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„Lebendige Steine“

Aus der Oktober 1922-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Schriftsteller aller Zeiten haben mit großer Vorliebe Steine zu bildlichen Vergleichen herangezogen. Auch in der Bibel gibt es unzählige Beispiele für die Anwendung dieses Sinnbildes. In tadelndem Sinne wird von steinernen Herzen, von verborgenem, von ödem Gestein und von Steinen des Anstoßes gesprochen, während den Ausdrücken ein bewährter Stein, ein weißer Stein u.s.w. die Absicht der Anerkennung zugrunde liegt. Sehr oft wird dieses Bild auf Christus angewandt; man nennt ihn einen köstlichen Eckstein, einen lebendigen Stein, einen auserwählten Stein.

Vielleicht aber ist keine Anwendung des Wortes für den Schüler der Christlichen Wissenschaft so bedeutungsvoll wie die des Petrus, wenn er von den Auserwählten seiner Zeit als „lebendigen Steinen“ spricht. Wir lesen im zweiten Kapitel des ersten Petrusbriefes: „Und auch ihr, als die lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichen Hause und zum heiligen Priestertum, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum.“ Die Betrachtung eines Steines als „lebendig“ erscheint einem im ersten Augenblick als etwas ungewöhnlich. Man fragt sich, wie wohl so entgegengesetzte Eigenschaften sich vereinen können, die von Steinen, wie man sie gewöhnlich mit diesem Begriff verbindet, z.B. Dauerhaftigkeit, Festigkeit, Widerstandsfähigkeit und Beständigkeit, und diejenigen, die das Wort lebendig in sich schließt, wie Tätigkeit, Lebhaftigkeit, Tatkraft, Schwungkraft, Erneuerungsfähigkeit.

Wie stets finden auch hier die anscheinenden Widersprüche in der Bibel ihre Aufklärung durch die Christliche Wissenschaft, denn dadurch, daß Mrs. Eddy „die wissenschaftliche Gewißheit erlangte, daß alle Ursächlichkeit Gemüt war und jede Wirkung eine mentale Erscheinung“ (Retrospection and Introspection, S. 24), eröffnete sie der Menschheit die Möglichkeit, alle Eigenschaften des Guten in ein und demselben Bewußtsein zu umfassen, selbst wenn der menschliche Sinn den Anspruch erhebt, sie seien völlig verschieden von einander. So bieten des Petrus „lebendige Steine“ dem wachsamen Arbeiter in der Christlichen Wissenschaft sofort ein äußerst anziehendes Bild dar, denn nichts wünscht er sich sehnlicher, als unüberwindlich festzustehen in seiner Treue zum Prinzip,— tatsächlich so unverrückbar wie ein Stein. Zu gleicher Zeit bestrebt er sich unausgesetzt, ein Ausdruck höchster Lebendigkeit in der Ausübung aller richtigen Eigenschaften zu sein, auch jener dem Stein ähnlichen wie Widerstandsfähigkeit, Beständigkeit, Unverrückbarkeit. Wenn Petrus weiterhin sagt: „Ihr, als die lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichen Hause und zum heiligen Priestertum, zu opfern geistliche Opfer,“ so bringt er damit tatsächlich die ganze Wahrheit über die richtige geistige Tätigkeit im Leben zum Ausdruck, denn was anders ist unter dem Opfern geistlicher Opfer zu verstehen, als daß jede materielle Annahme rasch und stets der Notwendigkeit weiche, die Eigenschaften des Guten zum Ausdruck zu bringen, damit der geistige Bau der Gerechtigkeit erscheinen kann.

Über die Art, wie diese Tätigkeit sich zur Förderung der Bewegung der Christlichen Wissenschaft auswirken sollte, gibt vielleicht das Zustandekommen unserer christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften die beste Erläuterung. Jeder einzelne, der damit zu tun hat, vom Geringsten bis zum Größten, muß tatsächlich ein „lebendiger“ Stein sein. Jeder muß gefestigt, sicher und stark sein in seiner Treue zum Prinzip und sich nicht leicht erregen oder beunruhigen lassen durch scheinbar entgegenwirkende Einflüsse,— er muß einfach standhaft beharren in Rechtschaffenheit. Er muß aber auch ebenso schnell bereit sein, unbedingt alles, was nicht mit dem Prinzip übereinstimmt, beseitigen zu lassen, damit die Vollkommenheit des Ganzen in voller Schönheit zu Tage treten kann. Jeder Mitarbeiter an den Zeitschriften sollte ein sehr „lebendiger“ Stein sein in seiner Auffassung über die Zeitschriften als ein Ganzes. Wenn sein Glaube die steingleiche Eigenschaft der Festigkeit hat, so daß er weiß, daß das göttliche Gemüt, das ihm die Idee gab, die er darbietet, auch in Weisheit für sie sorgen wird,— und wenn er den lebendigen Sinn hat einzusehen, daß bei dem Aufbau jeder Tätigkeit, wie z.B. einer bestimmten Ausgabe unserer Zeitschriften, notwendigerweise alle Steine sich in den Aufbau einfügen müssen —, dann wird er schnell bereit sein, „geistliche Opfer“ zu bringen.

Es ist eine der wichtigsten Aufgaben für alle Christlichen Wissenschafter, ihre Steine so zu behauen, daß sie in den allgemeinen Aufbau eingefügt werden können. Nur liegt eine große Schwierigkeit darin, daß jeder meist mehr über seinen eigenen Stein nachdenkt, als über die Vollkommenheit des ganzen Baues. Darum hält er leicht seinen eigenen Stein für ganz vollkommen, so wie er ist, und wenn er nicht gerade so verwendet werden kann, wie er ihn darbietet,— nun wohl, dann braucht er überhaupt nicht verwendet zu werden! Er meint bei sich selbst, daß all sein Beten und Nachsinnen und Arbeiten ihn Gott, dem göttlichen Gemüt, hat so nahe kommen lassen, daß sein Stein notwendigerweise vollkommen sein muß. Und nun — paßt er doch nicht! Was soll nun damit geschehen? Jetzt darf der Wissenschafter nicht vergessen, daß er ein „lebendiger“ Stein sein soll, und das bedeutet für den Augenblick sicherlich, daß er willig sein muß, selbst das zu opfern, was ihm schön erscheinen mag, wenn es sich nicht zu der Herstellung eines vollkommenen Baues verwenden läßt.

Heutzutage bedürfen unsere Steine noch vieler Schleifarbeit. Manche rauhe Ecke hier und manche Unebenheit dort muß geglättet werden. Manche menschliche Ansicht, manch menschlicher Wunsch muß geopfert werden, ehe die Steine in ihrer ganzen Schönheit und Vollkommenheit erscheinen können. Bei alledem ist es gut für die Christlichen Wissenschafter sich stets zu vergegenwärtigen, daß sie „lebendige Steine“ sein müssen, wozu uns auch unsere Führerin in ihren Gedichten (S. 76) ermahnt:

„Sei wach;
Sei diesem Steine gleich auf deinem Platz:
Steh aufrecht, sei nicht schwach.“

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