Ausdruck zu bringen, die schließlich zur Heilung des Nächsten und zur eigenen Heilung beiträgt. Es gibt keinen Menschen, der nicht in gewissem Maße wüßte, worin wahre, selbstlose Liebe besteht. Der Christliche Wissenschafter muß auf der Hut sein, damit er in seinem Bestreben, metaphysisch zu handeln, seine nachbarliche Gesinnung nicht verliere, indem er sich ausschließlich an den Buchstaben der Wissenschaft hält, wo doch der durch eine Liebestat oder ein freundliches Wort der Teilnahme zum Ausdruck kommende Geist dieser Wissenschaft mehr als alles andere heilend wirkt.

Man braucht nicht besorgt zu sein, daß, wenn man seinen Nächsten liebt wie sich selbst, man seine Augen für den Irrtum irgendwelcher Art verschließen wird, noch steht man in Gefahr, in den Fehler zu verfallen, sich irgendwelcher Art des Bösen gegenüber neutral zu verhalten oder es zu entschuldigen. Im Gegenteil, je wahrer und reiner die Liebe ist, desto mehr wird man imstande sein, alles zu entdecken und abzuweisen, was nicht dem Wesen der Liebe entspricht. Mrs. Eddy sagt (Miscellany, S. 288): „Die Liebe entfaltet das wunderbare Gute und deckt das versteckte Böse auf.“ Jesus, der vollkommene Demonstrator der göttlichen Liebe, wußte, daß Thomas zweifeln, Petrus ihn verleugnen und Judas ihn verraten würde. Dies veranlaßte ihn jedoch nicht einen Augenblick, ungeduldig zu werden oder lieblos zu handeln, noch hielt es ihn ab, mit den Jüngern nachbarlich zu verkehren. Durch dieses Verhalten gab er ihnen volle Gelegenheit, sich über die Wahrheit und Liebe zu unterrichten, wie er sie lehrte und demonstrierte. Und welchen Einfluß hatte das auf die Jünger? Thomas ließ seinen Zweifel fahren und sagte: „Mein Herr und mein Gott!“ Petrus war wahrhaft reumütig, ging hinaus und weinte bitterlich. Von der Zeit an nahm seine Fähigkeit zu, Liebe zu demonstrieren, indem er dieselben Werke tat, die er seinen Meister hatte tun sehen. Und selbst Judas wurde bald in den Abgrund der Reue gestürzt.

Es berührt einen Menschen sehr wenig, was sein Nächster von ihm denkt. Dessen Lob oder Tadel macht ihn nicht besser und nicht schlechter. Sehr wichtig ist es jedoch für einen Menschen, was e r von seinem Nächsten denkt. In dem Maße, wie man falsche Begriffe hegt, schließt man sich von seiner Verwirklichung des Himmels aus. Mrs. Eddy erklärte einstmals (Miscellaneous Writings, S. 170): „Wir bereiten uns selber unsere Himmel und unsere Höllen, und zwar durch richtige und weise oder aber durch falsche und törichte Begriffe von Gott und unserem Mitmenschen.“ Die Christliche Wissenschaft zeigt uns deutlich, wie wir unser Bewußtsein so von dem Glauben an alles, was dem Guten ungleich ist, reinigen können, daß wir stets in dem Himmel des liebevollen Denkens verweilen, und so unserem Nächsten gegenüber nur Liebe wiederspiegeln.

Gewiß erfreut sich jeder Christliche Wissenschafter eines gewissen Maßes des Fortschritts in der Erkenntinis der zu Gott und zu seinem Nächsten. Ein jeder von ihnen dankt Gott, daß das Einssein Gottes und des Menschen sowie des Menschen mit dem Menschen sich ihm durch das Studium und die Ausübung der Christlichen Wissenschaft wenigstens in geringem Maße entfaltet hat. Wer hat aber bis jetzt mehr als einen Vorgeschmack von der Seligkeit gehabt, den die uneigennützige Liebe gibt? Gott ist die Liebe, und alle Dinge sind Gott möglich; daher sind alle Dinge der Liebe möglich. Die Schönheit und Macht wahrer nachbarlicher Gesinnung wird somit dem Christlichen Wissenschafter in dem Maße offenbar, wie er in seinem Leben die göttliche Liebe wiederspiegelt. Mit diesem herrlichen Ziel vor Augen geht er entschlossen und mutig voran, bis er die Erfüllung der Hoffnung herbeigeführt hat, die unsere verehrte Führerin in folgenden Worten zum Ausdruck bringt (Miscellaneous Writings, S. 312): „O möge die Liebe, die in Worten zum Ausdruck kommt, auch gefühlt werden! Möge sie so im Leben zum Ausdruck kommen, daß wir in der Wage Gottes nicht zu leicht erfunden werden.“ Und im weiteren sagt sie: „Liebe ist konsequent, gleichmäßig, mitfühlend, aufopfernd, unaussprechlich freundlich, ja sie ist das, was alles auf den Alter legt und allein jede Bürde trägt, jede Beleidigung erduldet, sich für andere und um des Reichs Gottes willen alle Stiche gefallen läßt.“

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