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„Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst“

Aus der Oktober 1922-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


In dem Bestreben, die Gebote zu halten, ist man oft im Unklaren, in welcher Weise der geforderte Gehorsam geleistet werden soll. Der Christliche Wissenschafter weiß, daß im göttlichen Gemüt für jede Frage, die gestellt werden kann, schon eine Antwort vorhanden ist, und indem er sich diesem Gemüt zuwendet, sammelt er die Ideen der Wahrheit, die er zur Lösung der sich ihm entgegenstellenden Aufgabe braucht. Es gibt kein Gebot, das so viel liebevolle, zarte Rücksicht fordert wie dasjenige, das Jesus dem ersten und größten Gebot gleichstellt. Dieses Gebot bringt die „goldene Regel“ sofort zur Anwendung und verlangt, daß Eigenliebe und Selbstgerechtigkeit ausgeschaltet werden. Es zwingt uns, über das falsche sterbliche Selbst hinweg auf die vollkommene Idee Gottes zu blicken, die Jesus durch Beispiele erläuterte. Seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst heißt sicherlich, daß wir ebenso liebevoll von ihm denken müssen, wie wir immer von uns selbst denken möchten, und daß wir ihm dasselbe Erbe geistiger Eigenschaften, dieselben Beweggründe, dieselbe Handlungsfreiheit zugestehen, auf die wir als Kinder Gottes Anspruch erheben. Unsere geliebte Führerin, Mrs. Eddy, schrieb folgende Worte in „Miscellaneous Writings“ (S. 62): „Indem ich die richtige Idee vom Menschen im Gemüt festhalte, kann ich meine sowie anderer Leute Individualität, Gesundheit und Moral verbessern.“

Ein schönes Beispiel hierfür bildet folgende Begebenheit, bei der das Gebot: „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst“ in einem scheinbar schwierigen Fall befolgt wurde. In einer Wohnung sollten elektrische Beleuchtungsanlagen gemacht werden. Der Hausherr gab die verschiedenen Längen des für die Hängelampen bestimmten Drahtes an, übergab den Arbeitern den Draht und ließ sie bei der Ausführung der Arbeit allein. Nach einer Weile suchte ihn einer der Männer auf, um ihm einen sorgfältig ausgedachten Plan vorzulegen, wonach durch Kürzung der Leitung zu den verschiedenen Lampen ein beträchtliches Stück Draht erspart werden sollte. Er fügte die Bemerkung hinzu, daß dies natürlich nicht zu seinem eigenen Vorteil sei. Der Hausherr willigte in die Änderungen ein und ließ die Angelegenheit in den Händen der Arbeiter. Nach einiger Zeit kündigten diese an, daß die Arbeit fertig sei. Sie suchten anscheinend ihre Sachen zusammen und verließen rasch das Haus, nachdem sie erklärt hatten, eine Rolle Draht in den Händen eines Arbeiters gehöre diesem selbst. Der Hausherr, stark beschäftigt, gab nicht darauf acht, aber aus kleinen Drahtstücken, die herum lagen, zog er den Schluß, daß die versprochene Ersparnis nicht sehr groß gewesen sein konnte. Dann, einer plötzlichen Eingebung folgend, maß er die übriggebliebenen Drahtstücke, sowie die gesamten Längen der verarbeiteten Drähte und eine kurze Nachrechnung ergab, daß über zwei und ein halb Ellen fehlten. Der Verdacht, der Draht müsse wissentlich mitgenommen sein, drängte sich auf. Der Hausherr hatte die Empfindung, er sei betrogen, und seine Liebe und sein Vertrauen in einen Mitmenschen sei mißbraucht worden. Es war gewiß kein Unrecht, daß er seinem Nächsten getraut hatte, da Gott, das Prinzip, sie ja beide gemacht hat; man soll sicherlich auch nicht denken, daß der von Gott erschaffene Mensch stehlen kann. Doch hier lag der offenbare Verlust, die offenbare Falschheit, der offenbare Diebstahl klar vor Augen. Wie kann man aber seinen Nächsten noch lieben wie sich selbst, wenn man, ein falsches Bild vom Menschen im Bewußtsein tragend, sich selbst für ehrlich und seinen Nächsten für unehrlich hält?

Das göttliche Gemüt mußte Aufschluß geben. Ein ernstliches Verlangen nach Wahrheit brachte die Antwort. Das unpersönliche Übel war der Lügner, lange bevor der sterbliche Mensch die Lüge kannte, und der körperliche Sinn war der Dieb, ehe ein Sterblicher gestohlen hatte. Da nun Gott Alles-in-allem ist, gibt es in Wirklichkeit weder einen Lügner noch einen Dieb, und da dies die Wahrheit ist, konnte in Wirklichkeit kein Diebstahl vorliegen, so unmöglich diese absolute Tatsache auch erscheinen mochte. Dieser wahre Sinn erwies sich denn auch als der geistige Sinn, der „meine Seele errettet,“ wie der Psalmist singt. Ein anderer lieblicher Engel, einer von Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen, zeigte, daß das göttliche Gesetz auch Zurückerstattung in sich schließt und offenbarte die Zuversicht in diesen Gedanken als das „Nichtzweifeln an dem, das man nicht sieht.“ Tage vergingen, und keiner der Arbeiter konnte gefunden werden. Am Ende der Woche jedoch erschienen sie unter dem Vorwand, daß sie an einer von einem Kameraden ausgeführten Arbeit Interesse hätten. In der Hand des einen befand sich eine Rolle Draht, die er mit dem verlegenen Geständnis, daß sie nicht ihm gehöre, dem Hausherrn überreichte. Falschheit, Diebstahl, Furcht und Verdacht waren verschwunden. Mit der Zurückerstattung des fehlenden Drahtes kam die Erfüllung des göttlichen Gesetzes und die geistige Belohnung für den Gehorsam gegen das Gebot: „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst.“

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